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Macron spaltet Balkan – Kommentar

Beim letzten Gipfeltreffen der EU im Oktober 2019 fiel der französische Präsident Macron überraschend damit auf, sich gegen die EU-Erweiterung auszusprechen. Nun löst die nächste Reaktion heftige Kritik aus. Was ist los mit dem französischen Präsidenten?

Paris/Zagreb, 13. November 2019 / Im Interview für „The Economist“ behauptete Frankreichs Präsident Macron, dass Bosnien und Herzegowina eine Zeitbombe sei, die direkt neben EU-Land Kroatien ticke. BuH würde sich dem Problem der rückkehrenden Jihadisten nicht ausreichend stellen. Die Aussagen führten zu heftiger Kritik.

Mehr französische als bosnische Dschihadisten

Pikant: Die Zahlen sind im Vergleich zu anderen Ländern sehr gering. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Sarajewo rechnet vor, dass im Vergleich zu ungefähr 300 Bürgern aus BuH, 1.900 aus Frankreich auf das syrisch-irakische Schlachtfeld gingen. Das ist mehr als aus jedem anderen westeuropäischen Land! Reagiert hat auch der amtierende Präsident Zeljko Komsić: er zitierte den französische Botschafter in BuH, Guillaume Rousson, umgehend in sein Kabinett. Auch die Vereinigung der Zeugen und Völkermordopfer in BuH hat völlig erzürnt einen offenen Brief an den französischen Präsidenten geschrieben.

Auf wen hört Macron?

Es scheint, als würde Macron seine Argumente aus Zagreb oder Belgrad serviert kommen. Ähnliche Äußerungen tätigte zuvor nämlich die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović, die fälschlicherweise behauptete, dass in BuH 10.000 potentielle Terroristen und Rückkehrer aus syrischen Kriegsgebieten leben würden. Die Aussagen von Macron könnten auch auf Drängen des serbischen Amtskollegen Aleksandar Vucić, den er erst im Juli dieses Jahres getroffen hat, zustande gekommen sein. Auch mit ihm hat Macron ein enges Verhältnis. Hat Macron Vucić gefragt, warum er Milorad Dodiks aggressive Sezessionspolitik in BuH unterstützt oder warum er den Völkermord in Srebrenica leugnet? Das darf stark angezweifelt werden.

Will Macron Obergrenze rechtfertigen?

Ist Macrons Obergrenze Grund, warum BuH – Opfer einer uneinheitlichen EU-Linie – mit Schmutz beworfen wird? Innenpolitisch ist ihm Le Pen auf den Fersen. Gerade muslimisch geprägte Länder bekommen vom Frankreich-Präsidenten regelmäßig ihr Fett ab. Das Veto Frankreichs im Zuge der EU-Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien führte zumindest zu einer Vertrauenskrise in die EU. Das hat den Kurs einiger Balkan-Länder noch stärker in Richtung Russland geändert. Milorad Dodik, Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums in BuH, unterhält bereits sehr gute Beziehungen zu Russland. Er fühlt sich durch die Handlungen Macrons ermächtigt in seiner Sezessionsrhetorik.

Großes Konfliktpotenzial

Derzeit besteht die Gefahr, dass die missglückten Beitrittsverhandlungen und Macrons Hardcore-Linie zu einer Krise am Balkan führen könnten. Hoffen wir, dass die These des berühmten französischen Philosophen Bernard-Henri Lévy, „Europa ist in Sarajevo gestorben“, nicht noch einmal wahr wird!

(rc)

Titelbild: APA Picturedesk

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