Wie die ÖVP die Casinos umfärbte
Am 28. September 2018 lädt Bundeskanzler Sebastian Kurz die Sechserrunde mit Blümel, Kurz-Chefberater Stefan Steiner, Strache, Hofer und Kickl zu sich nach Hause in seine Meidlinger Wohnung: zu einem „AE“ – einem Abendessen. Wenig später ist Bettina Glatz-Kremsner nicht nur stellvertretende ÖVP-Obfrau, sondern auch designierte Chefin der CASAG. Erst jetzt verlangt die FPÖ ihren Preis: Peter Sidlo.
Wien, 06. Juni 2020 | Gleich nach der Sechserrunde am 18. Mai 2018, beginnt die ÖVP-Novomatic-Achse Schmid/Neumann mit der Arbeit. Ihr erstes Ziel: Die Casinos sollen türkis werden.
Novomatic und ÖVP sind jetzt Verbündete. Schmid holt über seinen Minister Löger Novomatic an Bord und sie bilden mit der ÖBIB, der Österreichischen Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH des Finanzministeriums, und dem Glücksspielkonzern eine Mehrheit gegen die tschechische Sazka-Gruppe.
Alexander Labak ist zu diesem Zeitpunkt noch Generaldirektor der Casinos Austria AG, der CASAG. In seiner Zeugenvernehmung in der WKStA im Dezember 2019 gibt er an:
Kurz-Stellvertreterin in Position
Labak hat Recht. Die Achse zwischen Neumann/Novomatic und Schmid/BMF/ÖVP hat mit dem Umbau der CASAG begonnen. CASAG-Vorstandsdirektorin Bettina Glatz-Kremsner ist erst am 1. Juli 2017 am Linzer Parteitag zur Kurz-Stellvertreterin an der Spitze der ÖVP gewählt worden. Jetzt wird sie in Stellung gebracht. Von einer freiheitlichen Managementhoffnung namens Peter Sidlo ist noch lange keine Rede.
In der CASAG übernimmt Walter Rothensteiner als Chef des Aufsichtsrats den türkisen Job. Am 23. Juli trifft er Noch-Generaldirektor Labak.
„Keine öffentliche Ausschreibung“
Im September macht die ÖVP ernst. Am 25. September wird im Aufsichtsratspräsidium der CASAG besprochen, wer mit dem Kanzler über den CASAG-Vorstand spricht – und was mit der Ausschreibung, die Glatz-Kremsner und der ÖVP noch in die Quere kommen könnte, passiert. Rothensteiner notiert: „Pröll redet mit Kurz am 2.10.“ Und: „keine öffentliche Ausschreibung“.
Generaldirektor Labak sieht sich einer geschlossenen ÖVP-Front aus Kurz, Löger, Schmid und Glatz-Kremsner gegenüber – und gibt auf. In seiner Vernehmung bei der WKStA schildert er das:
Pröll erklärt Labak zur „lame duck“
Aber Labak will seinen Vertrag bis Ende 2019 erfüllen und dann gehen. Der ÖVP geht das zu langsam. Pröll schaltet sich ein und erklärt Labak in der laufenden Aufsichtsratssitzung zur „lame duck“.
Kurz-Privatrunde in Meidling
Die Sechserrunde wird einberufen und trifft sich drei Tage später in der Meidlinger Privatwohnung des Bundeskanzlers. Auf ZackZack-Nachfrage bestätigt ein Sprecher Hofers derartige Treffen, betont aber deren privaten Charakter.
Hofer kann aber eines nicht erklären: Warum die „privaten“ und geselligen Sechserrunden in Privatwohnungen, aber auch im Bundeskanzleramt stattfinden.
Kurz, Blümel, Kickl & Co. verweigern bis jetzt jede Stellungnahme.
Die FPÖ hält sich an die Proporz-Vereinbarung. Die CASAG gehört dem Finanzministerium und damit der ÖVP. Bettina Glatz-Kremsner, die Kurz-Stellvertreterin an der Spitze der Partei, ist die Kandidatin der ÖVP. Aber ein Drittel des Dreiervorstands muss blau sein. Strache merkt, dass sich die ÖVP nur um ihre Parteifreunde kümmert und schon den nächsten Schritt plant: Die ÖBIB, die die Bundesanteile von Post, Verbund, OMV und CASAG kontrolliert, soll mit der ÖBAG in eine Aktiengesellschaft mit direktem Zugriff auf die Aufsichtsräte der Unternehmen umgebaut werden. Der Posten des Alleinvorstands ist für einen Blümel-Mann maßgeschneidert: für BMF-Kabinettschef Thomas Schmid. Damit hat die ÖVP alles unter Kontrolle.
„Dringlich!“
Strache ruft Hofer zu einer dringlichen Sitzung ins Vizekanzleramt. Das einzige Thema heißt „ÖBIB-Verhandlungen“.
Die FPÖ will ihr Stück vom Kuchen und wird dem Umbau der ÖBIB in die ÖBAG nur zustimmen, wenn die ÖVP alle Vereinbarungen einhält. Sechs Tage später teilt Strache seinem Verbündeten, Novomatic-Chef Harald Neumann, mit, dass seine Partei einen Kandidaten für den FPÖ-Posten im Vorstand der Casinos hat.
Erst als die türkise Aktion „Glatz-Kremsner“ gelaufen ist, startet die FPÖ die Aktion „Sidlo“. Strache und seine Parteifreunde sind auch jetzt Nebenfiguren. Die Hauptdarsteller heißen Sebastian Kurz, Gernot Blümel und Bettina Glatz-Kremsner.
(red)
Update des Artikels am 06. Juni um 11:23 Uhr
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