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Köstinger-Ministerium greift mit Krapfen-Umfrage Daten ab – Datenkrake ÖVP

Datenkrake ÖVP

“Was ist dein Lieblingskrapfen?” Diese Umfrage bewirbt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) für 1000 Euro auf Facebook. Dafür holt sich die ÖVP neue Email-Adressen und neue Facebook-Accounts, die nun mit Werbemails versorgt werden können. Die Datensätze bleiben nicht einmal im Ministerium, sondern gehen an einen externen „Auftragsverarbeiter“.

Wien, 07. Mai 2020 | Am 11. Februar 2020 war Elisabeth Köstinger knapp einen Monat lang wieder Landwirtschaftsministerin, als sie auf der Ministeriums-Website “nachhaltigkeit.at” eine Umfrage startete. Die Umfrage lautet: „Welche Krapfen-Füllung magst du am liebsten?“

Mitmachen nur gegen Daten

Mitmachen kann man bei der Umfrage aber nur, wenn man Email-Adresse oder Facebook-Account angab. Natürlich muss man auch noch der Datenverarbeitung zustimmen. Das machte NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak stutzig. Er wollte per parlamentarischer Anfrage wissen, welche Daten das Landwirtschaftsministerium durch die Krapfen-Umfrage abgreift. Die Antwort von Köstinger bringt nun bemerkenswerte Einzelheiten ans Tageslicht.

Diese auf dem ersten Blick harmlose Umfrage bewarb Köstinger mit 1000 Euro. Für das Marketing ist es aber viel wert, zu wissen, ob jemand lieber Marille oder Nougat mag. Denn mit dieser Information lässt sich (Wahl-)Werbung effizient personalisieren. Quelle: https://mitmachen.nachhaltigkeit.at/krapfen

Ganze 1000 Euro verwendete Köstinger, um die seltsame Umfrage auf Facebook zu bewerben. Damit erreichte man zwar 180.000 Nutzer, aber nur 955 Nutzer nahmen bis dato auch wirklich an der Umfrage teil. Kein billiges Geschäft, aber immerhin gibt es eine Gegenleistung: Das Köstinger-Ministerium zog 112 neue Facebook-Accounts und 840 Email-Adressen auf die Datenbank des Ministeriums.

Gar nicht so harmlose Krapfen

Email-Adresse, Facebook-ID, der Facebook-Name und natürlich auch, für welchen Krapfen man sich entschieden hat – all das wurde und wird (die Umfrage läuft noch immer) vom Ministerium gespeichert. Aber warum interessiert sich Elisabeth Köstinger dafür, welche Krapfen man mag?

Das Zauberwort lautet „Micro-Targeting“ – über den persönlichen Krapfen-Liebling errechnen Algorithmen und Kampagnenmanager die effektivste personalisierte Werbung.

“Diese Daten wirken auf dem ersten Blick harmlos, sind aber pures Gold um die eigene Werbung effizienter zu gestalten und besser zu personalisieren. Du magst Marillenmarmelade? Dann bekommst du ÖVP-Werbung von der Wachauer Marillenernte eingeblendet. Du magst Nougat? Dann zeigt dir die ÖVP Ministerin Köstinger beim Besuch einer Nougatfabrik”,

sagt ein Social-Media-Marketingprofi gegenüber ZackZack. Er möchte anonym bleiben.

Daten bleiben nicht im Ministerium

1000 Euro bezahlte das Landwirtschaftsministerium für 955 Datensätze bei ihrem „Krapfen-Datenklau“. Diese bekommen nun „in unregelmäßigen Abständen E-Mails mit Informationen aus dem Bundesministerium für Landwirtschaft“, schreibt Köstinger in der beantworteten Anfrage. Selbstverständlich mit personalisiertem Briefkopf.

Die Daten werden „auf einem Server des hierfür seitens des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus beauftragten Auftragsverarbeiters gespeichert.“ Und das solange bis „Nutzerin bzw. Nutzer die Einwilligung widerrufen, ein Widerspruch eingebracht bzw. die Löschung beantragt wird.“

Landwirtschaftsministerium schweigt

Der „Auftragsverarbeiter“ hat jedenfalls neben einem „eingeschränkten Personenkreis des Ministeriums“ die Zugriffsrechte auf diese Daten. Die Daten bleiben also nicht im Ministerium.

Welche Agentur die abgegriffenen Daten speichert und verarbeitet, geht aus der Anfrage nicht hervor. Big Data-Kampagnen laufen in der türkisen ÖVP aber meist über das „Campaigning Bureau“ von Kurz-Wahlkampfguru Philipp Maderthaner, einem engen Vertrauten des Kanzlers. Ob es sich aber tatsächlich um das “Campagining Bureau” handelt, sagte das Ministerium auf ZackZack-Anfrage nicht.

 

Scherak kritisiert Intransparenz

Nikolaus Scherak (NEOS) sieht nach Köstingers Antwort Gefahr im Verzug:

„Es ist nicht klar, wieviele Daten das Ministerium durch diese Aktion gesammelt hat und wofür diese verwendet werden. Genauso, ob und wie diese Daten weiterverwendet werden. Die Bundesministerin Köstinger ist jetzt gefordert, die Bevölkerung über diese und andere Datensammel-Aktionen ihres Hauses aufzuklären. In Zeiten in denen wir mit der ÖVP laufend über verpflichtende Apps diskutieren müssen, braucht es beim Thema Datenschutz größere Vorsicht.”

Scherak kritisiert die enorme Intransparenz der ÖVP-Datensammelaktionen. Wie und wofür sie genau verwendet werden und welchen Zweck es hat, dass Köstinger Krapfen-Umfragen durchführt, bleibt verborgen.

(ot)

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