Donnerstag, März 28, 2024

Ministerin Raab auf türkiser Linie: Antworten auf nie gestellte Fragen

Antworten auf nie gestellte Fragen

Im ORF-Talk “1” am Donnerstag beantwortete ÖVP-Ministerin Raab nicht die Fragen, die ihr gestellt wurden. Die Zuschauer erhielten allerhand mehr oder weniger relevante Informationen – nur keine Antwort auf die Fragen zum Budget für Frauen und Gewaltschutz.

Wien, 3. April 2020 | Es ist schon gar keine Überraschung mehr: Man schaltet den Fernseher ein, es geht um irgendetwas mit Corona und irgendein Minister oder eine Ministerin antwortet auf Fragen, die nicht gestellt wurden. Frauenministerin Susanne Raab glänzte in dieser Hinsicht wieder ganz türkis am Donnerstag im Talk 1 des ORF.

Zu wenig Mittel im Bereich Gewaltschutz – auch ohne Corona

Moderatorin Lisa Gadenstätter hatte im Vorfeld Rosa Logar, Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt, gesprochen. Angesichts der Corona-Krise sei die Zahl der Polizeimeldungen an Wiener Frauenhäuser in den letzten zwei Wochen um rund 20 Prozent gestiegen. Rosa Logar wies im Interview erneut – wie es aus dem Bereich der Gewaltschutz- und Fraueneinrichtungen bereits gebetsmühlenartig zu vernehmen ist – darauf hin, dass Gewaltschutzeinrichtungen zu wenig Mittel bekämen, um ihre Arbeit machen zu können. Das gelte auch für die Zeit lange vor der Krise.

Reichen 20.000 Euro für die Frauenhelpline aus?

Frau Gadenstätter griff das Thema der Mittel für Gewaltschutz sogleich auf – und befragte Ministerin Raab dazu. Die Zusammenfassung ist einfach: Antworten gab es keine.

Angesichts der Krise und steigender Zahl von Anrufern bei der Frauenhelpline sind einmalig 20.000 Euro locker gemacht worden, mit denen auch die Online-Beratung weiter ausgebaut wird. Es sei klar, dass die Anfragen massiv steigen würden. Moderatorin Lisa Gadenstätter stellt die entscheidende Frage:

Sind 20.000 Euro angesichts der Corona-Krise und steigender Fälle häuslicher Gewalt genug Geld?

Die Antwort der Frauenministerin

Die Antwort von Raab: Allerlei Infos zur Helpline. Sie betonte, dass Frauen, die häusliche Gewalt erleben, sich bei dieser Helpline melden sollten, die würde das 24/7 erledigen. Und: Jeder Frau werde geholfen.

Lisa Gadenstätter probierte noch einen Anlauf:

„Aber die 20.000 Euro, reichen die?“

Ministerin Raab blieb ihrer türkisen Linie treu. Die ÖVP-Politikerin sprach alles Mögliche an, nur nicht die eingangs gestellte Frage: Die Zuschauer erfuhren plötzlich vom Gesamtbudget, das unabhängig von der Corona-Krise der Frauenhelpline zusätzlich zur Verfügung gestellt wird, oder dass die Helpline in verschiedenen Sprachen beantwortet werden könne. Außerdem gäbe es von der Regierung vier Millionen Euro für den Gewaltschutz.

Hier sehen Sie einen kurzen Ausschnitt des Frage-Antwort-Spiels.

Keine Ziele für Frauen- und Gewaltschutzbudget

Auch in Sachen Gesamtbudget für Gewaltschutz – unabhängig von der Corona-Krise – erhielt Lisa Gadenstätter keine Antworten auf ihre Fragen. 210 Millionen Euro seien laut Expertinnen für den Gewaltschutz nötig, wenn man ihn ernstnehme und nachhaltig etwas bewirken wolle. Bisher sind lediglich ein paar Millionen Euro beschlossen worden. Frau Gadenstätter stellte also die entscheidende Frage:

„Wie wollen Sie für diese 210 Millionen Euro kämpfen?“

Keine Akzeptanz von Gewalt, aber kein Geld dafür

Der Ministerin war es wichtig, zu sagen, dass es jetzt in der Krise ein Angebot für gewaltbetroffene Frauen gebe, wo sie sich hinwenden könnten. Außerdem wurde das Frauenbudget seit 10 Jahren das erste mal erhöht. Und: Gewalt in unserer Gesellschaft gegen Frauen und Kinder dürfe man nicht akzeptieren. Daher sei sie froh, dass nun vier Millionen in Gewaltschutz investiert würden.

Playback-Interview?

Frau Gadenstätter blieb während des Interviews bewundernswert hartnäckig und stellte die Frage noch einmal, nur etwas anders:

Wenn es also 210 Millionen Euro bräuchte, wie weit planen Sie, da noch hinaufzugehen? Was soll da im Gewaltschutz-Budget noch dazukommen, zusätzlich zu den 4 Millionen, die es jetzt gibt?

Frau Raab schwenkte noch einmal zurück zur Corona-Krise: Wenn es dadurch mehr Kapazitäten brauche, würden diese aufgestockt werden. Denn: es sei wichtig, dass jede von Gewalt betroffene Frau sich irgendwohin wenden könne.

Interessantes Detail

Die Frauenhelpline sei zudem personell und finanziell gut aufgestockt, verlautbarte die Ministerin am Ende ihres Interviews. Dann sagte sie die Hotline-Nummer noch auswendig auf, und wo diese Nummer überall in Supermärkten aufgehängt und sichtbar sei. Ihr Angebot an Frauen sei daher, das Angebot anzunehmen.

Sind die 20.000 Euro also genug? ZackZack hat bei der Helpline direkt nachgefragt. Maria Rosslhumer, die Geschäftsführerin des Vereins Autonome Frauenhäuser, der die Helpline betreibt, sagte gegenüber ZackZack, es hänge davon ab, wie lange die Krise dauern würde. Wenn sie um Ostern herum zu Ende sei, würde es sich ausgehen. Wenn sie länger dauere, dann nicht.

So einfach kann es sein.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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