Freitag, März 29, 2024

Deutsche Wirtschaft: Angst vor feindlicher Übernahme

In Berlin hat man nicht nur Angst vor einer schnellen Ausbreitung des Virus und föderalen Alleingängen. Laut Verkehrsminister Scheuer (CSU) und Finanzminister Scholz (SPD) bereite man sich darauf vor, einen etwaigen „Wirtschaftsangriff“ im Bereich Infrastruktur und Mobilität abzuwehren und die deutsche Wirtschaft zu schützen.

Berlin, 24. März 2020 / Deutschland steht, wie Österreich, vor einem Sturz in die Rezession. Das birgt mehrere Gefahren. Die volkswirtschaftliche Lage ist jedenfalls ernst: In der gestrigen Kabinettssitzung schnürte die Bundesregierung ein 750 Milliarden Euro schweres Hilfspaket. Es ist das größte derartige Paket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Es sieht neben Hilfen für Unternehmen auch soziale Absicherungsmechanismen vor.

„Wirtschaftsangriff“ verhindern

Nach Ansicht des Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) will man in Berlin deshalb auch vor „feindlichen Übernahmen“ gewappnet sein.

„Wir haben nicht nur einen viralen Angriff. Wir könnten auch einen Wirtschaftsangriff danach erleben“,

so Andreas Scheuer zur „Süddeutschen Zeitung“. Die Sorge ist, dass durch die Krise finanziell geschwächte Firmen ins Visier internationaler Investoren kommen könnten. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht das genauso. Das von der Merkel-Regierung geplante Hilfspaket solle die Unternehmen „auch vor unliebsamen Überraschungen“ schützen, sagte dieser ebenfalls der „Süddeutschen Zeitung“.

Scheuer betonte auch das weltweite Interesse an erfolgreichen deutschen Unternehmen, darunter im sensiblen Bereich Mobilität und Infrastruktur. Die Bundesregierung wolle deshalb dafür sorgen, „dass wir diese Pläne von außen abwehren“. Es gehe darum, „Wirtschaftskraft in Deutschland nach der Krise zu sichern“.

Der Schatten Chinas?

Die Angst vor feindlichen Übernahmen ist keine neue. Gerade die Debatte um chinesische Investitionen in Deutschland wird sehr emotional geführt. Der chinesischen Führung wird unterstellt, über Unternehmensbeteiligungen indirekt polit-ökonomischen Einfluss auf Europa ausüben zu wollen. Aufgrund des chinesischen Staatskapitalismus kann man im 1,4 Milliarden Einwohner starken Land nicht zwischen Politik und Wirtschaft unterscheiden. Dass es sich bei den geäußerten Bedenken der Bundesregierung um China handelt, ist dabei nicht unwahrscheinlich. Stand Mitte 2019 wurden mindestens 155 Unternehmen allein in Bayern von chinesischen Investoren aufgekauft.

Die 5G-Drohung

Auch im Zuge des 5G-Streits gab es von deutscher Seite die Angst chinesischer Einflussnahme. Der größte Handelspartner Deutschland könnte jedenfalls beim 5G-Ausbau in Deutschland außen vor gelassen werden. Das stößt der chinesischen Führung sauer auf: So drohten Diplomaten bereits mehrmals mit ernsthaften Konsequenzen, sollte der chinesische 5G- und Mobilfunkanbieter Huawei bei den Plänen Deutschlands keine Rolle spielen. Das Handelsvolumen der Bundesrepublik mit China beträgt stolze 200 Milliarden Euro jährlich. Von deutscher Seite, sowohl aus Wirtschaft und Politik, hieß es in der Vergangenheit, man müsse in den nächsten Jahren die Gefahr chinesischer Datenspionage minimieren. Neben der Telekommunikationsbranche ist die Angst aber vor allem auch bei den Autobauern spürbar.

Von „feindlicher Übernahme“ spricht man in der Regel, wenn ein Investor ein Unternehmen kaufen will und sich – ohne Absprache mit dem Vorstand, der Belegschaft oder dem Aufsichtsrat – direkt an die Eigentümer wendet. Oft ist damit auch, trotz vorhergehender Ankündigung, die ablehnende Haltung des Managements gegenüber solchen Schritten gemeint.

(wb/Agenturen)

Titelbild: APA Picturedesk

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