Mittwoch, April 24, 2024

Schutzhaft: erst faschistisch, jetzt grün – Kommentar

Kommentar

Die Grünen haben mit der ÖVP ein Gesetz ausgehandelt, das in Österreich zuletzt von den Nazis eingeführt worden war.

Wien, 02. Jänner 2019 / Machen wir ein kleines Spiel: Einer der folgenden Sätze stammt aus einem Erlass des nationalsozialistischen Ministers Wilhelm Frick. Der andere ist aus dem türkis-grünen Koalitionsabkommen und soll von der designierten Justizministerin Alma Zadic exekutiert werden. Können Sie erraten, welches der Gesetze nationalsozialistisch und welches grün ist?

„Daher soll ein zusätzlicher verfassungskonformer Hafttatbestand (Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit) eingeführt werden für Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die öffentliche Sicherheit gefährden.“

„Die Verhängung der Schutzhaft ist nur zulässig, wenn der Häftling durch sein Verhalten, insbesondere durch staatsfeindliche Betätigung, die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet.“

Na, haben Sie’s erraten?

Zurück zu den Grünen – zurück in den Unrechtsstaat?

In Österreich gab es präventive Haft – Sicherungs- bzw. Schutzhaft – erst dreimal: Zuerst im Rahmen der Militärgerichtsbarkeit im Ersten Weltkrieg, dann unter austrofaschistischer Herrschaft, zuletzt im NS-Staat. Und jetzt kommt noch eine türkis-grüne Regierung dazu.

Im NS-Staat war Schutzhaft die rechtliche Grundlage des KZ-Systems. Die überwiegende Mehrheit der Häftlinge in den Konzentrationslagern – politische Gegner, Homosexuelle, Obdachlose, Roma und Sinti und natürlich auch Juden – waren Schutzhäftlinge. Die Schutzhaft erlaubte es der Gestapo und der SS, Menschen zu verhaften und gefangen zu halten, die nach geltendem Recht nichts verbrochen hatten, die man aber für staatsfeindlich oder gefährlich hielt.

Das grüne Fähnchen im Wind

Ganz genau so argumentieren jetzt offenbar die Grünen – zumindest lassen sie das zu: Menschen, die verdächtigt werden, eine potenzielle Gefahr darzustellen, sollen eingesperrt werden – ohne dass sie etwas verbrochen haben. Genau das haben die Grünen noch vor wenigen Monaten lautstark kritisiert, als Herbert Kickl das nun geplante Gesetz propagierte.

Die Grünen sind nicht faschistisch – ihr Gesetz schon

Wenn die Grünen – allen voran die designierte Justizministerin Alma Zadic, die das Gesetz exekutieren müsste – diese Schwelle überschreiten, müssen sie sich bewusst sein, dass sie Österreich auf den Spuren der Nationalsozialisten in einen Unrechtsstaat verwandeln. Zwar wird es in Österreich keine Konzentrationslager geben; niemand wird auf die Haftbefehle der heutigen Schutzhäftlinge schreiben: „RU“, für „Rückkehr unerwünscht“, ein kaum verhohlener Befehl zur Ermordung eines KZ-Häftlings. Das Österreich von heute ist nicht das der 1930er-Jahre.

Aber die Grünen müssen sich bewusst sein, dass sie mit diesem Gesetz eine Schwelle überschreiten, die 75 Jahre lang nicht angetastet wurde. Für die Sicherungshaft gilt: Die Grünen sind nicht faschistisch, aber ihr Gesetz ist es.

Thomas Walach

Titelbild: APA Picturedesk

Thomas Walach kommentiert

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