Freitag, April 19, 2024

Sicherungshaft – Juristische Analyse

Juristische Analyse

Sicherungsungshaft, Schutzhaft oder Präventivhaft. Man kann es nennen, wie man will – letzendlich bleibt es das gleiche, umstrittene Gesetz. Nun plant die türkis-grüne Koalition die Einführung einer “Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit.” Ein Schritt in Richtung Polizeistaat? Eine juristische Analyse.

Wien, 02. Jänner 2020 / Bekanntlich gelten in Österreich Grund- bzw. Menschenrechte. Das sind Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber dem Staat. Diese Rechte garantiert die Verfassung. Dazu gehört auch das Recht auf die “persönliche Freiheit.”

Freiheit auf Abwegen?

Die “Freiheit” nimmt im demokratischen Verfassungsstaat, mit dem Recht auf Leben, die wichtigste Rolle überhaupt ein. Das zeigt sich auch darin, dass die “persönliche Freiheit” sowohl im Verfassungsgesetz über den Schutz der perönlichen Freiheit, in der Europäischen Menschenrechtskonvention, als auch in der Europäischen Grundrechtecharta fest verankert ist. Der Inhalt ist genauso einfach, wie wichtig: Der Staat darf die Einzelperson nicht in seiner Bewegungsfreiheit berauben, außer es gibt einen wirklich triftigen Grund. Solche Gründe müssen abschließend aufgezählt und verhältnismäßig sein. Die Freiheitsberaubung soll im demokratischen Verfassungsstaat die allerletzte Lösung sein.

Bereits etliche Möglichkeiten der Freiheitsberaubung

Rein juristisch gibt es acht verschiedene Möglichkeiten, weshalb der Staat einen Menschen seiner Freiheit berauben darf. Damit ist allerdings nicht nur der klassiche “Häfn” gemeint, sondern auch durchaus kurzfristige Bewegungseinschränkungen von 15 Minuten. Zum Beispiel das Warten, bis der Polizist den Strafzettel ausgefüllt hat. Im Rahmen der fremdenpolizeilichen Maßnahmen gäbe es auch noch die Möglichkeit einer Schubhaft.

Die wesentlichen Haftgründe – zu welchen die Sicherungshaft wohl hinzugefügt werden könnte – kann man in zwei Kategorien unterteilen:

1)  Strafhaft aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung: der klassische “Häfn”.

2) Untersuchungshaft wegen Flucht- oder Verdunkelungsgefahr, Wiederholungs- oder Ausführungsgefahr, zur Beendigung eines Angriffs.

Nun soll also eine dritte Kategorie dazukommen. Sieht man sich Punkt 1 und Punkt 2 an, fragt man sich, wozu es das braucht. Hat man ein Verbrechen begangen und wird von einem Gericht rechtskräftig verurteilt, dann geht man in Gefängnis. Ist man im Begriff, eine Stratat zu begehen und wird dabei ertappt, kommt man in Untersuchungshaft. Glauben die Behörden, man will bis zum Gerichtstermin nach der Straftat fliehen, Beweise zerstören oder gar die Straftat wiederholen, kommt man ebenfalls in Untersuchungshaft. Weitere Möglichkeiten gibt es einfach nicht.

Sicherungshaft verfassungswidrig

Einen Menschen seiner Freiheit zu berauben, nur weil irgendjemand glaubt, er sei eventuell gefährlich, obwohl er noch nichts gemacht hat, ist klar verfassungswidrig. Denn, ab wann ist ein Mensch gefährlich? Wenn er über Gewalt rappt oder singt? Wenn er blutrünstige und realistische Horrorromane schreibt? Wenn er ein guter Kampfsportler ist? Und wer entscheidet das? Ein Richter oder ein Hellseher? Oder wohl doch ein hellsehender Richter? Diese Antworten müssen die Verhandler geben.

Fari Ramic

Titelbild: Pixabay

Fari Ramic analysiert

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1 Kommentar

  1. […] oder Präventivhaft genannt, soll kommen. Das heißt schlichtweg, Türkis-Grün möchte einen neuen Haftgrund einführen für Personen, die eventuell gefährlich sein könnten. Ein verfassungsrechtliches No-Go, das es in Österreich bisher erst dreimal gab und zuletzt von […]

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