Dienstag, April 16, 2024

Feminismus kontra Religion – Atheisten unterdrückt

Atheisten unterdrückt

Wenn sich junge Menschen in Somalia vom Islam abwenden, bekommen sie oft Gewalt zu spüren. Der Druck ist hoch, besonders für Frauen. Somalische Feministinnen kritisieren auch den europäischen Feminismus. Ihnen fehlt die Solidarität im Kampf gegen die Macht der Religion.

Dadaab, 07. Dezember 2019 / Atheisten haben es schwer. Auch in einem der größten Flüchtlingslager Afrikas. Hassans Geschichte beginnt dort, in Dadaab. Der Ort liegt in Kenia, rund 100 Kilometer entfernt von Somalia. Knapp eine halbe Millionen Menschen besiedelten phasenweise dieses Flüchlingscamp. Noch immer sind es rund 250.000 Menschen, die dort leben. Hassan wuchs dort auf.

Verfolgung von Atheisten

Inmitten von Armut und Kriegstraumas begann er, früh an Gott zu zweifeln. In Dadaab leben hauptsächlich Muslime, der weitverbreitete Fundamentalismus wird durch die Armut weiter gefördert. Aber Hassan folgte nicht der Mehrheit. Als Teenager verließ er den gottgläubigen Weg. Das machte aber schnell die Runde.

Eines Tages wurde er von anderen Camp-Bewohnern angegriffen und verletzt. Er schaffte die Flucht aus dem Camp, indem er ein Stipendium in Nairobi (Kenia) erhielt. Die Lage im Camp sei für Andersdenkende verheerend.

„Der religiöse Fundamentalismus wird in den Camps immer schlimmer. Die Situation dort ist sehr schlecht“,

sagt Hassan gegenüber globalvoices.com.

„Da es eine große Mehrheit von Muslimen gibt, kümmert sich die Gemeinschaft nicht darum, was passiert. Menschen bloßzustellen, die sich von der Religion abgewendet haben, wird dort genossen.“

Gewalt überall

Aber auch in Nairobi hat er es als Atheist äußerst schwer. Innerhalb der somalischen Community wurde sein Atheismus wieder schnell zu Thema. In den Sozialen Medien würden sich somalischen Atheisten organisieren. Rund 1,2 Millionen soll es geben. Im kriegsgebeutelten Somalia leben rund 14 Millionen, dazu kommen noch Millionen in der Diaspora.

Fundamentalisten würden die Internetforen infiltrieren und Atheisten in die öffentlich zerren. Seine Telefonnummer wurde beispielsweise gepostet. Eine junge Frau aus Somalia, die mittlerweile in Europa lebt, ergänzt:

„Wenn in der Familie bekannt wird, dass man sich von der traditionellen Identität gelöst hat, wird viel in Bewegung gesetzt. Oft lädt man die Menschen aus der Diaspora nach Hause ein, um sie dann dort festzuhalten. Dann bekommen sie eine Behandlung, um zur Kultur zurückzukehren.”

Das könne Zwangsehen beinhalten, islamischen Unterricht oder sexuelle Umerziehung, wenn die Verwandschaft glaubt, er oder sie wäre homosexuell. Das Leben in Somalia sei besonders brutal, vor allem aber, wenn sie sich vom Islam abwenden, sagt die junge Frau. Man mache den jungen Menschen in der Diaspora ganz klar: „Verwestliche dich nicht.“ Für Frauen sei der Zwang noch schlimmer, das Kopftuch abzulegen, ist ein Tabu.

Eine bekannte australisch-somalische Podcasterin, Nuriya Benson, sagt:

„Vor dem Krieg (Ausbruch des Kriegs in den 90ern, Red.) war Somalia weitaus liberaler. Danach hatten traditionelle islamische Gruppen viel mehr Einfluss.“

Sie lebt mittlerweile offen als Atheistin. Dies sei nicht einfach.

„Ich werde noch immer als Eigentum des Islam angesehen. Somalier rund um die Welt bedrohen mich online. Mir wird gesagt, ich wäre selbst für meine Vergewaltigung verantwortlich, weil ich keinen Hijab trage.“

Kritik an westlichem Feminismus

Benson kritisiert den westlichen Feminismus. Dieser würde das Thema ignorieren. Ex-muslimische Frauen würden sich oft von der Frauenbewegung ausgeschlossen fühlen.

„Mir kommt vor, die Westler haben kein Mitgefühl für uns. Das verstehe ich nicht. Genau diese Frauen würden es nicht ertragen, wenn ihnen gesagt werden würde, was sie anziehen zu haben.“

Im westlich zentrierten Feminismus fehle ihr oft das Verständnis für Frauen, die sich vom Islam abgewendet haben.

Ebenso wie atheistische Afrikaner laufen Frauen, die ihr Kopftuch abgelegt haben, häufig unter dem Radar. Religionsfreiheit als Menschenrecht überdeckt diese Kämpfe. Gerade Frauen sind nach dem Ausstieg besonders angreifbar. Und im Normalfall lässt sich schließen: Je fundamentalistischer die Auslegung, desto frauenfeindlicher. Dies sieht man sowohl bei evangelikalen Fundamentalisten, als auch im Islam.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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