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Schluss mit der Salamitaktik! – Kommentar

Kommentar

Die Regierung gibt uns derzeit Informationen nur häppchenweise. Message-Control im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist ganz und gar nicht vertrauensbildend.

Wien, 16. März 2020 / Schon am Freitag war klar: Es wird Ausgangssperren geben. Die Dementis der Regierung klangen derart lahm und passiv-aggressiv, dass eigentlich kein Zweifel mehr bestand, zumal die Maßnahme grundvernünftig ist. Trotzdem gab es eine Reihe von Journalisten, die entsprechende Recherchen ihrer Kollegen einfach vom Tisch wischten. Die Regierung hat gesagt, das kommt nicht, also kommt es auch nicht. Unter den Gläubigen waren auch solche Kolleginnen und Kollegen, die sonst durchaus sehr kritisch sind. Die Sache wirft eine wichtige Frage auf: Darf die Regierung die Bevölkerung in der Krise belügen?

Message-Control deluxe

Die Versuchung, sich jetzt hinter einem Anführer zu versammeln und den einfach einmal machen zu lassen, ist natürlich groß. Kurz und Kogler bedienen gerade jene, die Angst haben, die wollen, dass man sich um sie kümmert. Ganz nach der josephinischen Maxime tun sie im Moment “alles für das Volk, nichts durch das Volk”. Denn ein ehrliches Bemühen um kompetentes Krisenmanagement ist den Regierenden kaum abzusprechen. Folgenschwere Pannen und Versäumnisse wie in Tirol wird es hoffentlich nicht mehr geben, jetzt, da die Krisenstäbe das Kommando übernommen haben und die Minister offenbar auf sie hören.

Dass die Tiroler Katastrophe lange vertuscht und Landeshauptmann Platter vom Kanzler noch ausdrücklich gelobt wurde, zeigt aber, dass diese Regierung in Sachen Kommunikation nicht aus ihrer Haut kann. Seit über einer Woche betreibt sie Message-Control deluxe. Schon am Dienstag hatte Sebastian Kurz durchblicken lassen, dass die ersten Schritte eines Mehrstufenplans in Kraft gesetzt wurden. Gut so! Aber warum verrät uns die Regierung nicht, was die folgenden Stufen sind? Dass wir Informationen nur in kleinen, vermeintlich leicht verdaulichen Happen erhalten, hat Betriebe, Schulen, Krankenhäuser massiv verunsichert. Gilt morgen noch, worauf wir uns heute mühsam einstellen? An der rollenden Kündigungswelle ist diese Taktik mit Schuld.

“Wer einmal lügt…”

In der gestrigen ZIB2 Spezial gab Kurz dann zu, dass die Regierung die Bevölkerung bezüglich Ausgangssperren absichtlich getäuscht hat, um keine Panik zu erzeugen. Das ist fatal,denn die Regierung hat dadurch ihre Unschuld verloren. In einer entscheidenden Frage, die tief in die Persönlichkeitsrechte der Bürger eingreift, hat sie uns belogen. Das Problem: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Der Vetrauensvorschuss ist weg. Schuld sind wir angeblich selbst: “Am Freitag kam es zu Hamsterkäufen”, argumentierte Kurz. No na ned! Wenn die Regierung sagt, man solle möglichst das Haus nicht mehr verlassen, macht natürlich alle Welt einen Wocheneinkauf, um nicht täglich in den Supermarkt zu müssen. Oder gibt’s vielleicht beim Billa kein Coronavirus?

Es stimmt, wir müssen unsere Regierung jetzt arbeiten lassen – tun wir auch. Wir, die Medien müssen unsere Arbeit aber auch machen. Und das bedeutet: Die Öffentlichkeit informieren und der Politik aufmerksam auf die Finger schauen, damit sie uns nicht täuscht. Der Souverän unseres Staates sind seine Bürger, nicht die Regierung. Der Souverän hat ein Recht darauf, von seiner Regierung wahrheitsgemäß und vollständig informiert zu werden. Deshalb: Schluss mit der Salamitaktik!

Thomas Walach

Titelbild: Pixabay

Thomas Walach kommentiert

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