Dienstag, April 23, 2024

Kurz führt die Grünen vor – Kommentar

Kommentar

Kanzler Kurz und seine türkise ÖVP haben sich in der Wirtschaftspolitik auf ganzer Linie gegen grüne Politik durchgesetzt. Wer sich ökologische Lenkungsmaßnahmen im Wirtschaftsbereich erwartet hat, wird bitter enttäuscht sein. Im Kapitel 2 des Regierungsprogramms „Wirtschaft & Finanzen“ kommt das Wort CO2-Steuer nicht einmal vor. Neoliberale Maßnahmen zur Gewinnmaximierung von großen Unternehmen werden hingegen explizit  genannt.

Wien, 10. Jänner 2020 / Die Grünen stellten im Wahlkampf zurecht die Klimaerhitzung und deren Verhinderung in den Mittelpunkt. So träumte Werner Kogler immer wieder von einer CO2-Steuer als wichtiges Steuerungselement im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Liest man nun das Regierungsprogramm, so weiß man, dass Werner Kogler und seine Grünen ihren Traum schon zum Start der Regierungsarbeit ausgeträumt haben. Kurz hat sich in seiner Wirtschaftspolitik auf ganzer Linie durchgesetzt. Es ist ein Programm der Reichen.

Lenkungsinstrument in die rechte Richtung

Steuern sind das Finanzierungsinstrument des Staates. Sie sind das beste Lenkungsinstrument, das eine Regierung besitzt. Wirtschaft, Wohlstand und Verteilungsgerechtigkeit hängen letztlich davon ab. Eine ökosoziale Steuerreform wäre in vielfacher Hinsicht ein Instrument, die Versäumnisse der jüngsten Vergangenheit zur Klimaerhitzung auszugleichen. Selbst das Regierungsprogramm gibt zu, dass Europa, ohne Österreich explizit zu nennen, weit weg von seinen Klimazielen liegt. Die Vorgaben der Klimakonferenz von Paris sind derzeit für viele Mitglieder unerreichbar.

Klimakrise ist nicht Teil der Wirtschafts- und Steuerpolitik

Die Klimakrise ist aber auch ein Ausdruck einer ökonomischen Krise. Wir leben auf Pump, wenn wir mehr Ressourcen verbrauchen, als uns die Natur zur Verfügung stellt. Während Kurz die Schuldenpolitik des Staates geißelt, ist ihm der „Schuldenstand“ der Ressourcenpolitik scheinbar völlig egal.

Augenauswischerei “Ökosoziale Steuerpolitik”

Das Kapitel „Ökosoziale Steuerpolitik“ beschreibt ein politisches Vorhaben, das möglichst schwammig formuliert ist und auf Ankündigungen und Absichtserklärungen basiert. Einzig die Deckelung der Flugabgabe, die erstaunlicherweise ausgerechnet Langstreckenflüge billiger macht, ist als konkrete Maßnahme beschrieben.

Ein anderes Beispiel: Der Kampf gegen den Tanktourismus soll auf europäischer Ebene mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln aufgenommen werden. Das Problem ist aber hausgemacht und ließe sich vor Ort lösen. Die Dieselbesteuerung kann einfach an die von Benzin angepasst werden. Diese Tatsache wird also nobel ausgeblendet. Die Frächterlobby lässt danken.

Konkret wird es bei Unternehmenspolitik

Das ist insofern bemerkenswert, weil gerade bei Unternehmenspolitik und Steuerentlastung sehr konkrete Maßnahmen zu lesen sind. Für gutverdienende KMU und GmbHs, Investoren und Startups, sind einige sehr tolle Zuckerln vorgesehen.

Natürlich gibt es ein paar Maßnahmen für die, die kleinere Einkommen haben. Aber letztlich ist das einfach auch ein wenig Kosmetik. Erstens: Die Einkommensteuersenkung in den drei unteren Einkommensgruppen wird von der kalten Progression dann eh bald wieder aufgefressen. Die Abschaffung dieser Progression ist offenbar kein Thema mehr. Zweitens: Blümel erklärt heute im Standard-Interview, dass erst 2021 für die unterste Einkommensgruppe irgendetwas kommt. Arbeit bleibt weiterhin der bestimmende Steuerfaktor und letztlich weiterhin hoch mit Abgaben belegt. Vermögenssteuer – nein danke.

Kurz ist blendender Sieger

Damit ist alles klar. Der große Regierungspartner will nichts von einer echten “Ökosozialen Steuerreform” wissen und die Grünen haben offenbar ganz schlecht verhandelt. Anmerkung: Die Tatsache, dass die Agenden für fossile Energieträger zunächst ins Landwirtschaftsministerium wandern sollten, zeigt das ganze Desaster der grünen Koalitionsverhandlungen. Immerhin wurde dieser Punkt dann noch kurzfristig gestern Abend geändert. Kurz bleibt trotzdem weiterhin ein strahlender Sieger über die Linke. Die Umverteilung von unten nach oben geht weiter.

(sm)

Titelbild: APA Picturedesk, Pixarbay, Bearbeitung: ZackZack-Grafik

E-Mail von SM

Redaktion
Redaktion
Die ZackZack Redaktion
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!