Donnerstag, März 28, 2024

Kurz bei CDU/CSU unten durch? – Zeit-Artikel: „Zu viele Grenzen überschritten“

Zeit-Artikel: „Zu viele Grenzen überschritten“

Sebastian Kurz war lange der Shootingstar bei den deutschen Christdemokraten und gern gesehener Gast in Talkshows. In der Corona-Krise leistete der Kanzler sich jedoch zu viele Querschüsse und Fehler. Seitdem scheint sich in einigen deutschen Medien der Wind zu drehen – aber auch bei den Schwesterparteien.

Wien/München, 19. Mai | Die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ ließ letzte Woche mit dem Artikel „Der Anti-Merkel“ aufhorchen.

Es ist aber nicht der Titel des Artikels, der nur auf den Punkt bringt, wie Kurz sich seit der Flüchtlingskrise bewusst als Gegenpol zu Angela Merkel inszeniert. Vielmehr ist es der Inhalt: So habe Kurz mittlerweile zu viele Grenzen überschritten und seine Schwesterparteien CDU und CSU verärgert.

Bizarre München-Gerüchte sorgten für Ärger

In Deutschland hat sich mittlerweile herumgesprochen, wie fatal sich der Ischgl-Skandal als Virus-Hotspot für das Land ausgewirkt hat. Das in der Krise zentrale Robert-Koch-Institut (RKI) bestätigte auf ZackZack-Nachfrage: rund 10.000 Deutsche hätten das Virus aus Österreich nach Deutschland gebracht, wobei 90 Prozent der Fälle auf Tirol zurückzuführen seien. Das sorgte wochenlang für Diskussionen. Bei einer TV-Zuschaltung in der ARD setzte der Kanzler dann zum Angriff an: anstatt auf eine kritische Ischgl-Nachfrage einzugehen (bei diesem Thema fiel dann prompt das Fernsehbild aus), behauptete er frech, er habe gehört, dass sich das Virus von München ausgebreitet habe.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), während der Flüchtlingskrise noch voll des Lobes für Kurz, wirkt seitdem erbost und bezeichnete den neuerlichen Grenz-Vorstoß von Kurz als „eigenartig“. Seehofer stellte klar: „Solange das Virus keinen Urlaub macht, müssen auch wir uns mit unseren Reiseplänen beschränken.“ Ministerpräsident Markus Söder rückte aus, um im Tourismusstreit für Urlauber zu werben, die andernfalls vielleicht nach Österreich fahren würden: „Wer Österreich genießen will, kann das auch in Bayern tun.“ Auch CDU-Größe Ruprecht Polenz gab auf Twitter kund, was er vom Verhalten des österreichischen „Parteifreundes“ hält:

Auch in deutschen Medien scheint sich der Wind zu drehen. Mit Ausnahme der BILD-Zeitung, die den Kanzler immer noch gerne in Stellung gegen Angela Merkel bringt, gibt es immer öfter kritische Berichte über Kurz zu lesen. Die bürgerlich-konservative „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) druckte einen Schalko-Kommentar ab, in welchem es hieß: „Der österreichische Bundeskanzler braucht den Ausnahmezustand, denn er regiert durch Angst.“ Die ebenfalls bürgerlich-konservative Tageszeitung „Münchner Merkur“ veröffentlichte letzte Woche einen Kurz-kritischen Kommentar, in dem es hieß: „Eines aber ist schwer verstörend beim Ruf nach schneller Grenzöffnung: Österreich versucht damit, das dramatische Fehlverhalten in Tirol zu übertünchen.“

Grenzshowdown steht vor der Tür

Das frostige Verhältnis könnte nun für den Showdown rund um die geplante Grenzöffnung relevant werden. Jedenfalls werden sich wohl einige Unionspolitiker gemerkt haben, was Sebastian Kurz von Ischgl, dem Kleinwalsertal und München hält.

Am Freitag ist CSU-Parteitag, dort wird der Kanzler dann live zugeschaltet. Es ist zu erwarten, dass der Streit um Touristen dort nicht offen ausgetragen wird. Eher wird die Harmonie, die nun nicht mehr vorhanden ist, vorgegaukelt. Zu viel steht für beide Seiten auf dem Spiel: sowohl Bayern, als auch Österreich brauchen Touristen, da wird man sich vermutlich so einigen, dass für beide Seiten eine gesichtswahrende Lösung rausspringt. Mit neuerlichen Sticheleien sollte Kurz allerdings aufpassen. Jeder Stern fängt einmal an zu sinken – auch im Freistaat Bayern.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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