Donnerstag, März 28, 2024

Orbans geheime Fußballsteuer – Stadien statt Spitäler

Obwohl der ungarische Ligafußball am Boden liegt, pumpt der rechtskonservative Premierminister Viktor Orban massenhaft Steuergelder in die Errichtung von Fußballkathedralen. Rein „zufällig“ profitieren davon auch seine Oligarchenfreunde. Ein gefundenes Fressen für Korruption und Anzeichen von Selbstbedienung an Steuergeldern.

Wien, 21. Oktober 2019/ Der ungarische Fußball gehörte einst zu den beeindruckendsten der Welt. Die „Goldene Elf“, das ungarische Nationalteam, dominierte den Weltfußball von 1950 bis 1956. Darunter auch eine Siegesserie von 32 ungeschlagenen Pflichtspielen. Erst im Finale von Bern gegen Deutschland 1954 sollte die Serie enden. An die Erfolge dieser Zeit konnte der ungarische Fußball nie wieder anknüpfen. Die letzte Qualifikation für eine Weltmeisterschaft schaffte man im Jahr 1986, wo man jedoch sang- und klanglos in der Vorrunde ausschied. Der Klubfußball liegt sowieso komplett am Boden. In den letzten 25 Jahren qualifizierte sich nur einmal eine Mannschaft für die Champions League-Gruppenphase (2009 Debrecen). Der fußballerische Misserfolg schmeckt einem Menschen ganz besonders nicht: Premierminister Viktor Orban.

Orban krallt sich Heimatklub

Orban selbst war in seiner Jugend begeisterter Fußballer. Höher als in der vierten ungarischen Liga durfte er sein Können jedoch nie zeigen. Nach seiner aktiven Fußballerkarriere trat er immer mehr als Förderer des ungarischen Fußballs in Erscheinung. Da für die FIDESZ-Partei die Forcierung der „alten Werte“ als zentrales Wahlkampfthema gilt, beruft sich Orban des Öfteren auf den Geist der erfolgreichen „Goldenen Elf“. Sein Plan für eine Reformierung des ungarischen Fußballs beinhaltet: Oligarchen, Steuergeld und Parteifreunde.

Orban-Freunde dick im Geschäft

11 von 12 Fußballvereinen in der höchsten Division gehören Parteifreunden oder engen Vertrauten von Orban. Orban selbst ist Besitzer des 1.800 Einwohner-Klubs „Puskas Akademia“, der sich in Orbans Heimatdorf, Felscut, angesiedelt hat. Orban verkaufte sogar das Grundstück in seinem Geburtsort an den Verein.

Seit 2010 steckte die ungarische Regierung mehr als eine Milliarde Euro Steuergelder in ihre Fußballinfrastruktur. Zwölf Prozent davon wanderten in Orbans Spielzeug – von dem auch die Heimstätte von Orbans Klub finanziert wurde, die jedoch mehr einer Kathedrale als einem Fußballstadion ähnelt. Neben „Puskas Akademia“ erhielten acht andere Vereine sündteure neue Fußballstadien. Darunter auch das neue Nationalstadion mit 68.000 Plätzen. Kurios: Mit durchschnittlich 3.721 Zuschauern pro Match hat die ungarische Liga jedoch nur halb so viele Zuseher, wie die „Fußballgroßmacht“ Österreich.

Die geheime Fußballsteuer

Im Hintergrund Orbans stehen ausgewählte Oligarchen, die Orban mit Staatsaufträgen loyal hält. Diese Staatsaufträge aus Steuergeld sind zudem von der EU subventioniert. Die Profite werden dem Vernehmen nach zwischen Oligarchen und Partei aufgeteilt. Die Errichtung von Stadien und Akademien fällt auch unter diese Projekte. Für die Investoren gibt es zudem den Anreiz eines Steuerrückzahlungsmodelles, dem sogenannten TAO-Programm, aus dem die Besitzer der Fußballvereine allein 250 Millionen Euro daraus erhielten. Wie erwähnt betrifft dies offenbar meist Parteifreunde. Das TAO-Programm, eine Art Körperschaftssteuerbefreiung, steht enorm in der Kritik, denn seit 2016 gelten durch ein neues Gesetz alle Zahlungen als geheim und sind deshalb nicht öffentlich einsehbar. Auch Spenden an die Fußballvereine sind demnach anonymisiert.

Ein gefundenes Fressen für die vielen Oligarchenfreunde Orbans, deren Baufirmen die Stadien errichteten oder selbst die Fußballvereine besitzen. Spenden können intransparent an Vereine geleitet werden. Im Gegenzug werden Staatsaufträge auf die Firma, die gespendet hat, zugeschnitten.

Orban-Freund kassiert fett ab

Ein Beispiel ist Orbans Kindheitsfreund Lőrinc Mészáros. Der damalige Installateur stand 2007 knapp vor dem Konkurs, jedoch installierte ihn Orban als Präsident für seinen Verein „Puskas Akademia“. Mészáros bekam plötzlich vermehrt Aufträge für seine neugegründete Baufirma. Durch das florierende Geschäft mit Stadien schaffte es Mészáros unter die reichsten Ungarn und gilt nun als einer der mächtigsten Männer des Landes. 80 Prozent seines Einkommens erwirtschaftete der Orban-Freund durch Staatsaufträge. Als Gegengeschenk für seinen Kindheitsfreund kaufte der Neo-Oligarch zahlreiche Medienhäuser: Das perfekte Sprachrohr für Orbans Politik.

Stadien statt Spitäler

Mehr als eine Milliarde Steuergeld pumpte Orban seit 2010 in die ungarische Fußballinfrastruktur. Für Spitäler hat Orban jedoch kein Geld, mit seiner „Fußball zuerst“-Politik setzte er das Geld für seinen Rechtskurs anders ein. Ungarn liegt bei den Ausgaben für das Gesundheitswesen deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

 

(bf)

Titelbild: György Denes

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