Donnerstag, April 18, 2024

Kommentar: HC und die FPÖ. Schauspiel oder Tragödie?

„Meine politische Familie, die Freiheitliche Partei Österreichs, ist kein Kindergarten!“  Heinz-Christian Strache spricht Klartext via privater Facebook-Seite. Jeden Tag eskaliert das Drama Strache vs. FPÖ mehr. Und jede Seite legt nach. Doch wohin fährt der Zug und ist dieser überhaupt noch steuerbar?

Wien, 25. Oktober 2019 / Heinz-Christian Strache ist ein Alphatier. Er hat die österreichische Politik viele Jahre mitgeprägt. Sein Ziel war klar: möglichst große Macht und irgendwann Bundeskanzler werden. Mit der Hilfe von Sebastian Kurz schaffte er ein wichtiges Zwischenziel: Vizekanzler. In gutem Einvernehmen mit Kurz und unter konsequenter Message-Control her er Österreich mitregiert. Er war der unumstrittene Star der FPÖ. Auch über die Parteigrenze hinaus. Er gefiel sich auch in der Rolle des dominierenden Facebook-Politstars. Seine vielen Fans huldigten ihm. Strache braucht diesen Status, denn er ist durch und durch ein Machtmensch.

Machtrunkenheit

Seinen „konsequenten“ Hang zur Macht hat er uns in Ibiza vorgeführt, denn die „b‘soffene Gschicht“ ist wohl in letzter Konsequenz auch ein Produkt seiner Machttrunkenheit. Bisher passte er seine Rollen perfekt an. Die Brille als Vizekanzler und sein staatsmännischer Blick waren Ausdruck seiner Machträson. Erst ein scheinbar „unbeobachteter“ Augenblick im Setting Ibiza-Alkohol-Schwindeloligarchin brachte ihn zu Fall. Anfangs blieb Strache noch an der Spitze der Wählergunst und musste mit viel Überredungskunst zum Verzicht auf sein Mandat überzeugt werden. An diesem Punkt zeigte sich, wie sehr HC am Tropf der Macht hängt. Und kurzzeitig blieb die Erzählung seiner späteren Reinwaschung und einer möglichen Kandidatur in Wien.

Dass die meisten Alphatiere auch monetär gerne an der Spitze stehen, offenbarte dann kurz vor der Wahl die Spesenaffäre rund um den blauen Ex-Chef und seine Frau. „Unser Geld für unsere Leut‘“ hatte plötzlich einen sehr bitteren Beigeschmack, auch für seine Fans. Die FPÖ sah sich gezwungen, die Notbremse ziehen. Hofer und Kickl hätten sonst wahrscheinlich ihr Gesicht verloren.

Gegengeschäft platzt

Mit der Spesenaffäre geriet auch das vermeintliche „Gegengeschäft“: Verzicht auf das Europarlament gegen das Nationalratsmandat für Philippa Strache außer Kontrolle. Ihr Parteiausschluss und sein gestriges Facebook-Posting zeigen, dass die Männerfreundschaft HC Strache und FPÖ-Führung nicht nur ernsthafte Risse hat, sondern vielleicht dabei ist, endgültig zu zerbrechen. Die krachende Wahlniederlage hat in der FPÖ zu einer Mut- und Machtlosigkeit geführt, die nur mehr von Hofers Anbiederungskurs an Kurz übertrumpft wird. Diese FPÖ ist nicht mehr die politische Heimat für das Alphatier Heinz-Christian Strache. Das zeigt sein verzweifeltes Posting und das wird ihm mit jedem Tag mehr bewusst. Die Brücken sind schon ein gutes Stück weit abgebrochen und ein Zurück ohne groben Gesichtsverlust ist für beide Seiten nur mehr schwer möglich.

Auf der Suche nach Erlösung

Weidwund und ohne Perspektive auf Macht, sucht HC Strache nun nach Erlösung. PR-Berater zu sein, wie heute das Profil meldet, mit 1.700 anderen PR-Beratern allein Wien, ist wohl keine Top-Chance. Als Berater ist er das, was der Name sagt: einer, der Mächtige berät. Und wir wissen seit der Netflix-Serie „House of Cards“, dass die Nähe zur Macht nicht mit der Macht verwechselt werden darf. Weiß das Strache?

Zwischenziel Wienwahl

Aber es gibt noch den einen oder anderen Ausweg. Noch ist die Tür offen, noch hat er seinen Ruf bei seinen treuen Fans nicht verloren. Aber die Zeit arbeitet gegen ihn, dessen ist er sich bewusst. Der Ausweg heißt: Liste Strache, und eine Strache sitzt schon im Parlament. Das Kunststück, das Peter Pilz 2017 gelungen ist, könnte auch Strache gelingen. Eine Nummer kleiner 2020 in Wien.

Die große Bombe zünden

Sein Wille zur Macht zündet vielleicht noch eine andere Idee. Noch ist bis zum 22. November Zeit, einen neuen Klub zu gründen, wenn auch inoffiziell wegen der verschärften Klubregeln. Wir wissen alle nicht, wie viele FPÖ-Mandatare in seiner persönlichen Schuld stehen, wie viele Hardcore-Strache-Fans im FPÖ-Parlamentsklub sitzen und wie groß die Nibelungentreue zu den Wahlverlierern Hofer und Kickl ist. Noch sind drei Wochen Zeit, in hochgeheimen, verschworenen Zirkeln das Szenario FPÖ-Spaltung durchzuspielen. Es geht nun nicht mehr nur um Männerfreundschaften. Mit Philippa Strache ist eine Dame am Spielbrett, die das Drama leicht zur Tragödie werden lassen könnte.

(sm)

Titelbild: APA Picturedesk

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