Dienstag, April 23, 2024

Kurz krallt sich Medien – Medienagenden wandern zum Kanzler

Medienagenden wandern zum Kanzler

Der Begriff „Message Control“ ist neben „Ibiza“ wohl einer derjenigen, der von Türkis-Blau hängen bleiben wird. Kurz mag Kontrolle, vor allem über seine Erzählung. Deswegen schnappt er sich jetzt die Medienagenden der nächsten Koalition selbst. Unterstützt wird er von seinem berüchtigten Sprecher.

Wien, 31. Dezember 2019 / Sebastian Kurz wird in der nächsten türkis-grünen Koalition selbst die Medienagenden steuern. Unterstützt wird er von seinem berüchtigten Sprecher Gerald Fleischmann.

„Mr. Message Control“ übernimmt

Fleischmann ist in der Medienszene bekannt dafür, bei kritischen Berichten über Sebastian Kurz bei den Redaktionen zu intervenieren, und sich dabei oft im Ton zu vergreifen. Noch spätnachts ruft Fleischmann bei Redakteuren an und versucht, bis in Unterüberschriften „hineinzufahren“.

Jetzt wird Kurz-Sprecher Gerald Fleischmann Medienbeauftragter des Bundeskanzlers. Bislang waren die Agenden für Medienpolitik beim Kanzleramtsminister (unter Tükis-Blau Gernot Blümel, Red.). Kurz reißt die Agenden jetzt noch näher an sich.

Kurz‘ Medienpolitik

Die Medienpolitik des Bundeskanzlers stand in den vergangenen eineinhalb Jahren oft in der Kritik. Ex-Kurier-Herausgeber bzw. Ex-Chefredakteur Helmut Brandstätter berichtete von den unzähligen Interventionen des Kurz-Teams in der Kurier-Redaktion.

Zitat Brandstätter in seinem Buch „Kurz und Kickl“:

„Ein klares Ziel war die Schaffung einer der ÖVP noch freundlicheren Medienlandschaft. So hörte ich bald aus der Umgebung von Kurz, jetzt müsse ‚der „Kurier“ auf Linie gebracht werden‘. Ja, genau so war die Formulierung. Dann wurde es schon persönlicher.“

Mittlerweile ist Brandstätter nicht mehr beim Kurier, Martina Salomon hat übernommen. Seitdem hat sich die Blattlinie drastisch geändert. Auf Twitter kursiert der „Gag“, Sebastian Kurz, Karl Nehammer und Co. würden neuerdings unter dem Pseudonym Martina Salomon schreiben.

Screenshot Twitter.

In der Fachsprache nennt man die Kontrolle über die eigene Erzählung in Medien „Message Control“. Sebastian Kurz will steuern, welche Botschaften und Informationen nach außen dringen. Gerald Fleischmann wird hier offenbar eine noch wichtigere Rolle einnehmen als bisher. Aber auch Regierungsmitglieder der ÖVP hatten zu Zeiten der türkis-blauen Koalition den einen oder anderen merkwürdigen Auftritt. Unvergessen ist ein einschlägiger Sager des Ex-Medienministers Gernot Blümel in der ZIB 2 bei Armin Wolf. Blümel missfiel offenbar Wolfs Interviewführung zum Thema „Hass im Netz“:

„Das ist ein Blödsinn, was Sie da reden.“

Viktor Orban als Vorbild?

Kritiker sprechen schon lange davon, dass Kurz‘ Medienpolitik Ähnlichkeiten zu jener Viktor Orbans aufweist.

Dabei geht es nicht nur um den Umgang mit Medien, sondern um den Kauf derselben durch regierungsfreundliche Investoren. In Ungarn gibt es kaum mehr regierungskritische Medien, seit der Wiener Investmentbanker Heinrich Pecina, bei dessen Investmentfirma Vienna Capital Partners (VCP) übrigens ÖVP-Mann und Ex-Innenminister Ernst Strasser anheuerte, die ungarische Medienlandschaft nach Orbans Vorstellungen „umgebaut“ hat.

Laut Falter soll Pecina dafür gesorgt haben, dass regierungsfreundliche Chefredakteure ernannt und Redaktionen zusammengeführt wurden, nachdem er das Verlagshaus MediaWorks gegründet hatte. Die ungarische Medienbehörde erteilte überraschenderweise grünes Licht bei der Übernahme etlicher Zeitungen, obwohl nun zwei Drittel aller Regionalzeitungen des Landes unter der Kontrolle von MediaWorks stehen. Das weist Parallelen zu Vorgängen in Österreich auf:

Der Kurier steht unter Kontrolle der ÖVP-nahen Raiffeisenbank und Sebastian Kurz‘ Freund dem Milliardär René Benko. Über seine Anteile an der WAZ hat Benko auch bedeutenden Einfluss auf die Kronen Zeitung. In Österreichs einflussreichstem Printmedium bekam Sebastian Kurz im Wahlkampf 2019 laut „Media Affairs“ mehr Reichweite als alle anderen Spitzenkandidaten zusammen.

Öffentlich bekannt ist, dass Benko gerne noch größere Teile der Kronen Zeitung kaufen würde. Ist Benko der österreichische Pecina?

(wb)

Screenshot von Twitter.

Titelbild: APA Picturedesk

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