Freitag, März 29, 2024

“Elli” und die Bauern – Durch dick und dünn

Durch dick und dünn

Die EU will Förderungen für die Bauern deutlich kürzen: geht es nach den Plänen der EU-Kommission, sollen die EU-Mittel für den Agrarbereich gekürzt werden. Für Österreichs Bauern würde das jährlich bis zu 120 Millionen Euro weniger bedeuten. Im Interview im Ö1-Morgenjournal sagte die Landwirtschaftsministerin, sie werde sich klar gegen diese Kürzungen einsetzen.

Wien, 17. Jänner 2020 / Um die Förderung der Landwirtschaft ist es weder in Österreich, noch in der EU schlecht bestellt. Die Landwirtschaft ist mit mehr als einem Drittel der größte Posten im EU-Budget. Europaweit werden von der EU 56,5 Milliaren Euro dafür ausgegeben. Österreich steht jährlich ein Agrarbudget von 1,9 Milliarden Euro zur Verfügung – 61 Prozent davon aus dem EU-Topf, der Rest von Bund und Ländern. 70 Prozent aller EU-Mittel, die Österreich erhält, fließen in die Landwirtschaft und die „ländliche Entwicklung“.

EU-Budget soll gekürzt werden

Angesichts des “Brexit”, dem Austritt Großbritanniens und damit des zweitgrößten Nettozahlers aus der EU, gibt es Konsequenzen fürs Budget: 2021 bis 2027 stehen Einsparungen bevor, die auch Landwirtschafts-Förderungen betreffen sollen. Sollten Kürzungen kommen, verspricht das türkis-grüne Regierungsprogramm einen Ausgleich auf nationaler Ebene. Dies bekräftigte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) im Ö1 Morgenjournal am Freitag erneut. Wo das Geld allerdings herkommen sollte, ließ sie unbeantwortet.

Bauern und die ÖVP

Bauern sind in Österreich eine mächtige und einflussreiche Gruppe: wären die Bauern nicht, käme die ÖVP um einen großen Teil ihrer Wähler. Landwirtschaftskammer, Bauernbund und ÖVP – das Triumvirat Österreichs. Zahlreiche ÖVP-Politiker sind gleichzeitig auch Landwirte oder kommen aus Landwirt-Familien.

Türkis-Grün überhäuft Bauern mit Zuckerln

Die ÖVP und mit ihr die Bauern lassen sich’s gut gehen: so sieht das Regierungsprogramm von Türkis-Grün nicht nur den nationalen Ausgleich durch Steuergelder im Falle der Kürzung von EU-Mitteln vor, sondern auch eine Reihe von Änderungen im Sozialversicherungsrecht, die den Bauern zu Gute kommen. Der Abzug ihrer Mindestpension wird von 13 auf 10 Prozent reduziert – das erspart laut Sozialversicherung der Selbstständigen, der die Bauern jetzt angehören, den Landwirten in Summe 10,5 Millionen Euro. Künftig gelten höhere Beitragspflichten zur Pensionsversicherung, die aber der Bund abdecken soll. Dadurch entstehen später höhere Pensionsansprüche – dies gilt für alle Jungbauern bis zu 27 Jahren. Darüber hinaus profitieren 4.500 Landwirte von einer Beitragsreduktion in ihrer Krankenversicherung. Auch steuerrechtlich gibt es Zuckerl – und nicht zuletzt profitieren sie natürlich auch von der geplanten Einkommenssteuer-Tarifsenkung.

“Elli” geht mit Bauern durch dick und dünn

Im Ö1-Morgenjournal am Freitag bekräftigte Elisabeth Köstinger, dass, egal was komme – EU-Budget-Kürzungen oder nicht – die Bauern keine Kürzungen befürchten müssten. Denn der Bund würde für die notwendige Differenz aufkommen. Oder besser gesagt: der Steuerzahler. Österreich möchte weniger ins Gesamtbudget der EU einzahlen, als EU-Kommission und Parlament fordern. Ob es das türkise Wnschkonzert spielen wird? Köstinger meinte gegenüber Ö1 jedenfalls, dass Österreich „hart verhandeln“ werde. Sie fordere ein Umdenken in der europäischen Agrarpolitik, da immer noch die Agrarindustrie gefordert würde, hingegen „ehrliche Familienbetriebe ins Hintertreffen“ kämen. Weiters sagte Köstinger im Interview, sie hoffe, „dass um die gesamte Klimadiskussion ein Umdenken stattfindet“. Wie konkret dieses Umdenken aussehen sollte, wie und wohin die Gelder ihrer Meinung nach fließen sollten, erläuterte die Landwirtschaftsministerin allerdings nicht. Köstinger erhoffe sich, dass große Staaten wie Deutschland oder Frankreich ebenso umdenken und „mit uns Allianzen bilden“.

Deutschland: Die Bauern brodeln

Bei den deutschen Bauern könnte Köstinger durchaus eine Allianz finden: seit Monaten demonstrieren deutsche Landwirte mit teils Aufsehen erregenden Aktionen. So auch heute wieder: bei der Agrarmesse „Grüne Woche“ in Berlin. Landwirte haben sich dort rund um das Brandenburger Tor, samt ihren Traktoren, versammelt. Sie sind sauer: Sie bekämen zu wenig Wertschätzung – und zu wenig Geld für das, was sie produzieren. Außerdem wehren sie sich gegen immer strengere Umwelt- und Tierschutzauflagen, und gegen die vorgesehene Verschärfung der Düngeordnung, die auf Drängen der EU kommen wird.

EU-Landwirtschaftskommissar ganz bei Köstinger

Die Agrarspitze Österreichs freut sich: EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski hat sich klar gegen die bisher angekündigten Kürzungen im künftigen EU-Agrarbudget ausgesprochen. “Er hat mit Österreich einen starken Partner an seiner Seite”, sagte Elisabeth Köstinger im Vorfeld der Agrarmesse “Grüne Woche” in Berlin.

„Die Bauern“ sind jedenfalls keine homogene Masse. Den Großteil machen in Österreich aber immer noch jene aus, die konventionelle Landwirtschaft betreiben – die nicht gerade im Sinne der Umwelt und des Klimas arbeitet. Ein Umdenken, wie Elisabeth Köstinger es fordert, ist nicht nur auf EU-Ebene nötig, wie man aus Wissenschaftskreisen hört. Auch die Landwirte selbst sind laut Klimaexperten gefordert, im Sinne ihrer eigenen Zukunft, umzudenken.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk; Grafik: ZackZack

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