Freitag, April 19, 2024

Ich, Sebastian. Ein Monolog

Ein Monolog

Meine Österreicherinnen und Österreicher (Tschuschen sind nicht mitgemeint, wozu habe ich die Balkanroute geschlossen?)!

Corona? Wir sollten uns vor allem über die Grippe Gedanken machen, denn die ist viel schlimmer! Aber Corona ist so arg, allein der Vergleich mit der Grippe ist ja absurd. Wir sind jedenfalls gut vorbereitet. Wir haben nur nicht genug Masken und auch nicht genug Beatmungsgeräte, auch keine Pflege- und Erntesklaven aus dem Osten und nicht genug Krankenhauspersonal, von Tests einmal ganz zu schweigen – aber ansonsten sind wir gut vorbereitet auf diese Krankheit, die viel weniger schlimm als die Grippe ist.

Fürchtet euch (nicht)!

Ihr sollt euch ordentlich fürchten. Jeder von uns wird einen Coronatoten kennen. 100.000 Österreicherinnen und Österreicher (und ein paar tausend Tschuschen, aber wen interessiert’s?) werden sterben, wenn eure Coronafurcht nicht zu angemessener Kanzlerfürchtigkeit führt. Also habt alle Angst vor dem Virus, aber nicht davor, dass das Klopapier ausgeht!

Es gibt jetzt nur noch drei Gründe, außer Haus zu gehen. Okay und noch einen halben. Also merkt euch das, es gibt nur noch drei Gründe. Das steht zwar in keiner Verordnung, aber ihr kanzlerhöriges Volk wisst ja: Was ich sage, ist Gesetz. Das stimmt zwar nicht, denn nur was Gesetz ist, ist Gesetz, aber es gilt trotzdem. Warum? Weil ich es sage. Das sehen zum Glück auch die Polizisten so, die euch fleißig illegal strafen.

Wenn ihr nicht brav seid, schicken wir euch die Polizei sogar ins Haus und die Polizisten essen euch dann den Osterschinken weg, oder halt den Reindling, wenn ihr kein Fleisch esst. Zu euch ins Haus kommen dürfen die zwar eigentlich gar nicht, aber es reicht, wenn ihr euch davor fürchtet. Dass alles nicht stimmt, was ich euch sage, erklärt euch dann nachher der Rudi, der dafür auch euren Zorn abbekommt.

Wahr ist, was in der Krone steht

Es gibt jetzt nur eine einfache Regel: Glaubt keine Fake News, außer sie kommen von mir. Was ihr glauben sollt, verrate ich euch in der täglichen Messekonferenz. Ihr könnt es auch in der „Krone“ lesen, da hat sich jetzt der René eingekauft, oder beim dicken Wolfi. Denen gebe ich Millionen von eurem Steuergeld, damit die dann schreiben, was ihr glauben sollt.

Wir sind ein Team, also kein Widerspruch. Ich bin euer Hirte und ihr müsst also offenbar Schafe sein. Meine türkise Herde. Ich führe euch aus der alten Normalität durch das finstere Tal der Coronapandemie in die neue Normalität, die dort am Rande der Demokratie liegt. Von juristischen Spitzfindigkeiten wie der Verfassung lassen wir uns dabei nicht aufhalten.

Die Superapp

Damit ihr auf dem Weg nicht verloren geht, hat mir die Uniqa eine App gemacht. Versicherungskonzerne leben zwar von Daten, aber eure kriegt die Uniqa nicht. Diese App wird verpflichtend werden, aber keine Sorge, verpflichtend wird die App nicht werden, hat der neue Lebensmensch vom Gust gesagt. Außer für Touristen.

Die müssen wieder nach Tirol kommen, ob sie wollen oder nicht. Jeder Bayer muss jetzt verpflichtend ins Kitzloch, das werden wir mit der Uniqa-App kontrollieren. Das geschieht den Bayern recht, denn schließlich kam das Virus ja aus München ins schöne Ischgl. Habe ich im Internet gelesen. Aber ich will ja niemanden beschuldigen. Wir haben jedenfalls alles richtig gemacht.

Rette sich, wer kann!

Wir haben das größte Rettungspaket aller Zeiten geschnürt. Das ist auch nötig, denn euren Rechtsanspruch auf Entschädigung haben wir gerade noch rechtzeitig abgeschafft. Jetzt seid ihr auf unsere Almosen angewiesen, die ihr mit euren Steuern selbst bezahlt. Aber keine Sorge, teuer wird das nicht. Denn der größte Teil des größten Rettungspakets besteht aus Bankgarantien für Kredite, die euch die euch die Banken eh nicht geben.

Warum nicht? Na, weil ihr arme Schlucker seid. Nur wer hat, dem wird gegeben. Ihr müsst die Banken schon verstehen. Nachdem ihr sie vor zehn Jahren mit eurem Geld retten musstet, sind sie vorsichtig geworden und wollen euch euer Geld nicht leihen. Außerdem warten wir mit dem Zahlen eures Geldes an euch ohnehin, bis ihr pleite seid. Das ist praktisch, denn Unternehmen, die pleite sind, brauchen wir nicht mehr mit eurem Geld zu retten.

Nur sinnvolle Maßnahmen

Es ist völlig sinnlos, Masken zu tragen. Deswegen haben wir als erstes Land eine Maskenpflicht eingeführt. (Also nach ein paar osteuropäischen Ländern, aber da wohnen ja so eine Art Tschuschen, also zählt es nicht. Und außerdem werdet ihr das eh nie erfahren, weil Österreich das einzige Land mit einer Grenze zu Ungarn ist. Das weiß ich von unserer Europaministerin.)

Überhaupt sind wir unter meiner Führung Vorreiter, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Das hab ich den Amis auch auf CNN erklärt, dass wir jeden Tag 10.000 Menschen testen. Außer an dem Tag, wo ich das gesagt habe, da waren’s nur 3.000. Und auch an jedem anderen Tag davor und danach außer an einem, aber das wird ja wohl reichen.

Den Amis habe ich auch zuerst erzählt, dass ihr alle ab jetzt im Wirtshaus Masken tragen müsst. Das ist kein Problem, denn ihr müsst gar nicht alle Masken tragen, sondern nur die Kellner, nicht aber die Köche. Ihr selbst müsst Masken nur dort tragen, wo es nachweislich keine Ansteckungen gibt, also zum Beispiel im Supermarkt. Das erscheint euch nicht logisch? Dann erscheint euch sicher auch nicht logisch, dass wir die Bundesgärten nicht öffnen, sodass es auf den verbliebenen Grünflächen viel gedrängter wird. Ihr müsst wissen: Bilder von Wienern, die sich irgendwo drängen, brauche ich für die SIB, die „Sebastian im Bild“.

Immer diese Wiener

Da können die Bewohner von Guglhupfpatschn dann sehen, wie spät die Wiener aufstehen und dass Wien ein Sünden… äh Seuchepfuhl ist. (Das Lokal meines guten Freundes Martin Ho, der nur ein entfernter Bekannter von mir ist, liegt ja nicht in Wien. Das ist im 19., das zählt nicht. Deshalb ist es auch ok, dass dort illegale Drogenpartys steigen.) Wichtig ist: Nur sechs Bundesländer haben mehr Infektionen als Wien! Deshalb muss der Karli auch die Polizei nach Wien schicken, damit die dort Infizierte aufspürt. Ich komme übrigens aus dem Waldviertel.

Zum Ho könnt ihr ruhig essen gehen (falls ihr armen Schlucker euch das leisten könnt), obwohl ihr sonst nur in österreichische Wirtshäuser gehen sollt, sofern die noch nicht pleite sind, weil wir ihnen noch keine Almosen gegeben haben, die wir mit eurem Geld bezahlen. Beim Wirten könnt ihr einander abschmusen, wie ihr wollt, nur am Weg aufs Klo müsst ihr Masken tragen. Draußen, wo die Ansteckungsgefahr am Geringsten ist, müsst ihr aber einen Meter Abstand halten, sonst kommen Karlis Polizisten. Am Wirtshaustisch und im Flugzeug dürft ihr ganz nah beieinander sitzen, aber ins Theater dürft ihr nicht gehen.

Seid für mich, weil ich für mich bin!

Wer jetzt immer noch nicht verstanden hat, dass mir alles wurscht ist, außer, dass ihr einfach das macht, was ich euch sage, dem ist nicht zu helfen. Es ist zu eurem Besten. Ich liebe doch alle – alle Menschen! (Außer den Tschuschen, aber weil ich die Balkanroute geschlossen habe, verrecken die jetzt eh in irgendwelchen Lagern.)

Euer Sebastian.

(Ghostwriting: Thomas Walach)

Titelbild: APA Picturedesk

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