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Wer ist Wolfgang Sobotka?

Das ist ein Unterüberschrift

Wien, 03. Mai 2020 |

  • geboren 1956 in Waidhofen an der Ybbs
  • Nationalratspräsident ohne Überparteilichkeit
  • Alt-Schwarzer und Neu-Türkiser mit großer Abneigung gegenüber der SPÖ

Profil

Wolfgang Sobotka ist einer der mächtigsten Figuren im System Kurz. Der Sohn eines Lehrers studierte Geschichte, Violoncello, Musikpädagogik sowie Dirigieren. Zwischen den 70ern bis einschließlich der 90er Jahre war er als Lehrer und später als Leiter der Musikschule seines Heimatortes tätig.

In den Jahren als Musiklehrer kam Sobotka das erste Mal in Berührung mit der Politik: im Waidhofener Gemeinderat begann seine schwarze Karriere, die er dann beim ewigen Landesfürsten Erwin Pröll als Referent der Volkspartei Niederösterreich fortsetzte. Als wolle es der Heilige Vater höchstpersönlich, wurde er 1996 schließlich Bürgermeister von Waidhofen, ehe er nur zwei Jahre später als Finanzlandesrat in die niederösterreichische Landesregierung eintrat.

Aufstieg ohne Fall

Der katholische Verbindungsbruder stieß fortan in immer höhere Sphären, wurde Landeshauptmann-Stellvertreter und wechselte 2016 schließlich als Innenminister in den Bund. Selbst ein Kostenskandal rund um die Landesgartenschau in Tulln konnte ihm vor seinem Wechsel nach Wien nichts anhaben: Kritik des Landesrechnungshofs lief ins Leere, FPÖ und Grüne, die den Rücktritt forderten, bissen sich die Zähne aus.

Der Dirigent war zu diesem Zeitpunkt längst Spinne im Netz der Macht seines Herren und Meisters Pröll. Einer seiner Schüler, Philipp Maderthaner, ist jetzt türkiser Big Data-Guru und Wegbereiter der digitalen Vorherrschaft von Kurz.

Auch einen tragischen Bootsunfall im Wörthersee überlebte Sobotka politisch. Er, der mit dem alkoholisierten Lenker bekannt war, stand im Verdacht, im Zuge des Unfalls eine Ministerweisung in Richtung Landespolizeidirektion erteilt zu haben. Einen entsprechenden Aktenvermerk veröffentlichte das Magazin „Profil“, doch Sobotka bestritt jegliche Vorwürfe.

Anti-roter Sprengmeister

Im Bund angekommen, wurde seine starke Abneigung gegen die SPÖ immer sichtbarer. Sobotka, der schwarze Allmacht gewohnt war, fühlte sich offensichtlich gekränkt durch die rote Vorherrschaft in Wien. Wegen seiner Knallhart-Positionen war er schnell als Hardliner verschrien: So forderte Sobotka nach den Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel in Hamburg Verschärfungen des Demonstrationsrechts, die selbst einigen seiner Parteifreunde zu weit gingen. Auch mit der Herabsetzung der Asylobergrenze machte er Wirbel. Sein Sicherheitspaket inklusive Zugriff auf Kameras der ÖBB und Wiener Linien sowie auf WhatsApp-Kommunikation im Verdachtsfall wurde vom Obersten Gerichtshof kritisiert und scheiterte schließlich am Koalitionspartner SPÖ.

Bei all den Vorstößen in der rot-schwarzen Koalition ging es Sobotka auch immer darum, die SPÖ vor sich herzutreiben. Schnell war er deshalb mit dem damals noch jungen Talent Sebastian Kurz auf einer Wellenlänge. Von SPÖ-Kanzler Christian Kern hielt er wenig bis nichts, verspottete diesen sogar als „Marketing-Guru“. Im Lichte der Kurz’schen Inszenierungsfestspiele klingt dieser Vorwurf eher schräg. Man ahnt: mit sachlicher Kritik hatte die Ablehnung Sobotkas eher nichts zu tun.

Anfang Jänner 2017 wollte er die Koalition platzen lassen, indem er lange seine Unterschrift für ein neues Regierungsprogramm verweigerte. Der später geschasste ÖVP-Chef und Vizekanzler, Reinhold Mitterlehner, bezeichnete Sobotka immer wieder als „Sprengmeister im Dienste von Kurz“.

Der schwarz-türkise Parlamentshüter

Am 20. Dezember 2017 wurde Sobotka mit knapp 61,3 Prozent zum Nationalratspräsidenten gewählt – das schlechteste Ergebnis der Geschichte für dieses eigentlich überparteiliche und formal zweithöchste Amt der Republik. Der Dirigent seines Lebens ist seither Dirigent des Parlaments, über das er mit Argusaugen und unterschiedlicher Gnade wacht.

Das musste jüngst NEOS-Mandatar Yannick Shetty erfahren. Für das in der parlamentarischen Auseinandersetzung nicht unübliche Wort „Frechheit“ erteilte Sobotka Shetty prompt einen Ordnungsruf. Von seinen politischen Gegnern ist Sobotka selbst allerdings als Choleriker verschrien. Der Wutanfall mit hochrotem Schädel gegen SPÖ-Mandatar Leichtfried im Zuge einer Debatte um Parteispenden ging im Juli 2019 im Netz viral.

Trotz seiner formal überparteilichen Rolle als NR-Präsident verhandelte er bei den türkis-grünen Regierungsverhandlungen das Justizkapitel mit Alma Zadic. Aus Verhandlerkreisen ist bekannt, dass er zunächst vergleichsweise kompromissbereit gewesen sein soll. Allerdings wurde Sobotka von jungen Neu-Türkisen, die in allen Verhandlergrüppchen die „Aufpasser“ spielten und die Position des Kanzlers durchzuboxen hatten, immer wieder zurückgepfiffen. Der stramme Konservative war den Kurz-Jüngern offenbar zu moderat. Wer also die Justizpolitik von Alma Zadic bewerten will, sollte in Zukunft immer im Kopf haben, wie türkise Bulldoggen grün-schwarze Einigungen torpedierten.

Interessantes

Dennoch: Wolfgang Sobotka ist einer der wenigen Alt-Schwarzen, die den türkisen Umbau der Volkspartei überlebten. Sein überloyales Verhältnis zu Kurz, der ihn stets zum öffentlichen Vorab-Test von Hardliner-Positionen ausrücken lässt, machte ihn für einige zum Feindbild. Das ging sogar so weit, dass er – laut eigenen Aussagen mehr als einmal – einen „menschengemachten“ Kot-Haufen vor seiner Haustür fand. Das Magazin VICE titelte „Wer hat Wolfgang Sobotka vor die Haustür geschissen?“, im Internet ging der Hashtag #gackigate viral. Dass sich viele über den Dirigenten lustig machten, lag auch an Sobotka selbst, denn der inszenierte das #gackigate zur Kampagne für Videoüberwachung um: an seinem Haus wacht seitdem eine Kamera über Kot-Angriffe, fast so, wie er über das Parlament.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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