Samstag, April 20, 2024

In Hotel gebunkert – Dutzende Babys warten auf Abholung

Dutzende Babys warten auf Abholung

Das Geschäft mit der Leihmutterschaft in der Ukraine boomt. Paare mit Kinderwunsch aus Westeuropa bezahlen Agenturen, die Leihmütter beauftragen, um Babys für die genetischen Eltern auszutragen. Aufgrund der Corona-Grenzsperren warten hunderte Babys auf eine Abholung durch die „Besteller“. Ein Video gibt Einblick in die Situation vor Ort.

Wien, 23. Mai 2020 | In ganz Europa wurden wegen der Corona-Krise die Grenzbalken hochgefahren. Außergewöhnliche Bilder bietet jetzt ein in die Jahre gekommenes Hotel in der Nähe von Kiev: Duztende Babys sind hier untergebracht und warten auf die Abholung jener Paare, die sie in Auftrag gegeben haben, jetzt aber nicht abholen können. Außerhalb von Krisenzeiten wohnen hier die Auftraggeber-Eltern in der Zeit der Abholung ihres Babys. Jetzt ist das Gebäude mit den Babys und dem Betreuungspersonal unter Quarantäne.

Video zeigt brüllende Babys

Das Leihmutterschaftsunternehmen Biotexcom hat ein Video aus dem firmeneigenen Hotel online gestellt. Damit soll in farbenfrohen Bildern versichert werden, dass alles getan würde, um die hier beaufsichtigten Neugeborenen zu betreuen – bis es eine administrative Lösung gibt. Die Bilder, die die Zuseher hier zu Gesicht bekommen, wirken allerdings weniger beruhigend. Gleich zu Beginn sind Dutzende Babys in einem leeren Raum zu sehen, sie liegen brüllend im kalten Licht der Deckenlampen, ohne Spielzeug oder Möglichkeiten zur Betätigung, geschweige denn einer Bezugsperson und ausreichend körperliche Nähe.

Baby als Ware

Die Bilder erinnern an eine Babyfabrik: Es sieht aus, als wären es kleine Tische mit einem Rahmen, der die Babys vom Herunterfallen schützen soll. Die Dutzenden Neugeborenen warten hier seit Wochen auf eine Abholung. Hier fristen sie die ersten Wochen und Monate ihres Lebens elternlos. Am Ende des Videos fordert der Geschäftsführer von Biotexcom die Eltern auf, über ihre Regierungen Druck auf die Ukraine auszuüben. Das Land solle Sondererlaubnisse zur Abholung der Kinder erteilen.

500 Babys isoliert

Schätzungen zufolge warten in der Ukraine 500 Babys darauf, dass jemand sie heimholt. Ljudmila Denissowa, ukrainische Parlamentsabgeordnete und für Menschenrechte zuständig, spricht von 51 Neugeborenen im besagten Hotel. 15 davon seien bereits mit ihren zukünftigen Eltern vereint, die eine Einreise noch vor Grenzschließung schafften. 36 weitere würden hier von Klinikmitarbeitern betreut. Die Paare, deren zukünftige Kinder hier warten, kommen nach Angaben von Denissowa aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und den USA. Die Zahl an bestellten Babys könnte mit andauernden Grenzschließungen auf bis zu 1.000 steigen.

Leihmutterschaft als Weg aus der Armut

Die verarmte Ex-Sowjetrepublik gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Das Geschäft mit der Leihmutterschaft boomt aufgrund der gesetzlichen Möglichkeiten – Frauen, die im Rahmen einer Leihmutterschaft ein Kind austragen, verdienen in der Ukraine rund 14.000 Euro – bei einem durchschnittlichen Netto-Monatseinkommen von 314 Euro viel Geld.

“Kommerzielle Leihmutterschaft ist eine der unmenschlichsten Seiten des Spätkapitalismus”, twittert dieser User. 14.000 Euro erhält eine “Leihmutter” für das Austragen eines Babys.

Denissowa verlangte von Polizei und Ministerien, Gesetze für Leihmutterschaften von Ausländern zu verschärfen, denn „Kinder sollten in der Ukraine kein Objekt für Menschenhandel sein“. Andererseits soll ein hoher Preis gerade Menschenhandel verhindern.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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