Mittwoch, Dezember 11, 2024

Massenüberwachung des deutschen Geheimdienstes illegal – Grundgesetz siegt

Grundgesetz siegt

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) arbeitet illegal. Zu dieser Schlussfolgerung kam das deutsche Bundesverfassungsgericht. Datenschützer jubeln, denn seit Jahren wird dem Geheimdienst nachgewiesen, illegal Daten anzuzapfen und zu verwerten. Jetzt muss der Gesetzgeber handeln.

Wien, 21. Mai 2020 | Deutsche Gesetze gelten nicht nur in Deutschland, sondern auch für deren Behörden. Was logisch klingt, war nicht für alle Behörden verständlich. An der Spitze mit dabei: der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND), der auch im Ausland bei Gesprächen mitlauschte. Jetzt erklärte der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in einer Aussendung:

„Die Ausland-Fernmeldeaufklärung nach dem BND-Gesetz verstößt in derzeitiger Form gegen Grundrechte des Grundgesetzes.“

Nun muss das Gesetz bis zum Jahresende von 2021 überarbeitet und verabschiedet werden. Die Bundesregierung kündigte an, dass sie noch vor der Sommerpause einen neuen Gesetzesentwurf vorlegen will. Bisher hatte sie immer betont, dass die bisherigen Regelungen gesetzeskonform sind. Doch der Senat widersprach – zum Schutz der Grundrechte.

Das BND-Gesetz, das gegen die Grundrechte verstößt, wurde 3 Jahre nach den berühmten Snowden-Leaks in 2013 im Deutschen Bundestag erlassen. Alles, was bis dahin für den deutschen Auslandsgeheimdienst illegal war, wurde damit plötzlich erlaubt. Trotz der drei Jahre Verzögerung kam es zu keiner ausreichenden Gesetzes-Prüfung.

Laut Bundesverfassungsgericht verstoßen die Praktiken nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gegen das Telekommunikationsgeheimnis. Im Grundgesetzartikel 10, Absatz 1 heißt es:

„Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.“

Illegale Aktivitäten seit 2008

Bis zur Gesetzesänderung 2016 durfte der BND nur einzelne Leitungen anzapfen und davon maximal 20 Prozent der Übertragung, die laut Betreiber des international größten Internetknotenpunkts DE-CIX immer wieder überschritten wurden. Mit dem neuen Gesetz durfte der Auslandsnachrichtendienst von nun an alle Netze mit voller Bandbreite überwachen. Der Massenüberwachung war Tür und Tor geöffnet.

DE-CIX versuchte in der Vergangenheit mehrere Wege, um gegen die Missstände des BND rechtlich vorzugehen. 2015 klagte der Konzern gegen die Überwachung des BND. Zu den Konzern-Kunden gehören Telekom, Vodafone, AT&T und viele mehr. Experten schätzen, dass der BND dort bereits seit 2009 illegale Daten wie Telefonate, Chats und E-Mails angezapft haben könnte.

Die Expertenkommission des Konzerns berief sich schon damals auf Artikel 10 des Grundgesetzes und kritisierte die veraltete Interpretation. Bereits 2008 wandten sich DE-CIX an die verantwortliche Grundrechtskommission des Bundestags. Durch eine Intervention des Kanzleramts wurde dies unterbunden.

Im Unterschied zu Österreich ist der BND direkt dem Bundeskanzleramt unterstellt. In Österreich sind die jeweiligen Nachrichtendienste direkt dem Innenministerium bzw. Verteidigungsministerium unterstellt und haben nur eine Berichtspflicht an das Bundeskanzleramt. Das fußt auf einer alten Tradition, da der österreichische Inlandsgeheimdienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), erst 2002 durch Ernst Strasser gegründet wurde. Die Aufgaben des BVT wurden zuvor von der Staatspolizei und anderen Sondereinheiten ausgeführt.

(mp)

Titelbild: APA Picturedesk

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