Staatsmilliarden trotz Kündigungswelle?
Die Staatsrettung der AUA-Mutter Lufthansa wird zum Krimi. Laut Insidern soll CEO Spohr nun für eine geordnete Insolvenz werben, um eine aktive Staatsbeteiligung, etwa inklusive Mitspracherecht bei Beschäftigung, zu verhindern. Was mit der Belegschaft geschieht, ist offen. Mittels Videobotschaft stimmte Spohr seine Mitarbeiter zuvor auf eine mögliche Kündigungswelle ein. ZackZack liegt ein Faksimile des Begleitschreibens vor.
Wien, 28. April 2020 | Eine Einigung zwischen AUA-Mutter Lufthansa und der deutschen Regierung auf einen milliardenschweren Rettungsplan steht nun doch nicht kurz bevor. Massive Differenzen zwischen Staat und Konzern schieben das Problem nun auf. Beide Seiten schweigen, die Mitarbeiter zittern um ihre Jobs.
Lufthansa-CEO droht mit geordneter Insolvenz
Im Raum stand zunächst eine Lufthansa-Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland in Höhe von rund neun Milliarden Euro, wie das Magazin „Business Insider“ berichtete. Im Gegenzug erhalte der Staat eine Sperrminorität und ein bis zwei Aufsichtsratsmandate, hieß es noch am Vormittag. Damit hätte sich die SPD gegen den Koalitionspartner CDU/CSU durchgesetzt. Die Union wollte nur eine „stille Beteiligung“, während SPD-Vertreter auf Mitspracherecht, etwa bei der Beschäftigungsentwicklung, gedrängt hätten.
Diese Einigung ist nun offenbar doch keine, was wohl auch an der faktischen Drohung von Spohr liegen dürfte. Der Lufthansa-CEO hatte, wie Insider berichteten, intern verlautbaren lassen, dass er im Zweifel lieber eine geordnete Insolvenz wolle als ein “Hineinregieren” des Staates. Nun will er nach Berlin fliegen, um persönlich mit der Regierung zu sprechen. Damit wird die Variante der aktiven Staatsbeteiligung nun wieder unwahrscheinlicher.
Neun Milliarden und Stellenabbau?
Der Poker um die Form der Staatsbeteiligung hat auch wegen einer Ankündigung seitens des Konzerns eine gewisse Brisanz. In einer Videobotschaft von Lufthansa-CEO Carsten Spohr im Mitarbeitermagazin “One” wurde die Belegschaft auf eine massive Kündigungswelle vorbereitet. Die Krise werde den Konzern bis 2023 begleiten. Zehntausende fürchten nun um ihren Job.
„Wir waren als erste Branche von dieser weltweiten Krise betroffen und die Luftfahrt wird mit die letzte sein, die sie verlassen wird”,
sagte der Lufthansa-Chef. Er sprach kryptisch von 10.000 Mitarbeitern als „rechnerischen Überhang“. Zuvor hatte die Lufthansa noch von 7000 Stellen gesprochen, die krisenbedingt wegfallen könnten. Spohr beteuerte zwar, dass man alles daransetzen werde, so viele Mitarbeiter wie möglich zu halten. Doch die Angst in der Belegschaft ist groß, wie uns mehrere Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen, bestätigen.
Faksimile der begleitenden Nachricht zur internen Videobotschaft.
Auch AUA will Steuergeld – reduziert Flotte und Stellen
Bei den Töchtern Swiss und Austrian Airlines stehen ähnliche Pläne im Raum. AUA-Chef Alexis von Hoensbroech hatte schon vor der Krise angekündigt, etliche Stellen abzubauen. Dieses Vorhaben könnte nun krisenbedingte Wirklichkeit werden. Mit der kolportierten rund 800 Millionen-Hilfe der Republik Österreich wolle man den Konzern „erhalten“.
Dass damit nicht unbedingt die Belegschaft gemeint sein könnte, zeigen die Pläne für die Reduzierung der Flotte. Diese könnte, wie das Portal „aerotelegraph“ schreibt, um bis zu 10 Flieger verringert werden, was bei ca. 70 Angestellten pro Flieger eine um 700 Stellen kleinere Belegschaft ausmachen würde.
Eine Beteiligung der Republik Österreich an der AUA sei laut Finanzminister Blümel möglich. Dieser spricht zwar von Garantien und Standortabsicherung, bleibt aber betont vage: „Ich schließe zum jetzigen Zeitpunkt nichts aus und präjudiziere nichts“, so Blümel. Man spreche sich mit Deutschland und der Schweiz hinsichtlich eines gemeinsamen Vorgehens ab. Die österreichische Bundesregierung hatte in den vergangenen Wochen stets betont, es stünde vor allem das Luftfahrt-Drehkreuz Wien oben auf der Prioritätenliste.
Dass das mit der Sicherung des Standorts bei gleichzeitiger Erhaltung von Jobs nicht so einfach ist, zeigt auch die Forderung der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler, die Staatshilfe an klimapolitische Forderungen zu knüpfen, „etwa ein Aus für Kurzstreckenflüge“. Auch das würde faktisch einen Stellenabbau nach sich ziehen.
(wb)
Titelbild: APA Picturedesk