Samstag, Februar 15, 2025

Chinas Internierungs-Lager – Verhöre, Überwachung, „Umerziehung“

Verhöre, Überwachung, „Umerziehung“

Eine grauenhafte Enthüllung offenbart, dass China die systematisch verfolgten Uiguren in Massenlager interniert. Die „China Cables“ genannten Papiere wurden vom Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) veröffentlicht, dem auch die Ibiza-Enthüller Obermayer und Obermaier angehören.

Peking, 25. November 2019 / Geheime Dokumente der Kommunistischen Partei Chinas enthüllen die systematische Verfolgung der Uiguren und Anleitungen zur massenhaften Internierung der muslimischen Minderheit in Nordwestchina.

Offenbar Hunderttausende interniert

Die Dokumente zeigen, dass die von Peking zynisch als “Weiterbildungseinrichtungen” in der Region Xinjiang bezeichneten Lager in Wirklichkeit abgeschottete, streng bewachte Umerziehungslager sind. Die Dokumente widerlegen Aussagen der Regierung, wonach der Aufenthalt in den Lagern freiwillig sei. In der Regel werden Insassen demnach mindestens ein Jahr darin inhaftiert. Völlig irre: Nach Schätzungen sind Hunderttausende Uiguren in solche Umerziehungslager gesteckt worden. Die geheimen Unterlagen zeigen zudem, wie Uiguren gezielt überwacht und in einer Datenbank erfasst werden. Auch im Ausland nutzt China demnach seine Botschaften und Konsulate, um Uiguren zu bespitzeln. Dazu sollen “Spezialgruppen (…) in die Haushalte eindringen, jede Person aufsuchen, sie befragen, Erkundigungen über sie einziehen und sie gründlich überprüfen”. Einwohner sollen in “Gefahrenkategorien” eingeteilt werden.

„Big Brother“ China wiegelt ab

Zu den “China Cables” gehören eine Anleitung zum Betrieb von Lagern, vier Bekanntmachungen zu einer Überwachungsdatenbank sowie das Urteil gegen einen Uiguren. Auf Anfrage der “Süddeutschen Zeitung” verwies Chinas Botschaft in Berlin auf Verlautbarungen, wonach es sich bei den Lagern um Maßnahmen zur “Terrorbekämpfung und Entradikalisierung sowie zur beruflichen Aus- und Weiterbildung” handle.

Absurd: Selbst Toilettengang überwacht

Mehr als zwei Dutzend Regeln für den Betrieb der Lager seien aufgelistet. Unter anderem heißt es: “Es dürfen auf keinen Fall Ausbrüche vorkommen.” Alle Zimmer und Gänge müssten streng abgesperrt werden. Auch werde dargelegt, wie die Internierten beim Toilettengang, Schlafen und Unterricht zu überwachen seien, berichtete der NDR. Auch von Züchtigung sei die Rede. Mit einem Punktesystem würden die Inhaftierten bewertet.

In vier weiteren Dokumenten von 2017 werde ausgeführt, wie eine “Integrationsplattform für gemeinsame Einsätze” genutzt werden soll. In die Überwachungsdatenbank fließen demnach Informationen aus verschiedenen Quellen ein: Verhöre, Überwachungssoftware und Material der in Xinjiang weitverbreiteten Überwachungskameras. Die Plattform ermittle, wer verdächtig ist und wer nicht.

Journalisten-Konsortium wieder mal erfolgreich

Das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) ist für die Veröffentlichung der brisanten Akten verantwortlich. Schon bei den Panama Papers und den Paradise Papers, bei den es um massive Steuerdelikte und exorbitante Briefkasten-Systeme ging, spielte das Konsortium eine wesentliche Rolle. Auch bei der Aufklärung der Ibiza-Affäre war das Netzwerk für die SZ-Journalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier offenbar eine wichtige Stütze. Beide sind dort als Mitglieder gelistet.

 

(wb/APA)

Titelbild: APA Picturedesk

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