Mittwoch, April 24, 2024

Umweltmediziner Hutter: “Öffnungen sind nötig”

Umweltmediziner Hutter:

Hans Peter Hutter, Umweltmediziner und stellvertretender Leiter des Zentrums für Public Health der MedUni Wien sieht im ZackZack-Interview die Gefahr, dass Sorge und Existenzängste überhandnehmen. Eine Rückkehr zur Normalität sei auch aus medizinischen Gründen nötig.

ZackZack: Wie sieht inmitten der Epidemie Alltag von Umweltmedizinern aus?

Hutter: Wir beobachten täglich den Verlauf der Neuerkrankungen und Todesfälle, sowie der gemeldeten Fälle und berechnen Modelle, um den weiteren Verlauf der CoVID19 Infektionen abzuschätzen.

Wir untersuchen auch die Folgen der Maßnahmen – darunter auch jene die vielen von uns nun zu schaffen machen, wie Bewegungsmangel, Ernährungsprobleme oder psychische Probleme. Wir untersuchen aber auch, wie sich die Abnahme der Konzentration der Luftschadstoffe auswirkt und werden nach der Krise prüfen, ob sich die Einstellung der Bevölkerung zu Umweltthemen geändert hat.

Wie schätzen Sie die derzeitige Situation in Österreich ein?

Die drastischen Maßnahmen der letzten vier Wochen haben zu einem großen Erfolg hinsichtlich der Eindämmung der Ausbreitung des Virus geführt, der selbst uns überrascht hat. Wir haben nicht damit gerechnet, dass sich Herr und Frau Österreicher so weitgehend an die Empfehlungen halten werden. Die nun anstehenden Lockerungen müssen unter Einhaltung bestimmter Maßnahmen erfolgen, sonst war der Shutdown sinnlos. Das scheint allen klar zu sein.

Die Öffnungen sind nötig, da die negativen gesundheitlichen Konsequenzen sonst überhand nehmen, aber auch die Sorge um den Arbeitsplatz und Existenzängste.

Seit ein paar Tagen sind nun die Geschäfte offen. Denken Sie, dass diese Lockerungen schon gerechtfertigt sind?

Wir sind mit den Lockerungen sehr einverstanden. Eine stufenweise Rücknahme der Einschränkungen haben wir auch in einem offenen Brief an den Rektor der Medizinischen Universität Univ.-Prof. Dr. Müller bekundet. Die Öffnungen sind nötig, da die negativen gesundheitlichen Konsequenzen sonst überhand nehmen, aber auch die Sorge um den Arbeitsplatz und Existenzängste. Diese würden Ausmaße annehmen, die für die psychische Gesundheit sehr schlecht sind. Nach diesen Lockerungen kommt nun eine heikle Phase. Wir werden sehen, ob es zu einem Anstieg der Infektionen kommt.

Wir haben nun mehr Bewegungsfreiheit, jedoch ist diese mit Verantwortung verbunden, damit die Lockerungen nicht wieder zurückgenommen werden müssen. Ich hoffe, dass es weiterhin so gut funktioniert und die Bereitschaft der Menschen da ist, weiterhin mitzuhelfen.

Wie kann das erreicht werden?

Die Menschen müssen motiviert werden, sich weiterhin so respektvoll gegenüber den Mitmenschen zu verhalten. Nicht alle Maßnahmen werden beliebt sein, aber die Bevölkerung wird leichter verstehen, dass wir da durchmüssen, wenn die Kommunikation zwischen Regierung, Behörden und Bevölkerung gut klappt.

In Dänemark wurden Anfang der Woche die Schulen wieder geöffnet, verbunden mit zahlreichen Auflagen. Ist das in Österreich auch bald möglich?

Wir sollten uns immer mehr der Normalität annähern, aber das geht nur unter bestimmten Voraussetzungen. Auch bei uns werden die Schulen wieder geöffnet werden, aber wir müssen gleichzeitig versuchen, die Infektion unter Kontrolle zu halten. So eine Umsetzung ist sehr schwierig. Da gab es in Dänemark sehr kreative Ideen und Lösungen, wie etwa, nicht alle Klassen zur selben Zeit in die Pause zu schicken. Wir haben bereits ähnliche Überlegungen angestellt. Es wird auch davon abhängen, wie kooperationsbereit die Lehrerschaft ist. So wird der Unterricht notgedrungen vorübergehend mit kleineren Klassen, d.h. aber auch mehr Stunden pro Lehrer, durchgeführt werden müssen.

Geschlossene Schulen und das damit verbundene Homeschooling ist für viele Familien und vor allem AlleinerzieherInnen sehr schwierig. Auch verwenden die Kinder jetzt vermehrt digitale Medien. Wozu führt diese Entwicklung?

Ich beobachte diese Entwicklung mit Besorgnis. Die Kinder dürfen nicht hinaus, um ihre Freunde zu treffen und suchen somit über Social Media Kontakt. So wird die ohnehin schon beträchtliche digitale Abhängigkeit – Stichwort Handysucht – nun zusätzlich verstärkt. Auch macht sich eine gewisse Lethargie breit. Wenn man lange zuhause ist, wird es immer schwieriger, sich aufzuraffen. So kommen manche Kinder überhaupt nicht mehr aus dem Bett. Dabei ist es für Kinder und Jugendliche besonders wichtig, hinaus zu gehen und sich zu bewegen.

Das Gespräch führte Sophie Hanak

Titelbild: APA Picturedesk

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