Donnerstag, März 28, 2024

Schon wieder Lügen über infizierte Asylwerber – Nehammer gießt Öl ins Feuer

Nehammer gießt Öl ins Feuer

Der Fake-News-Skandal um Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) weitet sich aus: Die Gesundheitsbehörde der Stadt Wien hat ein Infektionscluster unter Leiharbeiten aufgespürt, die in Post-Verteilzentren arbeiten. Medienberichte, wonach die infizierten Arbeiter aus der Quarantäne in der Wiener Messehalle geflohen wären, sind falsch. Trotzdem heizt Innenminister Nehammer entsprechende Gerüchte an.

Wien, 17. Mai 2020 | Am Samstag meldeten die “Krone” und “oe24”, dass sich Mitarbeiter eines Postverteilzentrums im niederösterreichischen Hagenbrunn sowie eines weiteren in Wien-Inzersdorf mit dem Coronavirus angesteckt hatten. Von den knapp 140 infizierten Personen sind 34 Asylwerber, die in einem Flüchtlingsheim in Wien-Erdberg untergebracht sind. Laut Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker ist dieses aber wohl nicht der Ursprung des Infektionsclusters. Die Betroffenen, von denen die meisten laut einem Sprecher Hackers keine Symptome zeigten, wurden im Betreuungszentrum in der Wiener Messehalle unter Quarantäne gestellt.

Meldung über geflohene Asylwerber frei erfunden

Am Sonntag berichtete die Fellner-Plattform “oe24”, die infizierten Asylwerber wären aus der Messe geflohen, nachdem sie das Betreuungspersonal gewaltsam bedroht hätten. In der Folge wären sie untergetaucht, dann aber zur Arbeit erschienen und hätten so ihre Kollegen angesteckt. Diese Geschichte ist, wie ZackZack-Recherchen zeigen, frei erfunden.

Ein Ausschnitt aus dem falschen Medienbericht. Bild: Screenshot “oe24”.

Eine Sprecherin des Samariterbunds, der das Quartier in der Messe betreibt, zeigte sich erstaunt über die entsprechenden Medienberichte. Alle Betroffenen hätten die vorgeschriebene Quarantänezeit in der Messe verbracht. Von Konflikten oder gar einer Flucht könne keine Rede sein. Es hätte sich bis zur Nachfrage von ZackZack auch kein Journalist beim Samariterbund gemeldet, um nach einem solchen Vorfall zu fragen. Auch der Pressestelle der Landespolizeidirektion Wien ist kein Vorfall, wie er in den falschen Medienberichten beschrieben wurde, bekannt.

Fake News: Immer wieder grüßt das Murmeltier

Schon vergangenes Wochenende hatten mehrere reichweitenstarke Medien Falschnachrichten verbreitet, laut denen Asylwerber vom Wiener Messegelände geflohen wären. ZackZack-Recherchen bestätigten, dass es sich um Fake News handelte, deren Urheber wahrscheinlich im Innenministerium zu finden ist. Stephanie Krisper von den NEOS kündigte daraufhin eine parlamentarische Anfrage an das Innenministerium an.

Am Sonntag goss Innenminister Nehammer dennoch Öl ins Feuer, indem er gegen Asylwerber als Virus-Gefahr hetzte: “Das war sicher zu wenig, den somalischen Asylberechtigten einfach einen Zettel mit dem Bescheid der Heimquarantäne in die Hand zu drücken und sonst nichts zu machen.”, sagte Nehammer gegenüber oe24. Es stelle sich die Frage, ob die Quarantäne dann überhaupt eingehalten werde, fügte Nehammer hinzu. Tatsächlich hatte die Stadt Wien den betroffenen Asylwerbern keineswegs “einfach nur einen Zettel in die Hand” gedrückt, sondern sie eben in der Messe unter Quarantäne gestellt.

Hacker: Aktive Teststrategie

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker betonte gegenüber der APA, das Infektionscluster sei überhaupt nur gefunden worden, weil Wien Verdachtsfällen aktiv nachgehe, statt zu warten, ob sich jemand bei der Gesundheitshotline melde. In diesem Fall wäre das Cluster laut Hacker anders gar nicht entdeckt worden, weil nur 10 Prozent der Infizierten überhaupt Symptome zeigten – und die seien mild gewesen. Die Betroffenen hätten also größtenteils gar nicht geahnt, dass die mit dem Coronavirus infiziert waren. Es deute alles darauf hin, dass der Ursprung der Infektionskette nicht im Flüchtlingsheim, sondern im Postverteilzentrum Hagenbrunn liege. Dort hätten sich die Leihbeiter angesteckt.

“Sollte Leiharbeitern dankbar sein”

Der Chef einer betroffenen Leiharbeitsfirma ärgerte sich, dass nun Asylwerber als Sündeböcke für die Coronapandemie herhalten müssten. „Die haben in den letzten Wochen 500.000 Packl geschupft und jetzt sollen sie Schuld an Corona sein? Man sollte den Leiharbeitern und den Arbeitern der Post dankbar sein, dass sie in der Corona-Zeit die Paketzustellung aufrechterhalten haben“, sagte der Mann gegenüber “Wien heute”.

Aus dem Büro von Stadtrat Hacker hieß es, man habe aktiv 1.022 Testungen in Flüchtlingseinrichtungen durchgeführt. Lediglich 34 BewohnerInnen und 4 MitarbeiterInnen seien positiv getestet worden. Alle diese Ansteckungen können auf das Postverteilzentrum in Hagenbrunn zurückgeführt werden.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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