Neue Vorwürfe gegen Justiz-Pilnacek
Ende Mai entscheidet die Justizministerin, ob der ins Zwielicht geratene Christian Pilnacek weiter als Sektionschef über die Strafjustiz herrschen darf. Jetzt belegen neue Dokumente, dass Pilnacek hinter dem Rücken des Justizministers Weisungen erteilt und parlamentarische Anfragebeantwortungen gesteuert hat. Und zwei Staatsanwälte belasten den Pilnacek-Vertrauten und Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Hans Fuchs, schwer: Er soll den Auftrag, das Eurofighter-Verfahren zu „daschlogn“, persönlich gegeben haben.
Wien, 25. Mai 2020 |
Am 21. Dezember 2018 hat Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek die Weisung, mit der dem Staatsanwalt wichtige Eurofighter-Akten weggenommen wurden, gemeinsam mit vertraulichen Dokumenten des Justizministeriums einem Journalisten per Mail weitergegeben. Danach hat er den Eurofighter-Staatsanwalt wegen der Weitergabe dieser Weisung verfolgen lassen.
Jetzt belegen neue Dokumente, dass Pilnacek und seine Staatsanwälte hinter dem Rücken des Justizministers noch viel weiter gegangen sind.
Hinter dem Rücken des Ministers
Am 11. Jänner 2019 stellt das Kabinett des Justizministers fest, dass die Weisung von Sektionschef Pilnacek hinter dem Rücken des Ministers erteilt wurde. Generalanwalt König erteilt Pilnacek und Jirovsky einen Ministerauftrag: „Im Namen des HBM (des Herrn Bundesministers) ersuche ich euch um Erstattung einer Stellungnahme der Sektion IV bis 18. Jänner 2019 zu folgenden Fragen rund um die Erteilung der Weisung von 12. Dezember 2018. Die wichtigste Frage des Ministers lautet: „Weshalb wurde vor Abfertigung der Weisung weder das Kabinett des HBM noch HBM persönlich informiert?“
Von Moser bis Zadic können sich Justizminister auf eines verlassen: Solange Pilnacek Sektionschef ist, kann es politisch heikle Weisungen hinter ihrem Rücken geben.
Die gesteuerte Ministerantwort
Als die Weisung aufflog, brachte die Liste Jetzt eine parlamentarische Anfrage zu Pilnacek ein. Erst jetzt wird bekannt: Pilnacek selbst steuerte die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zur Eurofighter-Weisung und zu seiner Person. Die letzte Frage der Abgeordneten störte Pilnacek am meisten: „In den letzten Monaten hat Ihr Generalsekretär nichts unversucht gelassen, um die Arbeit der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zu behindern. Warum behindert er jetzt auch die Arbeit der Strafjustiz?“ Pilnacek diktiert Robert Jirovsky, der als Chef der Leitungsabteilung die Antwort ans Parlament vorbereitet: „Die letzte Frage scharf zurückweisen, weder habe ich die Arbeit des Untersuchungsausschusses behindert noch die der Strafjustiz!“ Und: „Ich kann das von Graz aus genehmigen!“
Unter der offiziellen Beantwortung steht dann nicht Pilnacek, sondern der Name des Ministers. Pilnacek hat nur die Fäden gezogen.
Die Daschlogn-Front
Eines ist durch die WKStA-Protokolle bekannt: Pilnacek wollte Eurofighter-Verfahren „daschlogn“.
Und:
Aber nur wenige wissen, dass die Pilnacek-Beamten längst mit dem Daschlogn begonnen hatten. Staatsanwältin Patricia Frank hat mit ihrer Aussage dazu beigetragen, den Eurofighter-Staatsanwalt zu verfolgen. OStA-Chef Fuchs hat ihr den Fall „Eurofighter“ übergeben – und ihr einen Auftrag erteilt: einstellen oder „daschlogn“, wie das in der Pilnacek-Sprache heißt.
Oberstaatsanwalt Handler hat mit OStA-Chef Fuchs genau dasselbe erlebt:
Fuchs ist der wichtigste Mann im System „Pilnacek“. Zwei Zeugen belegen: Der Mann an der Spitze der staatsanwaltschaftlichen Weisungskette hat versucht, eines der größten und erfolgversprechendsten Korruptionsverfahren Österreichs abzudrehen.
Anfänger statt Profis – Der Austausch des Teams
Aber eines stört noch: das Eurofighter-Ermittlerteam der WKStA.
Anfang 2019 ist klar: Die Fachaufsicht durch OStA und BMJ ist sträflich vernachlässigt worden – durch Pilnacek, Jirovsky, Fuchs und Ropper. Seit 2011 hat die StA Wien mehr als 70 mal schriftlich an OStA und BMJ berichtet. OStA Richard Ropper war persönlich für die Fachaufsicht zuständig und hat nichts bemängelt.
Im Februar 2019 übernimmt ein Team der WKStA unter Gruppenleiter Adamovich den Akt der StA Wien. Mit einem ihrer besten Teams macht die WKStA jetzt Ernst. Statt „daschlogn“ steht jetzt „anklagen“ auf dem Programm.
Am 3. April mischt sich plötzlich OStA-Chef Fuchs ein. Er übergibt der Leiterin der WKStA das Organigramm des neuen Ermittlungsteams. WKStA-Gruppenleiter Adamovich wird durch den Fuchs-Vertrauensmann Ropper ersetzt.
Frank hat sich in den Augen von Pilnacek und Fuchs bereits bewährt. Sie ist auf Fuchs-Schiene. Mit T. und P. kommen zwei unerfahrene Berufsanfängerinnen ins Team. Fuchs schreibt noch „Expert*in“ dazu, weil er weiß, dass zumindest eine Person eine Ahnung vom Verfahren haben sollte.
Einen Tag später wird Ropper von Fuchs-Stellvertreter Klackl zum neuen Leiter des Eurofighter-Teams der WKStA ernannt.
Den Ermittlern der WKStA platzt der Kragen. Die erfahrene WKStA-Staatsanwältin Christina J. ersucht schriftlich um Entlassung aus dem Eurofighter-Team. Aus dem WKStA-Team ist jetzt ein Pilnacek/Fuchs-Trupp geworden.
Schaden für Österreich
Wenn es Pilnacek, Fuchs und Ropper gelingt, trotz hunderter Beweise das Eurofighter-Verfahren zu „daschlogn“, heißt der Verlierer „Österreich“. Von München bis Washington zwingen Staatsanwälte den Schmiergeldkonzern zu Geständnissen und Milliardenzahlungen. Aber der Geschädigte heißt nicht „Deutschland“ oder „USA“, sondern Österreich.
Manager und Lobbyisten können in Wien angeklagt werden. Die Republik Österreich kann sich nach Schätzung von Experten rund ein Milliarde Euro von Airbus zurückholen.
Wenn das Eurofighter-Verfahren, die WKStA und der Rechtsstaat nicht daschlogn werden.
(red)
Titelbild: APA Picturedesk