Samstag, April 20, 2024

Die JVP und der Umgang mit Daten: Nach Stellungsladung sofort Flyer verschickt

Nach Stellungsladung sofort Flyer verschickt

Gerade die ÖVP stand in der Vergangenheit wegen ihres kreativen Umgangs mit der Wählerevidenz in der Kritik. Die JVP Oberösterreich erzürnt nun einen Vater, dessen Sohn nach der Ladung zur Stellung sofort mit JVP-Infomaterial „versorgt“ wurde.

Linz, 14. April 2020 | In Oberösterreich sorgt die Junge Volkspartei für Unmut bei Eltern eines jungen Mannes, der von der örtlichen Stellungskommission zur Stellung Anfang April geladen wurde. Die Jung-Türkisen hatten ihm unmittelbar nach der Ladung Infomaterial zu einer JVP-Veranstaltung zukommen lassen.

Vater erzürnt

Im Flyer steht wörtlich:

„In wenigen Wochen kommst du zur Stellung, ein wichtiges Datum in deinem Leben.“

Die Fragen, die darunter aufgelistet werden, sollten eigentlich vom Militär bzw. der Stellungskommission beantwortet werden können. Eine Parteiveranstaltung hierzu ist allenfalls nur ein ergänzendes, aber vor allem ein PR-Event.

Der Flyer stieß bei der Familie, die sich anonym an ZackZack wandte, allerdings auf wenig Gegenliebe. Im Hause M. (Name von der Redaktion geändert) fragt man sich, ob ein derartiges Vorgehen üblich und rechtens sei. Schließlich müssen der Teilorganisation der ÖVP die privaten Daten des Sohnemanns vorab bekannt gewesen sein. Die Familie ist jedenfalls nicht nach Erlaubnis gefragt worden.

Missbrauch der Wählerevidenz?

Die Diskussion um parteipolitische Nutzung personenbezogener Daten ist nicht neu. Rund um die Causa BVT hatte es riesige Aufregung gegeben, da eine ÖVP-Privatdatenbank in die Hände des Ex-Spionagechefs des BVT gelangte. Die ÖVP berief sich damals darauf, dass die Einsicht in die Wählerevidenz und damit die Nutzung der Daten für eigene Zwecke rechtmäßig sei. Man wisse allerdings nicht, wie dieses sensible Dokument in die Hände des BVT-Mannes gelangen konnte.

Auch in Niederösterreich stand die ÖVP wegen einer äußerst „kreativen“ Nutzung der Wählerevidenz in der Kritik. Hier hatte man nichtamtliche, vorausgefüllte Stimmzettel verschickt. Auch die Streichung von Bürgern aus Wählerregistern in niederösterreichischen Gemeinden sorgte für Aufruhr, wie ZackZack umfassend berichtete.

Das Wählerevidenzgesetz regelt in §5 Abs. 2 die Einsichtnahme in die Wählerevidenz:

„(2) Die in allgemeinen Vertretungskörpern vertretenen Parteien können überdies aus der Wählerevidenz für Zwecke des § 1 Abs. 2 des Parteiengesetzes 2012, BGBl. I Nr. 2012/56, sowie für Zwecke der Statistik Abschriften herstellen. Der Empfänger der Abschriften hat den betroffenen Personenkreis in geeigneter Weise zu informieren.“

„In geeigneter Weise“ informiert fühlt sich die Familie jedenfalls nicht.

JVP OÖ: Alles legal

Fraglich ist, wie die JVP so schnell reagieren konnte. Laut Familie sei der Flyer „kurz darauf“ eingetroffen, sprich kurz nach der Ladung durch das Bundesheer. ZackZack richtete deshalb Fragen an die JVP, deren Vertreter am Telefon keine Auskunft erteilen wollte. Man würde um eine schriftliche Anfrage ersuchen, die man ebenfalls schriftlich beantworten würde.

In der schriftlichen Antwort am Nachmittag ging man auf die Fragen ein. Vonseiten der JVP OÖ hieß es, man habe die Daten aus der Wählerevidenz bezogen – unter Nennung der gesetzlichen Grundlage (siehe oben). Weiters haben man sich via öffentliche Kundmachung über die Stellungsdaten informiert. Alles legal. Die Familie störte es trotzdem.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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