Donnerstag, März 28, 2024

Handelskrieg USA – China – Teil 2

Teil 2

Der Handelskrieg zwischen den USA und China bewegt die Welt. Die Beziehung zwischen den beiden Großmächten ist jedoch komplex und historisch gewachsen. In einem zweiteiligen Handelskrieg-Spezial geht ZackZack.at dem Verhältnis zwischen der USA und China auf den Grund.

Lesen Sie den ersten Teil der Serie „Handelskrieg – USA gegen China“ hier.

Peking/Washington/Wien, 20. Dezember 2019 / „China möchte die Regeln für die Weltregion mit dem höchsten Wachstum festschreiben. Weshalb sollten wir das zulassen? Wir sind es, die diese Regeln festlegen müssen“ – diese Worte sind nicht von Donald Trump. Sie stammen von Barack Obama und sind aus seiner Rede zur Lage der Nation 2015. Der „Handelskrieg“ zwischen China und den USA kommt also nicht plötzlich und er ist keine Erfindung von Trump. Trump griff nur zu drastischeren Mitteln und zu weit weniger Diplomatie als üblich. Doch den Gegner hatten sich die USA selbst gebaut.

Vom Verbündeten zum Gegner

Seit 2001 ist China Mitglied der WTO. Ab dann stiegen die Investitionen von US-amerikanischem Kapital noch einmal erheblich. Das Geld ging in die Textilbranche oder in die Verarbeitungsindustrie. Auftraggeber waren globale Unternehmen, sie besaßen die Eigentumsrechte auf die Produkte. Die Gewinne Chinas waren mager. Beobachter sprachen von einem 20-jährigen technologischen Rückstand Chinas. Es schien, als stünde das “Reich der Mitte” in einer strukturellen Abhängigkeit zu westlichem, vor allem US-amerikanischem, Geld. Manche Polit-Ökonomen behaupteten auch, dass diese Abhängigkeit im Interesse der USA war.

So oder so – es blieb nicht dabei. Ab 2010 durchbrach China schrittweise diese Abhängigkeit. Man forcierte die Modernisierung der Industrie und eignete sich technologisches Wissen an. Immer mehr vom produzierten Profit blieb in China. Das bemerkten die USA schon 2011, als sie eine neue Handelsstrategie erließ. Und diese führte dazu, dass sich Obama 2015 zum oben erwähnten Zitat hinreißen ließ. Der ehemalige Partner wurde zum Gegner.

Für die USA war China zu schnell zu reich geworden. Dass die Wirtschaft schnell wuchs, stimmt: Stand das BIP Chinas 1980 noch bei 194 US-Dollar, war es 2015 auf 9.174 US-Dollar hinaufgeschossen. Doch dieses Wachstum war nur durch die US-amerikanischen Investitionen möglich. In diesem Jahrzehnt sieht sich die USA nun mit einem mächtigen und expandierenden Staat konfrontiert. China investiert in Infrastruktur, Telekommunikation, neuer Technologie und Forschung. Und das nicht nur innerhalb des Landes. Auch nach außen expandiert die asiatische Großmacht enorm. Mittlerweile sind 42 Häfen in 34 Ländern entweder im Besitz oder zumindest betrieben von China. Viele davon sind zentrale Logistikpunkte für das Großprojekt „Neue Seidenstraße“.

Die Neue Seidenstraße soll China ins Zentrum des Welthandels rücken. Die USA steht dabei im Abseits.

Konfrontation

In der “Financial Times” vom 20. Mai 2019 war schon die Rede von einem “Kalten Krieg”. In der Tat drehen sich die US-China-Beziehungen. Aus dem ehemaligen Verbündeten wurde zuerst ein Gegner, mittlerweile sieht man China als „Bedrohung für die Weltwirtschaft“ – das sagte der ehemalige Trump-Außenminister Rex Tillerson. Man fährt Kampagnen gegen Huawei, denn diese Firma bedrohe die US-dominierte Kommunikationbranche. Pekings Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer werden von den USA scharf kritisiert. Chinesische Universitätsabsolventen unterliefen verschärften Sicherheitschecks in den Vereinigten Staaten.

Mit der protektionistischen Handelspolitik von Trump geht es nun ans Eingemachte. Man wolle „Teile der Lieferkette“ zurück in die USA holen. Trump kritisiert nicht nur China, sondern auch die Konzerne, die in China investieren. Apple oder Nike zurück in die USA zu holen, wird für Trump allerdings nicht einfach. Die Gewinne würden erheblich geschmälert werden und eine Zerstörung ihres chinesischen Netzwerks wäre mit extremen Kosten verbunden. Trump müsste den Unternehmen außerordentliche Anreize liefern, um in die USA zurückzukehren.

Im Sommer schien Trumps Wille zur Konfrontation ungebrochen. Er kritisierte im Juni die US-Handelskammer scharf. Denn sie sprach sich für Handelsbeziehungen mit China aus. Trump dagegen kündigte an, alle Importe aus China mit einem 25-Prozent-Zoll zu belegen. Aber China scheut nicht vor dem Konflikt zurück.

Eine neue Ära

Man sei auf einen langfristigen Handelskrieg vorbereitet, schrieb das chinesische Parteimedium “Global Times” am 30. Mai. Dem Druck der USA werde keinesfalls nachgegeben. Just zum Jahreswechsel kam es erstmals zu ersten, kleinen Annäherungen. Peking verzichtet auf weitere Vergeltungszölle. Trump feiert dies als riesigen Erfolg. Auch die USA verzichten auf 15 Prozent Zölle auf Konsumgüter. Doch Beobachter trauen diesem Tauwetter nicht. Zu sprunghaft ist Trump.

Man könne annehmen, „dass die Entkoppelung der beiden großen Wirtschaftsblöcke Amerika und China weiter voranschreiten wird“, sagte der Präsident des deutschen Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen. Es ist wohl eher so, dass es sich nur um einen „Burgfrieden handelt.“

Nach dem Zerfall der Sowjetunion verbündeten sich die USA und China. Profit auf beiden Seiten war die Folge. Doch die USA verloren an Boden und bekamen plötzlich einen mächtigen Gegenspieler. Zum Ende des Jahrzehnts wurde das gemeinsame Gewinnstreben von konträrem Machtstreben abgelöst. Zölle waren das Ergebnis. Nach jahrzehntelangen Deregulierungen auf den globalen Märkten – das zentrale Moment des Neoliberalismus – dreht sich nun die Weltwirtschaft. Amerikanischer und chinesischer Nationalismus läuten eine neue Zeit in der Weltpolitik ein.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk / common wiki

Thomas Oysmüller analysiert

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