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Staatsanwalt bestätigt: “Wir haben die Strache-Kurz-Nachrichten!”

Staatsanwalt bestätigt:

HC Straches Handy ist ein offenes Buch. Aber im Ibiza-U-Ausschuss fiel auf: Es liegen keine Nachrichten zwischen Strache und Sebastian Kurz vor. Verdächtig. Hat die SOKO etwa kompromittierende Nachrichten verschwinden lassen? Die Staatsanwaltschaft sagt: „Wir haben alle Nachrichten“.

Wien, 12. Juni 2020 | Am 04. Juni war Heinz-Christian Strache Zeuge im Ibiza-U-Ausschuss. Der größte Aufreger seines Auftritts: Strache sagte, dass es „viele“ Textnachrichten zwischen ihm und Sebastian Kurz gegeben habe. In den Ausschuss-Akten findet sich jedoch keine dieser Nachrichten.

Das nährte die Vermutung, die SOKO-Ibiza, der von der Opposition Befangenheit vorgeworfen wird, könnte diese Nachrichten vor der Staatsanwaltschaft verheimlicht haben. FPÖ-Generalsekretär und Fraktionsvorsitzender im U-Ausschuss Christian Hafenecker über die vermeintlich verschwundenen Nachrichten: „Die ÖVP hat die Ermittlungsbehörden unterwandert. Beweismittel werden unterdrückt und verfälscht.“ SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sagte: „Innenminister Nehammer sitzt nicht nur auf dem Ibiza-Video, sondern auch auf allen SMS zwischen Strache und Kurz.“ Zusammen mit den NEOS fordert die SPÖ nun „ergänzende Beweise“ für den Ausschuss an. NEOS-Fraktionsführerin Steffi Krisper will, dass dem Ausschuss sämtliche Rohdaten von Straches Handyauswertung zur Verfügung gestellt werden. Das, was die Ermittler „herausdestilliert“ hätten, reiche nicht, um die politische Verantwortung zu klären.

Straches Handy

ZackZack-Recherchen zeigen aber, dass im Fall der vermeintlich verschwundenen Textnachrichten nicht die SOKO verantwortlich ist. Am 12. August stellten SOKO-Beamte im Zuge einer Hausdurchsuchung bei Strache dessen Handy sicher. Der übergab es den Polizisten zwar entsperrt, die sicherten es aber nicht, sodass es sich wenig später wieder automatisch sperrte. Strache sagte zu, den Beamten den Entsperrcode mitzuteilen und erhielt im Gegenzug die Möglichkeit, Nachrichten an seinen Anwalt zu löschen – was sein gutes Recht ist. Besprechungen zwischen Beschuldigtem und Anwalt müssen vor den Ermittlern geheim bleiben.

WKStA: Haben alle Nachrichten

Ein Sprecher des Bundeskriminalamts sagte ZackZack, die SOKO habe eine vollständige digitale Kopie von Straches Handy – die von Krisper geforderten Rohdaten – an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übermittelt. Unter den gelieferten Daten befänden sich auch Nachrichten zwischen Kurz und Strache. Die WKStA bestätigte das auf Nachfrage.

„Wir haben eine vollständige digitale Kopie von Straches Handy,“ sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Unter diesen Daten befänden sich auch Textnachrichten zwischen Strache und Kurz. Warum liegen sie dem Ausschuss nicht vor? Die WKStA sagt, laut Einschätzung der Justiz seien die Nachrichten nicht vom Untersuchungsgegenstand des Ibiza-Ausschusses umfasst. Das heißt, die Justiz glaubt derzeit nicht, dass es in den Nachrichten zwischen Kurz und Strache um Korruption ging.

Zadic entscheidet

Die Entscheidung darüber, welche Akten an den Ausschuss geliefert werden, trifft die Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), die ermittelnde WKStA gibt dazu nur Empfehlungen ab. Über der OStA steht in der Weisungskette nur noch das Justizministerium von Alma Zadic. Dieses hatte schon in der Vergangenheit mit zurückhaltenden Aktenlieferungen für Ärger unter den Abgeordneten gesorgt. Kai Jan Krainer und Steffi Krisper hatten in dieser Sache sogar einen offenen Brief an Justizministerin Zadic geschrieben.

Hat die SOKO Nachrichten gelöscht?

Kann es sein, dass die SOKO kompromittierende Nachrichten zwischen Strache und Kurz gelöscht hat? Die WKStA sagt nein. Datenforensiker der Justiz hätten die Handykopie auf Löschungen untersucht. Seit der Beschlagnahmung seien demnach keine Daten gelöscht oder manipuliert worden.

Die WKStA wollte jedoch nicht ausschließen, dass zukünftig noch Strache-Kurz-Nachrichten an den Ausschuss geliefert werden könnten. „Das Ermittlungsverfahren läuft noch, der Akt wächst“, hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft. Ob es sein könne, dass die Justiz dem Ausschuss bestimmte Nachrichten aus ermittlungstaktischen Gründen vorenthielte? Die WKStA wollte das nicht grundsätzlich ausschließen, aber: „Das ist Verschlusssache.“ Wenn Akten so geheim sind, dass sie nicht den Ausschuss sollen, wird das in einem Konsultationsverfahren zwischen Justiz und Ausschuss geklärt.

Wer hat die Nachrichten noch?

Die Staatsanwaltschaft Wien (StA Wien), die gegen die Ibiza-Hintermänner und in der „Spesenaffäre“ ermittelt, hat übrigens keine Nachrichten zwischen Strache und Kurz in ihren Akten. Warum nicht? Auf Anweisung der OStA liefert die SOKO Beweismittel nur an jene Staatsanwaltschaft, die sie ursprünglich angefordert hat – im Fall des Strache-Handys also die WKStA. Dem Rest müssen sich die Staatsanwälte untereinander ausmachen.

Das taten sie auch. Die StA Wien stellte ein Amtshilfeersuchen an die WKStA, diese gab die Handykopie für ihre Kollegen frei. Anders als die WKStA arbeiten die Wiener jedoch nicht mit den kompletten Rohdaten, sondern lassen die Nachrichten von der SOKO auswerten. Die lieferte nur jene Nachrichten, die für die Ermittlungen der Wiener Staatsanwaltschaft relevant sind – und das seien die Nachrichten zwischen Strache und Kurz eben nicht, wie ein Sprecher der StA Wien gegenüber ZackZack sagte.

Hat Strache gelogen?

Hat Strache also im U-Ausschuss gelogen, als er sagte, es gäbe viele Nachrichten zwischen ihm und Kurz? Nicht notwendigerweise. Aufklärung wird es erst geben, wenn die vorhandenen Nachrichten dem Ausschuss zur Verfügung gestellt werden. Wie Strache den Beamten, die in seinem Haus vergeblich einen Computer gesucht hatten, selbst sagte: Das Handy ist Straches Büro.

Die Akten zeigen, dass Strache sehr offen über mutmaßliche Korruption textete. Und gerade mit Sebastian Kurz soll er sich nicht über Postenbesetzungen ausgetauscht haben? Möglich, aber die politische Beurteilung müsse der Ausschuss treffen, sagt Steffi Krisper: Was für den Ausschuss an den Strache-Kurz Nachrichten wichtig ist, könne „mehr sein als das, was ein Staatsanwalt in den Akt nimmt, weil es für das Strafverfahren relevant ist.“

WKStA nimmt SOKO in Schutz

Die Aussagen der Staatsanwaltschaft widerlegen jedenfalls Vermutung, die SOKO habe Nachrichten von Straches Handy gelöscht. Die WKStA dazu: „Auch wenn wir die Arbeit der SOKO inhaltlich kritisiert haben, dieser Vorwurf stimmt einfach nicht.“

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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