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Aufregung um Blutspendeverbot für Schwule – Türkis-Grün stimmt gegen Aufhebung

Türkis-Grün stimmt gegen Aufhebung

Bei der Nationalratssitzung am Dienstag brachten die NEOS einen Antrag ein, der das Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer beenden soll. Die Regierungsparteien stimmten dagegen und brachten stattdessen einen eigenen Antrag durch: Statt der Aufhebung soll es einen Arbeitskreis zum Thema geben.

Wien, 29. April 2020 | Wer beim Blutspende-Fragebogen des Roten Kreuzes als Mann angibt, in den letzten zwölf Monaten Sex mit einem anderen Mann gehabt zu haben, darf kein Blut spenden. Diese Praxis wollten die NEOS mit einem Entschließungsantrag beenden. Der Antrag wurde abgelehnt. Statdessen brachten die Regierungsparteien einen eigenen Antrag zum Thema durch: Statt der Aufhebung kommt nur ein Arbeitskreis, der sich mit der Frage auseinander setzen soll.

Risikogruppe Schwule

Das Rote Kreuz, das über 95% der Blutspenden in Österreich abnimmt, argumentiert seine Ablehnung von Schwulen bei der Blutspende mit dem statistisch höheren HIV-Risiko in dieser Bevölkerungsgruppe. Viele könnten nur “schwer einsehen, warum einerseits dringend zur Blutspende aufgerufen und andererseits nicht jede Spender zugelassen” werde. Aber: “Männer, die Sex mit Männern hatten, werden von der Blutspende aufgrund eines signifikant höheren HIV-Infektionsrisikos ausgeschlossen.” Das gilt auch für Männer, die ausschließlich geschützten Sex hatten oder einen negativen Virentest vorweisen könnten. Weder Kondome noch HIV-Tests böten laut Rotem Kreuz hundertprozentigen Schutz. Etwa die Hälfte der jährlich ca. 400 in Österreich auftretenden HIV-Infektionen betreffen laut Gesundheitsministerium homo- und bisexuelle Männer.

Österreich hinkt hinterher

Yannick Shetty von den NEOS will diese Argumentation nicht gelten lassen: Statt nach der sexuellen Orientierung könnte das Rote Kreuz auch Risikoverhalten abfragen, also zum Beispiel, ob man in den letzte zwölf Monaten ungeschützen Sex hatte. So werde das in anderen europäischen Ländern wie Bulgarien, Polen, Lettland, Portugal und Spanien gehandhabt. Pikant: Das Rote Kreuz bezieht aus diesen Ländern Blutkonserven, wenn der Bedarf nicht durch österreichische Spender gedeckt werden kann.

Während große Teile der Schwulencommunity die Aufhebung des Verbots fordern, gibt es auch vereinzelte skeptische Stimmen. Kurt Krickler, ehemals Generalsekretär der Homosexullen Initiative Wien (HOSI) sagt, es müsse dem Roten Kreuz unbenommen bleiben, Risikogruppen auszuschließen – schließlich trage die Organisation auch die Veratnwortung. Erstaunt zeigte sich Krickler über den Kursschwenk der Grünen. Diese hätten jahrelang vehement den genau entgegengesetzten Standpunkt vertreten.

“Halte Grüne nicht mehr aus”

Genau daran stieß sich der SPÖ-Abgeordnete Mario Lindner auf Twitter und per Presseaussendung: Es bräuchte keine Arbeitsgruppe mehr, die Fakten lägen auf dem Tisch. Eine Aufhebung des Verbots müsse man “nur noch umsetzen”. Die Grünen halte er “nicht mehr aus”.

Ewa Ernst-Dziedzic von den Grünen entgegnete, dass eine Umsetzung mit der SPÖ als Kanzlerpartei nicht möglich gewesen sei. Bezüglich der Gründe für die Ablehnung der Grünen herrscht Verwirrung. Geht es um inhaltliche Argumente oder Koalitionsräson? Bis zu ihrer Regierungsbeteiligung traten die Grünen vehement für eine Aufhebung des Blutspendeverbots ein. Nun sagt Ernst-Dziedzic, man müsse das Rote Kreuz und Das Gesundheitsministerium einbinden. Auf Twitter beteuerte sie gegenüber Lindner jedoch, dass die Grünen die Aufhebung mit der SPÖ “sofort” umsetzen würde. Mit der ÖVP sei das jedoch nicht möglich.

Vom Antrag überrascht

Gegenüber ZackZack beklagt Ernst-Dziedzic, dass die Grünen vom NEOS-Antrag überrascht worden seien. Es habe im Vorfeld “null Kommunikation” gegeben. Das habe es verunmöglicht, Überzeugungsarbeit beim Koalitionspartner ÖVP zu leisten: “Ich kann nicht für einen Antrag der NEOS stimmen, den ich nie gesehen habe, und ohne davor mit dem Koalitionspartner abzuklären, ob wir da mitstimmen oder nicht.” Inhaltlich kann Ernst-Dziedzic dem Antrag einiges abgewinnen. Der Fokus solle in Zukunft auf das individuelle Risikoverhalten und nicht auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe gelegt werden. Das wolle man auch mit dem Regierungsantrag erreichen.

So kommentierte Grünen Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic auf Facebook

Grünen feiern Arbeitsgruppe als Erfolg

Für Ärger in der Opposition und in den Sozialen Medien sorgte der Umstand, dass die Grünen die von ihnen beantragte Einsetzung eines Arbeitskreises als großen Erfolg für die Gleichstellung Homosexueller feierten – ohne zu erwähnen, dass der Antrag auf Aufhebung des Verbots von den Grünen abgelehnt worden war.

(tw/lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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