Donnerstag, März 28, 2024

Rüstungswahn: Ausgaben auf höchstem Stand seit Ende des Kalten Krieges

Ausgaben auf höchstem Stand seit Ende des Kalten Krieges

Im Angesicht der Corona-Pandemie werden Milliardenpakete für die Folgeschäden bei Wirtschaft und Arbeit geschnürt, die aber oft nicht ansatzweise ausreichen und kräftig nachgebessert werden müssen. Ein Grund: steigende Rüstungsausgaben auf dem höchsten Stand seit 1988.  

Wien, 29. April 2020 | Wie das renommierte Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) in seinem Jahresbericht für 2019 veröffentlichte, stiegen im letzten Jahr die Rüstungsausgaben weltweit auf das höchste Level seit mehr als drei Jahrzehnten an. Unfassbare 1.917 Milliarden US-Dollar, also fast zwei Billionen, wurden für Rüstungsgüter verpulvert.

Gegenpole USA und China als Spitzenreiter

Dabei sticht vor allem die Spitze der Aufrüster hervor: die USA haben 2019 ganze 739 Milliarden ausgegeben, was 38 Prozent der weltweiten Gesamtausgaben ausmacht. Das ist bemerkenswert, denn Donald Trump hatte sich bei seinem Amtsantritt 2016 als „Isolationist“ bezeichnet, der den US-Imperialismus durch Zurückziehen auf heimische Politik bzw. Protektionismus ersetzen wolle. Zum Vergleich: die Erhöhung der US-Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr entspricht dem, was Deutschland im Jahr 2019 insgesamt ausgegeben hat, nämlich rund 49,3 Milliarden. Für deutsche Verhältnisse sind dies allerdings wahnwitzige Summen: damit hat die Bundesrepublik die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent erhöht, der höchste Wert unter den Top 15.

China hat allerdings in den vergangenen Jahren in absoluten Zahlen am meisten zugelegt. Mit 14 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben liegt man auf Rang zwei weltweit. Damit ist wohl der Mythos beendet, wonach China „nur“ wirtschaftliche Großmacht sei. SIPRI schätzt Chinas Ausgaben für 2019 auf 261 Milliarden.

Grafik ZackZack, Quelle: SIPRI/DW.

Sicherheitsdilemma deutet auf Neuen Kalten Krieg hin

Das Verhalten der Großmächte USA und China ist durch das politikwissenschaftliche Phänomen des sogenannten „Sicherheitsdilemmas“ zu erklären. Demnach wird eine Großmacht, die aus vermeintlich defensiven Verteidigungszwecken aufrüstet, von der Gegenseite meist als offensiver Aufrüster wahrgenommen. Die Reaktion des Gegenpols, wie aus dem Kalten Krieg bekannt, ist dann oft ebenfalls eine Aufrüstung. Die Gefahr einer Rüstungsspirale ist jedenfalls greifbar. Der deutsche Politikwissenschaftler Max Mutschler meint dazu in der „Deutschen Welle“:

“Im Falle der angespannten Situation zwischen den USA und China wissen wir beispielsweise nicht, ob es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung kommen wird. Aber die Militärs dieser beiden Länder planen für diesen Fall und sind in ihrer Lobbyarbeit sehr erfolgreich.”

Auch werde Russland seit der Annexion der Krim und andauernden Desinformationskampagnen wieder als Bedrohung in Europa wahrgenommen.

Corona dürfte Rüstungswettlauf vorerst bremsen

SIPRI-Forscher Nan Tian bekräftigte allerdings gegenüber der Deutschen Presse Agentur (dpa), dass die Corona-Pandemie eine Bremskraft entfalten werde. Die gesteigerten Ausgaben für Gesundheit, Arbeit und Wirtschaft werden sich aller Voraussicht nach abmildernd auf die Rüstungsspirale auswirken.

„Covid-19 wird jedes einzelne Land betreffen, kein Zweifel“, sagte Tian.

Der generelle Trend des Ausgabenwahns deutet insgesamt auf eine gefährliche Gesamtlage hin. Auch im Angesicht der Pandemie hält der neue Kalte Krieg an und bekommt sogar eine neue Dynamik. Lesen Sie hier, wie die Großmächte, allen voran China und die USA, versuchen, die Pandemie mit ihrer politischen Erzählung zu verknüpfen und den Kampf um die globale Hegemonie anzuheizen.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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