Donnerstag, März 28, 2024

“Kurz muss weg!” – Umstrittene Demonstration gegen Maßnahmen der Regierung

Umstrittene Demonstration gegen Corona-Maßnahmen

Am Freitag hat in der Wiener Innenstadt die erste Kundgebung seit Beginn der Corona-Maßnahmen stattgefunden. Mit Rufen wie „Kurz muss weg!“ und „Wir sind das Volk!“ machten die bunt zusammengewürfelten Teilnehmer ihrer Wut gegen die Maßnahmen der Regierung Luft. Die Polizei schritt bei der Auflösung der spontanen Kundgebung aggressiv gegen einen einzelnen Demonstranten ein, der im Anschluss von der Rettung versorgt wurde. ZackZack war vor Ort.

Wien, 25. April 2020 | Die “Initiative für evidenzbasierte Corona-Information” (ICI) hatte für Samstag eine Kundgebung angemeldet. Nachdem die Veranstaltung am Mittwoch untersagt und am Donnerstag schließlich doch von der Polizei genehmigt worden war, wurde sie am Freitag wenige Stunden vor Beginn spontan ein zweites Mal untersagt.

Die kurzfristige Untersagung sorgte dafür, dass es dennoch zu einer Ansammlung von Menschen am Helmut-Zilk-Platz vor dem Mahnmal gegen Krieg und Faschismus kam – spontan und ohne koordinierenden Veranstalter. Viele der Teilnehmer hatten noch nicht von der Absage erfahren, als sie zum Platz kamen, wie ZackZack vor Ort aus der Befragung von Teilnehmern erfuhr. Einige wussten auch im Vorfeld über die Untersagung Bescheid, kamen aber deshalb „erst recht“. ZackZack schätzt rund 200 Teilnehmende bei der Kundgebung.

Neben Menschen, die sich wegen aktueller demokratiepolitischer Entwicklungen besorgt zeigten, fanden sich auch Verschwörungstheoretiker, Impfgegener und eine Handvoll Rechtsradikale – angeführt von Identitären-Chef Martin Sellner – ein. Letztere sorgten für einen Eklat, indem sie sich vor das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus Alfred Hrdlickas stellten und “Wir sind die Juden” skandierten.

Wütend gegen “Entmündigung”

Polizei war zahlreich zugegen, beobachtete die Versammlung zunächst aus der Distanz. Spontan meldeten sich einzelne Teilnehmer zu Wort und hielten Wutreden auf die Maßnahmen der Regierung, forderten zum Zusammenschluss auf und warnten vor der “Entmündigung” durch die Regierung.

„Ich sehe nicht ein, dass wir entmündigt werden. Wer hat uns entmündigt? Ich will den Bescheid sehen. Wer hat das entschieden?“

Der Mundschutz werde zum Maulkorb, sagte einer der Teilnehmer:

„Warum sperr‘ ich die ganzen gesunden Menschen ein? Dass wir depressiv werden, nix mehr zu melden haben, dass wir uns unterdrücken lassen? Jeder einzelne Mensch in Österreich muss den Maulkorb absetzen. Wir müssen uns zusammenschließen! Die Menschenrechte sind unsere Rechte. Wir haben sie hier heute alle gemeinsam zu vertreten. Wir müssen sagen Nein, Stopp, wir lassen uns nicht mehr unterdrücken und wir lassen uns das nicht mehr gefallen!“

„Kurz muss weg!“

Einigkeit herrschte bei der ansonsten sehr heterogenen Gruppe hinsichtlich Sebastian Kurz: Er müsse weg, riefen die Teilnehmer im Sprechchor.

„Ziviler Ungehorsam steht uns zu. Wir haben das Recht darauf auf Grund unserer Verfassung, die nur durch eine Volksabstimmung aufgehoben werden kann!“,

rief eine Demonstrantin, deren Aussage durch einen lauten Chor von „Wir sind das Volk“-Rufen von der Menge gefeiert wurde.

Eine andere Demonstrantin wendete sich direkt an die anwesenden Polizeibeamten:

„Liebe Polizisten, ich fordere Euch friedlich auf: Bleibt menschlich! Wir wollen nur friedlich sagen, dass es so nicht geht! Wir wollen keinen Hass schüren. Wir wollen Einigkeit, und dass das Volk endlich wieder zusammenarbeitet. Kein rechts, kein links mehr. Kein Raucher oder Nicht-Raucher. Wir sind das Volk, jeder einzelne von uns, und ihr auch.“

Eine Handvoll Impfpgegner riefen Parolen gegen Impfpflicht, sie sahen durch die Corona-Krise Tür und Tor für die Einführung einer Impfpflicht geöffnet, vor der es zu warnen gelte.

Polizei versuchte, Verantwortung abzuschieben

Nach etwa zwei Stunden begann die Polizei, die Versammlung aufzulösen. Der behördliche Einsatzleiter der LPD Wien, der auf Nachfrage seinen Namen nicht preisgeben wollte, forderte zunächst Arzt Christian Fiala, eine der Unterstützer der ICI auf, die Versammlung aufzulösen. Da die Versammlung durch die Polizei untersagt worden war, gäbe es auch keine Verantwortung auf Seiten der ursprünglichen Veranstalter, erklärte Fiala gegenüber dem Einsatzleiter. Die Polizei schritt schließlich selbst ein und forderte die Teilnehmer via Lautsprecherdurchsage auf, den Ort zu verlassen.

Christian Fiala sagte gegenüber ZackZack:

Wenn die Polizei das auflösen möchte, sollen sie das tun. Das ist überhaupt nicht schwierig. Sie brauchen nur nach Ungarn gehen, und schauen, wie der Orban das macht. Wenn die Polizei in Österreich glaubt, das ist demokratisches Verständnis, dann sollen sie das so tun.“

Brutales Vorgehen der Polizei

Anschließend begannen die Beamten mit Identitätsfeststellungen der Teilnehmenden. Dabei kam zu einem Fall mutmaßlicher Polizeigewalt bei der Festnahme eines Demonstranten. Die Rettung musste den Mann anschließend versorgen.

Die Polizei setzte sich schließlich durch: der Platz leerte sich zunehmend, bis die Versammlung aufgelöst war.

Polizei kündigt Anzeigen an

Die Exekutive kündigte auch an, dass die Versammlungsverantwortlichen zur Anzeige gebracht werden, da sie diese trotz Untersagung abgehalten hatten. Außerdem sollen Anzeigen nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz erstattet werden. “Es ist auch zu prüfen, ob nicht strafrechtlich wegen der Verbreitung von übertragbaren Krankheiten ein Delikt verwirklicht worden sein könnte, egal ob vorsätzlich oder fahrlässig”, sagte Polizeisprecher Paul Eidenberger.

Initiative prüft rechtliche Schritte, Großkundgebung vor Bundeskanzleramt geplant

Die ICI prüfe den Untersagungs-Bescheid der Polizei hinsichtlich strafrechtlicher Relevanz und werde rechtlich umfassend dagegen vorgehen:

„Wir werden rechtlich gegen diesen Bescheid vorgehen und ihn auch hinsichtlich strafrechtlicher Relevanz überprüfen.“

Via Webseite hatte die Initiative die Kundgebung abgesagt. In einer Aussendung während der Demonstration rief sie erneut zum Respektieren der Untersagung auf und kündigte eine Großkundgebung für kommende Woche an. Details sollen folgen.

(red)

Titelbild: ZackZack

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