Freitag, März 29, 2024

Bundesheer mit Desinfektion-Sprüheinsatz im Post-Zentrum – Showeinlage ohne Grundlage

Showeinlage zum Wochenende ohne Grundlage

Seit Ausbruch der Corona-Krise versprühen Einheiten auf der ganzen Welt fleißig Desinfektionsmittel. Das Phänomen begann auf den Straßen von Wuhan, kam nach Bergamo und Paris. Nun wurde auch das Postverteilzentrum durch die ABC-Schutzkompanie desinfiziert. Eine medizinische Grundlage für diese Maßnahmen gibt es keine.

Wien, 18. Mai 2020 | Die Aufregung rund um das Post-Verteilzentrum im niederösterreichischen Hagenbrunn brachte einiges in Bewegung. Nachdem das Corona-Cluster im Verteilzentrum entdeckt wurde, bat man um einen Einsatz des Bundesheeres. Dieses schickte zuerst die ABC-Schutzkompanie, um das Postzentrum mit Desinfektionsmittel abzuspritzen. Eine wissenschaftliche Grundlage gibt es dafür aber nicht. Stattdessen kritisierte die WHO diese Maßnahme erst am Freitag erneut.

Auf welcher Grundlage wird gesprüht?

Die Post holte laut ZackZack-Recherchen in Absprache mit der niederösterreichischen Landessanitätsdirektion die ABC-Abwehrkompanie in das Verteilzentrum. Das gesamte Gebäude sollte desinfiziert werden. Zwar erzeugt man dadurch öffentlichkeitswirksame, dystopisch anmutende Bilder, einen Sinn haben diese großflächigen Desinfektionen jedoch nicht.

Eine ZackZack-Anfrage an die Landessanitätsdirektion, auf welcher Grundlage die ABC-Schutzkompanie zur Post-Desinfektion angeordnet war, beantwortet die niederösterreichische Landesregierung so:

 Im Einvernehmen zwischen der Gesundheitsbehörde (BH Korneuburg), dem Betreiber (Post AG) und dem NÖ Landessanitätsstab beschlossen, den Betrieb im Post-Verteil-Zentrum Hagenbrunn vorübergehend zu unterbrechen, um eine grundlegende Reinigung und Desinfektion des Betriebes vorzunehmen und danach mit einer neuen Mannschaft den Betrieb wieder aufzunehmen. Dazu wurde vom Betreiber die Unterstützung durch das österreichische Bundesheer angefordert. Prinzipiell ist eine Desinfektion nur im Anlassfall gezielt anzuwenden. Da aber bei der Vielzahl der Betroffenen es nicht nachvollziehbar war, wann wo wer aufhältig war, hat man sich zu einer Desinfektion des gesamten Betriebes entschlossen. Die Kosten der Desinfektion werden durch den jeweiligen Anforderer getragen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Kosten nach dem Epidemiegesetz aus dem Bundesschatz beglichen werden.

WHO spricht sich regelmäßig gegen Sprüheinsatz aus

Erst am Freitag riet die WHO ein weiteres Mal davon ab, in Gebäuden oder auch im Freien Desinfektionsmittel zu versprühen. Straßen oder Gehwege seien kein Reservoir für Viren. Zwar wird seit Ausbruch der Corona-Krise vielerorts Desinfektionsmittel versprüht. Im Zuge der Pandemie wiederholt die WHO regelmäßig, dass eine wissenschaftliche Basis dafür nicht existiert.

Die großflächige Desinfektion zeigt auch ein klein wenig das Dilemma der WHO. Denn obwohl auch die Perfomance der WHO und ihr Umgang mit China zweifellos kritikwürdig ist, empfiehlt die WHO viel Sinnvolles – doch es wird nicht oder nur selektiv auf sie gehört. Das zeigt sich an der irren Desinfektionsmittel-Sprühoffensive vieler Staaten.

Furcht vor dem Virus

Erste Bilder von Desinfektionsmittel sprühenden Einsatzkräften kamen aus Wuhan, der gemeinhin als Ursprungsort des Virus bekannten zentralchinesischen Metropole. Im Laufe der Pandemie griffen auch europäische Staaten auf die fragwürdige Praxis zurück. In Asien wird gar noch rigoroser durchgegriffen, Menschen werden mit Desinfektionsmittel abgesprüht. Das kritisiert die WHO scharf: angesteckte Menschen tragen das Virus in sich, nicht auf dem Körper. Deshalb nützt das Abspritzen nichts, es sei sogar gefährlich für die Menschen.

Seit Monaten verstören uns Regierungen weltweit mit dem Versprühen von Desinfektionsmittel. Eine medizinische Grundlage gibt es dafür nicht – fatalistische Bilder dafür umso mehr.

Für Regierungen, die in der Corona-Pandemie auf eine Strategie der Angst setzen, scheint das Desinfektionsmittelversprühen eine willkommene PR-Strategie. Mit den Bildern der Einsatzkräfte suggeriert man einerseits einen immensen Einsatz, um das Virus zu bekämpfen. Andererseits wird mit den Bildern eine verhältnismäßig überproportionale Gefährlichkeit von COVID-19 vermittelt. Doch auf welcher Grundlage?

Update 14:00 Uhr: Die Stellungnahme der niederösterreichischen Landesregierung wurde eingefügt.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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