Freitag, März 29, 2024

Pornofilter als Total-Überwachung – Kommentar

Kommentar

Klima schützen, Grenzen schützen, Kinder schützen. Das türkis-grüne Patriarchat meint es gut. Die Regierung plant den flächendeckenden Einsatz von Pornofiltern. Doch von den angedachten Filtern geht eine massive Gefährdung der Freiheit aus, es ist der erste Schritt in die staatliche Zensur. Und wirksam sind sie auch nicht.

Wien, 16. Jänner 2020 / Der Gedanke ist ja fast entzückend: ein Internet ohne Pornos und ohne Gewalt, zumindest für Kinder. Das klingt nach heile Welt, ist aber in Wahrheit das trojanische Pferd der Überwachung. Türkis-Grün will nun genau da ansetzen, wo Türkis-Blau schon vorgefühlt hat.

Big Brother ist zurück

Die sogenannten „Pornofilter“ sind eine Gefahr für die Freiheit des Internets und die Freiheit des Individuums. Maßnahmen zur Internetzensur unter dem Vorwand des Schutzes sind nicht neu. Schauen wir nach China: mit der chinesischen Firewall hat man eine eigene Version des Internets geschaffen, ganz nach dem Vorbild George Orwells. Hier sind Seiten wie Google und Facebook einfach nicht verfügbar. Jetzt werden einige sagen, soweit wolle man ja hierzulande keineswegs gehen. Das erinnert an – Achtung Wortspiel: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.“

Wo ist die Grenze?

Doch muss man nicht einmal so weit gehen, um zu wissen, wie gefährlich solche Filter sind. In Großbritannien gibt es diese Diskussion bereits seit längerer Zeit. Dort waren Plattformen verpflichtet, das Alter ihrer User mit einer Art „Online-Ausweis“ zu überprüfen. Nach massiver Kritik hat die Regierung nun von den Filtern Abstand genommen. Der Staat weiß dank der Filter nämlich genau, wann man was konsumiert. Die Identität der User wird abgespeichert, Herr über die eigenen Daten sind Provider, die man nicht kennt. Doch wer bestimmt, was genau gefiltert wird? Wo ist die Grenze? Wann ist eine Filterliste vollständig? Ist der Protest der feministischen Gruppierung Femen schon pornografisch? In Großbritannien kam es dazu, dass auch medizinische Websiten, die über Geschlechtskrankheiten aufklären, gesperrt wurden. Eine Zeit lang war sogar jede fünfte Internetseite nicht zugänglich. China ist da nicht mehr ganz so weit.

Netzneutralität gefährdet

Das alles greift auch die sogenannte Netzneutralität an. Die Netzneutralität regelt die Gleichbehandlung von Daten im Netz. Doch genau diese Gleichbehandlung ist durch den türkis-grünen Vorstoß in Gefahr. Was gut und was schlecht ist, bestimmt Papa Staat, in Kooperation mit Unternehmen, die mit unseren Daten Geld verdienen.

Doch lässt man all die rechtlichen und moralischen Bedenken außer Acht, besteht trotzdem noch das Problem der Umgehung. Durch einfache Tricks, wie das Ändern der IP-Adresse oder Schwindeln beim Alter, kann man weiterhin Pornos konsumieren. Dadurch treibt man die User erst Recht in die Illegalität. Wer einen Tor-Browser runterlädt, um frei von Zensur und Zugriff zu surfen, steht bereits auf der Liste der Geheimdienste.

Das Patriarchat wacht über Österreich

Die Grünen betonen, dass es in Österreich ein Bekenntnis zur Zensurfreiheit im Internet geben soll. Das ist lieb gemeint. Doch die ÖVP sieht das anders und denkt, Großbritannien ist weitgehend Vorbild für Österreich.

Klima schützen, Grenzen schützen, Kinder schützen. Das Patriarchat meint es gut mit uns. Doch wer es mit dem Schutz übertreibt, gleitet ab in eine Gesellschaft des Misstrauens. Und der totalen Überwachung. Denn die Pornofilter sind der erste Schritt in eine unkontrollierte Zensur. Wer Gewalt, Menschenhandel und Pornografie den Kampf ansagen will, sollte sozialpolitische Maßnahmen ergreifen und Probleme an der Wurzel bekämpfen. Doch davon ist im Regierungsprogramm wenig zu lesen.

Benjamin Weiser

Titelbild: APA Picturedesk

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Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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