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Belohnung für brave Kranke – Wirtschaftskammer zahlt Selbstbehalt

Wirtschaftskammer zahlt Selbstbehalt

Wer regelmäßig zur Vorsorge-Untersuchung geht und seine Gesundheitsziele erreicht, soll als Gewerbetreibender in Wien zukünftig keinen Selbstbehalt mehr für Arztbesuche zahlen müssen. Österreichweit soll eine Senkung des Selbstbehalts, ebenso gekoppelt an ein Vorsorge-Programm, noch 2020 kommen.

Wien, 16. Jänner 2020 / Am Mittwoch verkündete der Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, Walter Ruck, die neue Maßnahme in einer Aussendung: Wer als Selbstständiger regelmäßig zur Vorsorge-Untersuchung geht und seine Gesundheitsziele einhält, soll mit Beginn des Jahres 2020 nicht mehr nur den halben Selbstbehalt bei Arztbesuchen zahlen, sondern gar keinen mehr. Finanziert werden soll dies durch die große Strukturreform der Wirtschaftskammer Wien.

Reduzierter Selbstbehalt bei erfolgreicher Vorsorge

Anders als bei Angestellten müssen Selbstständige bei jedem Arztbesuch einen Selbstbehalt von 20 Prozent an die SVS (Sozialversicherung der Selbstständigen, früher SVA, Red.) zahlen. Seit 2012 gibt es unter dem Namen „Selbstständig gesund“ ein Programm der SVS, das Anreize zur Vorsorge setzen will: wer die jährliche Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nimmt und die gemeinsam mit dem Hausarzt vereinbarten Gesundheitsziele erreicht, zahlt den halben Selbstbehalt (zehn Prozent) bei Arztbesuchen. Die Gesundheitsziele betreffen Gesundheitswerte, die durch den Lebensstil beeinflussbar sind: Dazu gehören Blutdruck, Gewicht, Rauchen, Alkohol und Bewegung.

Wirtschaftskammer Wien will restlichen Selbstbehalt übernehmen

Die übrigen zehn Prozent möchte die Wirtschaftskammer Wien ihren Mitgliedern nun refundieren – rückwirkend ab 1. Jänner 2020. Dadurch hätten die Unternehmer einen doppelten Gewinn, ist in der Aussendung vom Präsidenten der Wirtschaftskammer Wien zu lesen: einerseits würden sie für ihre Eigenverantwortung belohnt und blieben aktiv und gesund. Walter Ruck dazu in seiner Aussendung:

 „Man muss regelmäßig hinterfragen, ob das Gesundheitssystem dem Vorsorgegedanken ausreichend Rechnung trägt. Wir sehen Verbesserungsbedarf, den wir mit der Übernahme des Selbstbehalts beseitigen.“

Zahl der teilnehmenden Unternehmer soll steigen

Die Maßnahme soll mehr Unternehmer dazu bringen, am Vorsorgeprogramm der Sozialversicherung der Selbstständigen teilzunehmen. Derzeit nehmen rund 8.000 Gewerbetreibende am Vorsorgeprogramm der Sozialversicherung für Selbstständige (SVS) teil. Ruck erhofft sich einen Anstieg auf 20.000 Teilnehmer in den kommenden zwei Jahren – und dadurch gesündere Gewerbetreibende.

Ausnahme: Neue Selbstständige

Dabei gibt es eine Ausnahme: Sogenannte “Neue Selbstständige” arbeiten zwar auf selbstständiger Basis, allerdings in Bereichen, für die keine Gewerbeberechtigung nötig ist. Sie sind daher keine Mitglieder bei der Wirtschaftskammer. Neue Selbstständige sind wie alle Selbstständigen bei der SVS versichert, müssen also regulär 20 Prozent bzw. im Falle einer erfolgreichen Teilnahme am Programm „Selbstständig gesund“ zehn Prozent Selbstbehalt bezahlen. Bei diesen bleibt es aber auch mit der neuen Wiener Regelung, weil Neue Selbstständige nicht Mitglied der Wirtschaftskammer sein können.

Kritik vom sozialdemokratischen Wirtschaftsverband

Christoph Matznetter, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Österreich, kritisiert Rucks Vorhaben:

„Dass die Wirtschaftskammer Wien für Wiener UnternehmerInnen den reduzierten Selbstbehalt in diesem Jahr übernimmt, ist kurzfristig eine gute Maßnahme. Die Rechtssicherheit fehlt aber komplett. Die UnternehmerInnen sind auf den guten Willen und die finanzielle Situation der WKW angewiesen.“

Es gäbe keine Sicherheit dafür, dass der Selbstbehalt auch im Jahr 2021 noch übernommen wird. Matznetter ortet in der Maßnahme ein Wahlzuckerl Rucks, um seine Wiederwahl abzusichern. Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband fordert ein österreichweites Aus der „Kranksteuer“ – und das unabhängig von Gesundheitszielen. Der Selbstbehalt würde die Unternehmer davor abschrecken, zum Arzt zu gehen.

Österreichweit soll Senkung auf fünf Prozent kommen

Selbstständige sollen künftig nur noch fünf Prozent Selbstbehalt beim Arztbesuch zahlen, wenn sie das Vorsorge-Programm, also regelmäßige Vorsorge-Untersuchung und die Einhaltung der beschlossenen Gesundheits-Ziele absolvieren. Das kündigte der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Kurt Egger, im “Kurier” an. Ein entsprechender Beschluss der Sozialversicherungsanstalt SVS soll noch heuer fallen, wurde der APA bestätigt.

(lb)

Titelbild: Pixabay

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