Samstag, April 20, 2024

Das rote Machtzentrum – Karl-Renner-Institut als Drehscheibe der SPÖ-Granden

Die etablierten Parteien haben sich über Jahrzehnte die Macht in Österreich aufgeteilt. Hierzu haben sie auch ihre zahlreichen Institute und parteinahen Vereine genutzt. Ein solcher Verein ist das SPÖ-eigene Karl-Renner-Institut. Die Kaderschmiede der Roten gerät nun wegen der Affäre Gusenbauer in die Schlagzeilen. ZackZack.at beleuchtet die „altehrwürdige“ Einrichtung.

Wien, 08. November 2019 / Alfred Gusenbauer war einer der kürzest dienenden Kanzler der Republik. Damit hat er nicht nur was mit Sebastian Kurz gemein, sondern auch mit Christian Kern. Welche Parallele es zwischen den zwei roten Altkanzlern allerdings noch gibt: sie waren beide Präsidenten des Karl-Renner-Instituts. Lange war es Tradition, dass der Parteivorsitzende der Roten zugleich auch Kopf der eigenen Kaderschmiede ist. Unter Rendi-Wagner wurde nun mit der Tradition gebrochen: seit Ende 2018 ist Vize-Nationalratspräsidentin Doris Bures die neue Präsidentin der Einrichtung. Was aber macht das Renner-Institut so wichtig?

Zwischen Bildungsarbeit und Macht-Netzwerken

Die Geschichte des, nach dem ehemaligen Staatskanzler Karl Renner benannten, Instituts liest sich zunächst glorreich: das sozialdemokratische „Who is Who“ versammelte sich stets in der roten Akademie. Kreisky, Sinowatz, Vranitzky, Klima, Gusenbauer, Kern. Sie alle führten nicht nur aus dem Kanzleramt und der Parteizentrale, sondern auch aus dem Renner-Institut. Tief hinein in die Partei wirkt das nun im Quartier Belvedere ansässige Haus – und auch darüber hinaus. Von Kaderschmiede, über Bildungseinrichtung, bis hin zu Dreh- und Angelpunkt mächtiger Roter sind nahezu alle Begriffe in der öffentlichen Wahrnehmung präsent, die so eine Institution haben kann. Das beförderte bisweilen Verschwörungstheorien und Misstrauen. Freilich geht es auch der ÖVP-Akademie nicht anders. Die politische Akademie der Volkspartei befindet sich geografisch in bester stramm-konservativer Gesellschaft: Man residiert am Wiener „Springer Schlössel“ unweit des „International Republican Institute“, dem Auslands-Think-Tank der US-Republikaner. Oft gibt es auch gemeinsame Veranstaltungen. Und auch das Renner-Institut hat ein beachtliches internationales Netzwerk. Das allein ist noch kein Grund zur Kritik. Im Gegenteil, Vernetzung und Dialog sind wichtig.

Die Gusenbauer-Ukraine-Connection

Öffentliche Kritik gab es allerdings immer wieder wegen vermeintlicher Machtverschränkungen und Intransparenz. Jüngst steht das Institut massiv unter Beschuss: dem ORF zugespielte, vertrauliche Mails zeigen, wie Gusenbauer seine Funktion als „Renner-Präsident“ für zweifelhafte Lobbyingtätigkeiten genutzt haben soll. Die derzeitige Direktorin bestreitet zwar einen Zusammenhang und Gusenbauer selbst schweigt. Fakt ist: Ein Mail mit der Zahlungsaufforderung für den Ukraine-Auftrag von Gusenbauers „Habsburg Gruppe“ von seinem SPÖ-Mail-Account an eine US-amerikanische Beraterfirma wurde geschickt, die im Dienste des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch stand. Gegenstand des Auftrags: eine gemeinsame „Ukraine-Konferenz“ mit einem französischen Diplomatie-Institut, die er in seiner Funktion als „Renner-Präsident“ vorschlug.

Screenshot einer gemeinsamen Veranstaltung der Academie Diplomatique und dem Karl-Renner-Institut

Christian Kern, Gusenbauers Nachfolger, sagte damals dem „Profil“: „Das waren jedenfalls keine offiziellen Geschichten des Renner-Instituts.“ Auch soll kein Euro an für die oben genannte Veranstaltung rausgegangen sein. Warum nutzte Gusenbauer sein SPÖ-Mail-Konto? Ist nicht schon der Anschein der Vermischung geschäftlicher und gemeinnütziger Tätigkeiten und Positionen für einen Ex-Kanzler bedenklich genug? Jedenfalls hilft das wilde Berater-Gebaren von Gusenbauer nicht unbedingt bei der Image-Pflege des Hauses.

Die Zeiten von Glanz und Gloria scheinen ohnehin vorbei: aufgrund der letzten Wahlniederlagen musste man Kosten einsparen und sich eine neue Bleibe unweit des Wiener Hauptbahnhofes suchen. Immerhin will die Präsidentin Doris Bures die Einrichtung „noch mehr als bisher für alle Interessierten öffnen“.

 (wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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