Donnerstag, April 25, 2024

Pflegeheime: Volksanwaltschaft meldet zahlreiche Menschenrechtsverletzungen

Die Volksanwaltschaft kritisiert Menschenrechtsverletzungen in Pflegeheimen. Gründe dafür sollen vor allem mangelnde finanzielle Mittel und zu wenig Personal sein, so Volksanwalt Bernhard Achitz am Mittwoch in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den beiden Arbeiterkammer-Präsidenten Johann Kalliauer (Oberösterreich) und Erwin Zangerl (Tirol).

Wien, 4. März 2020 / Die Volksanwaltschaft prüft mit ihren Kommissionen öffentliche und private Einrichtungen, in denen Menschen in ihrer Freiheit beschränkt sind oder beschränkt werden können. Dazu zählen neben Gefängnissen auch Psychiatrien sowie Alten- und Pflegeheime. In letzteren würden dabei auch “akute Verletzungen der Menschenrechte” festgestellt, erklärte Achitz. Ein selbstbestimmtes Leben sei auch für Heimbewohner ein Menschenrecht ebenso wie eine gewaltfreie, qualitativ hochstehende Pflege. Das Pflegepersonal tue sein bestes, mit den bestehenden Rahmenbedingungen könne das aber nicht immer gewährleistet werden, erklärte Achitz. Vor allem die personellen und finanziellen Ressourcen reichten oft nicht aus.

Menschenrechtsverletzungen bei der Hälfte aller untersuchten Einrichtungen

Rund zehn Prozent der von den Kommissionen untersuchten Einrichtungen seien vorbildhaft ohne Beanstandungen. In 90 Prozent der Einrichtungen gebe es Verbesserungsvorschläge und in rund der Hälfte dieser Fälle gebe es “akute Dinge, die als Menschenrechtsverletzung zu qualifizieren sind” und die sofort behoben werden müssten, erläuterte der Volksanwalt. Das reiche von Abendessen schon am Nachmittag und vorzeitiger Nachtruhe über Freiheitsentzug durch schwer zu öffnende Türen oder Liftsperren bis zu medikamentöser Ruhigstellung oder mangelnder Hygiene.

Forderung: Mehr Geld und qualifiziertes Personal

Ausreichende finanzielle Mittel und entsprechend qualifiziertes Personal sind für den Volksanwalt der Schlüssel für menschenwürdige Bedingungen. “Steht das Personal unter Zeitdruck, steigt das Risiko für Menschenrechtsverletzungen, weil nur noch das Notwendigste erledigt werden kann”, erklärte Achitz. Und Kalliauer assistierte, dass sich die Betreuung oft auf die Formel “warm, satt, sauber” reduziere und für die Zuwendung keine Zeit bleibe.

Personalmangel: Betten in Pflegeheimen stehen leer

Der oberösterreichische AK-Präsident kritisierte, dass die Berechnungen für die Personalausstattung sich seit den 90er Jahren nicht geändert haben, obwohl heute andere Anforderungen gelten. So sei etwa der steigende Betreuungsbedarf für die erhöhte Zahl an Demenzpatienten nicht berücksichtigt. Für die nötigen Dokumentationen hat die oberösterrreichische AK eine Software entwickelt, Ziel sei es, diese in ganz Österreich anwenden zu können. Sein Tiroler Kollege Zangerl teilte mit, dass allein in seinem Bundesland bis zu 200 Betten in Pflegeheimen leer stehen, weil nicht genügend Personal zur Verfügung stehe. Er forderte, nicht nur Jugendliche zur Pflegeausbildung zu motivieren, sondern auch Modelle für Quereinsteiger anzubieten und Aussteiger zur Rückkehr in den Beruf zu bewegen.

Forderung nach einer 35 Stunden-Woche

Die von der Gewerkschaft in den KV-Verhandlungen der Sozialwirtschaft geforderte 35 Stunden-Woche ist sowohl für Kalliauer als auch für Zangerl eine von mehreren Möglichkeiten die Belastungen für die Beschäftigten zu reduzieren und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Achitz wollte darauf nicht direkt eingehen. Die Schlüsse müsse nicht die Volksanwaltschaft, sondern die Politik und die Sozialpartner ziehen. Die Rückmeldungen der Beschäftigten zeigen jedoch, dass die Belastungen sehr hoch seien, was zu Ausfällen beim Personal führe, wodurch wiederum die Betreuungsqualität leide, sagte der Volksanwalt.

(apa)

Titelbild:Pixabay

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