#1450
Als eine der ersten Anlaufstellen im Falle eines Corona-Verdachts wird von den Behörden die Gesundheitshotline 1450 genannt. Seit Auftreten des Coronavirus in Österreich hat sich die Anruferzahl vervielfacht – die Hotline ist total überlastet. Anrufer berichten von vielen Stunden Wartezeit, ausbleibenden Rückrufen und Abbruch der Verbindung.
Wien, 12. März 2020 / In Sozialen Medien häufen sich Postings und Tweets von Österreichern zur Gesundheitshotline 1450. Viele der Anrufer geben nach langem Warten auf und legen auf, andere berichten davon, mehrmals aus der Leitung geflogen zu sein. Die Zuständigkeit für die Hotline liegt jeweils bei den Ländern. Die jeweiligen Betreiber stocken laufend Personal auf, doch sie kommen dem rasenden Anstieg an Anrufen nicht nach: Auf Twitter berichten Anrufer von bis zu 7 Stunden Wartezeit.
22 Mal so viele Anrufer
Die Gesundheits-Hotline existiert österreichweit. Wien war Vorreiter und führte sie bereits 2017 ein, seither wurden durchschnittlich 300 Anrufe pro Tag verzeichnet, die von einem 30-köpfigen Mitarbeiter-Team rund um die Uhr entgegengenommen wurden. Seit das Coronavirus sich auch in Österreich ausbreitet, schießt die Zahl der Anrufer täglich noch weiter in die Höhe – am Mittwoch waren es 6.643 Anrufer. Die Folgen des rasanten Anrufer-Anstiegs: Hohe Wartezeiten und Überlastung.
Thread: Wartezeiten beim Gesundheitstelefon 1450. Wir bitten um Verständnis, dass es zu längeren Wartezeiten kommt und versuchen, laufend gegenzusteuern. Das Callvolumen ist in Wien mittlerweile auf das 22-Fache gestiegen – 6.643 Anrufe gestern allein in Wien. #coronavirus #wien
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) March 12, 2020
Der Pressesprecher von Stadtrat Peter Hacker bittet via Twitter um Verständnis für lange Wartezeiten.
Wartezeit im Schnitt eine Stunde
Im Durchschnitt beträgt die Wartezeit für ein Infogespräch bei der Wiener Hotline 18 Minuten. Sollte ein Verdachtsfall vorliegen, wird der Anrufer weitergeleitet, um diesen abzuklären. Auf das Abklärungs-Gespräch wartet man im Schnitt erneut 40 Minuten. Im Schnitt – heißt, auf 24 Stunden gerechnet. Wenn also der Großteil der über 6.000 Anrufer jeweils am Vormittag und am späteren Nachmittag erfolgt, ist von weitaus längeren Wartezeiten auszugehen.
Also lieber Österreicher, falls ihr infiziert seid einfach 1450 anrufen.
Sehr wahrscheinlich seid ihr wieder gesund, bevor ihr irgendwen erreicht.
Oder tot. #COVIDー19— Phi RI (@Phirieee) March 11, 2020
Zahlreiche Tweets wie dieser dokumentieren das Versagen der Anlaufstelle.
Dringender Personalbedarf
In Wien wurde seit Auftreten des Coronavirus in Österreich das Mitarbeiter-Team bereits von 30 auf 120 vervierfacht. Ein Sprecher des Fonds Soziales Wien, der die telefonische Gesundheitsberatung 1450 in Wien betreibt, teilte ZackZack auf Anfrage mit:
“Vor drei Wochen hatten wir 30 Mitarbeiter, mittlerweile haben wir auf über 120 aufgestockt. Wir sind laufend dran, zusätzliches Personal einzusetzen, aber dafür sind spezielle Schulungen nötig, und ein Teil der MitarbeiterInnen muss diplomiertes Krankenpflege-Personal sein, die ebenfalls spezielle Schulungen brauchen, um für die Gesundheitsberatung arbeiten zu können. Uns ist sehr wichtig, dass die Qualität trotz hohem Anrufvolumen nicht leidet, gerade wenn es darum geht, zu klären, ob ein Corona-Verdachtsfall vorliegt.”
Fast täglich würden derartige Schulungen starten. Auch Oberösterreich sucht dringend nach Personal für die Hotline und adressiert Medizinstudenten direkt:
? Alle Medizinstudierende aufgepasst ?
Das Bundestministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung ersucht um deine Unterstützung bei Anfragen zum #Coronavirus über die Gesundheitshotline 1450.
Wir brauchen dich jetzt und bedanken uns für deinen Einsatz! ?♀️?♂️#COVID19 pic.twitter.com/DJxOiQxgZq— JKU – Johannes Kepler Universität Linz (@jkulinz) March 12, 2020
ECTS-Punkte für Mitarbeit: Die Johannes Kepler Universität Linz ruft gemeinsam mit dem Roten Kreuz Medizinstudenten dazu auf, bei der Gesundheitshotline mitzuarbeiten. Für 20 Stunden Arbeit erhalten sie je einen ECTS-Punkt.
Verzweiflung unter vergeblichen Anrufern
Trotz der Bemühungen und Taten von Seiten der Behörden ist die Hotline dem Ansturm nicht gewachsen. Bei vielen Anrufern löst die Überlastung der Gesundheitsnummer Verzweiflung aus. Sie werden aus der Leitung geworfen, ein Rückruf wird versprochen und kommt nicht:
1450 ist aktuell garnichtmehr erreichbar, wir warten hier daheim seit über 24h auf nen rückruf als verdachtsfälle das ist wirklich ungut.
— gries (@griesx) March 12, 2020
Von Verzweiflung bis Flehen: Das nicht-Erreichen der Hotline, wenn man glaubt ein Verdachtsfall zu sein, macht vermutlich nicht nur diesem Betroffenen Angst.
was aber nicht miteingerechnet ist: bei symptomen wird man nicht getestet (nur bei kontakt od reisen in risikogebieten) – hab nach 7 std warteschleife gerade eben mit 1450 telefoniert. also ist die dunkelziffer viel höher als die ofiziellen zahlen.
— Mowa (@Mon8wal) March 11, 2020
Diese Twitter-Nutzerin twittert von 7 Stunden Wartezeit in der Hotline.
Keine guten Nachrichten
Eigentlich dient die 1450-Hotline als Anlaufstelle für allerlei Anfragen betreffend Gesundheit bzw. möglicher Krankheit. Derzeit wird sie jedoch vermehrt in Zusammenhang mit dem Coronavirus in Anspruch genommen. Die Behörden verweisen auf sie, sollte man sich für einen Verdachtsfall halten. Derer gibt es offenbar zu viele, und getestet wird, wie im obigen Tweet erwähnt, auch nur in ganz speziellen Fällen. Die Situation ist für viele beunruhigend, ja Panik auslösend, wirft man einen Blick in die Sozialen Netzwerke. Und das nicht ohne Grund: Was tun, wenn man tatsächlich am Coronavirus erkrankt ist und mehrmals aus der Hotline fliegt? Die Idee ist gut, und die Zuständigen versuchen, dem Bedarf nachzukommen. Dennoch ist es nicht genug, und laut Experten stehen wir erst am Beginn der Epidemie. Unter dem Hashtag #1450 sind immer mehr verzweifelte Posts zu finden, die auch – wie der oben angeführte Tweet – die Entscheidung über die Durchführung eines Tests kritisieren. Diese wird ZackZack in einem morgigen Folgeteil näher beleuchten.
(lb)
Titelbild: Pixabay