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Causa ÖVP-Corona-Millionär: ÖVP-Volksblatt: „Wir sind keine Parteizeitung!“

Causa ÖVP-Corona-Millionär

Rund um den Corona-Millionär und ÖVP-Berater Walter Schnauder entwickelt sich die ÖVP-Parteizeitung “Neues Volksblatt” zum Politikum. Gestern segelte die oberösterreichische Zeitung aus, um Schnauder zu verteidigen und um klarzustellen: “Das Volksblatt ist keine Parteizeitung.”

Wien/Linz, 24. Juni 2020 | Der damalige Landeshauptmann von Oberösterreich, Josef Pühringer (ÖVP), sagte 2013:

„Wer uns unterstützen will, kann im ‚Neuen Volksblatt‘ inserieren.“

Das „Neue Volksblatt“ oder „Oberösterreichisches Volksblatt“ ist eine besonders spannende Zeitung. Aber sie ist keine Parteizeitung, stellte zumindest der Chefredakteur Christian Haubner gestern klar.

Corona-Millionen-Geldfluss: ÖVP – ÖVP-Berater – ÖVP?

Er rückte aus, weil das Blatt zuletzt ins Zwielicht geraten war, und zwar in der Causa rund um den ÖVP-Corona-Millionär aus Oberösterreich: Walter Schnauder ist ÖVP-Berater und wurde während Corona zum Händler medizinischer Schutzausrüstung. Vom Land Oberösterreich bekam er einen 4,5 Millionen Euro schweren Auftrag. Schnauder inserierte auch im „Volksblatt“.

„So ist zumindest ein Teil des Geldes vom Land über Schnauder zur ÖVP geflossen“,

schreibt die Online-Plattform kontrast.at.

Das empört das Blatt. Jene in den Raum gestellte “Behauptung”, wonach ein Inserat eines Unternehmers eine verdeckte Parteienfinanzierung darstellen könnte, “weise ich aufs Schärfste zurück”, sagt Verlagschef Wolfgangs Eder. “Wir unterziehen uns regel- und turnusmäßig finanz- und steuerrechtlichen Prüfungen. Wer uns unterstellt, es gäbe Geldflüsse zu Parteien, verbreitet Unwahrheiten und handelt überdies geschäfts- und kreditschädigend”, sagte er gestern via APA.

ÖVP-Geschichte

Das „Volksblatt“ wurde 1869 gegründet, 1971 kauft die ÖVP OÖ die Zeitung. Zugleich gründete man die Österreichische Zeitungs-, Verlags- und Vertriebs GmbH (heute: Oberösterreichische Media Data Vertriebs- und Verlags GmbH), der erste Geschäftsführer wurde Josef Ratzenböck. Er war von 1977 bis 1995 Landeshauptmann von Oberösterreich. Die Media Data ist noch immer Herausgeber des „Volksblatts“.

Das Recherchemagazin „Dossier“ veröffentlichte 2016 die aufwändige Inseratenförderung des „Volksblatts“ vom Land Oberösterreich:

„Rund 330.000 Euro bekam das „Neue Volksblatt“ in Form von Inseraten vom Land Oberösterreich im Jahr 2015. Dazu kommen noch 800.000 Euro an Presseförderung des Bundes und weitere 20.000 Euro in Form der Landespresseförderung. Macht insgesamt 1.150.000 Euro öffentliches Geld, nur im Jahr 2015.“

Auch 2019 erhielt das „Volksblatt“ außerordentlich gute Presseförderung: Hinter der „Presse“ und dem „Standard“ bekam man 860.000 Euro Förderung. Herausgeber ist noch immer die Media Data GmbH, Treuhandgeberin ist die ÖVP OÖ.

Niemand zweifelt an der Parteinähe des “Volksblatts”, aber für den Chefredakteur ist klar: “Wir haben eine unabhängige Redaktion, wir sind keine Parteizeitung.”

Gestern rückte das „Volksblatt“ aus, um die SPÖ in den Corona-Skandal mithineinzuziehen. Denn auch die Stadt Linz, geführt von der SPÖ, hätte bei Schnauder eingekauft. Chefredakteur Christian Haubner legt in einem Kommentar noch nach:

„Da geht es ums Fertigmachen einer Person in der Hoffnung, einen Skandal konstruieren zu können“,

kommentiert er den Corona-Millionen-Skandal.

Ähnliches führte in Bosnien zu Verhaftungen

Dass ein ÖVP-Berater teilweise um 500% überteuertes Material verkaufte, und danach mit seiner neuen Firma in der Parteizeitung inserierte, ist für Haubner bloß ein „konstruierter Skandal“.

In Bosnien-Herzegowina kam es Ende Mai zu einem ähnlichen Fall. Nach einer dubiosen Anschaffung von 100 Beatmungsgeräten über einen Himbeerbauern mit besten Kontakten zur Partei, wurde über den Ministerpräsidenten der Bosniakisch-Kroatischen Föderation, Fadil Novalic, U-Haft verhängt. Der Himbeerbauer verkaufte überteuert und ohne Gewerbeberichtigung. In Österreich hat die Causa Schnauder aktuell keine Konsequenzen.

Warum sich Chefredakteur Christian Haubner so stark vom Etikett „Parteizeitung“ distanzieren will, bleibt auch fraglich. An einer Parteizeitung ist nichts Anrüchiges. Die „Arbeiterzeitung“, gegründet von Viktor Adler, war über hundert Jahre eine der wichtigsten österreichisches Medien. Die „Krone“ wurde von österreichischen Gewerkschaftsgeldern start-finanziert. Weil Parteizeitungen in den letzten Jahren aber immer schwieriger zu finanzieren wurden, blieb das „Volksblatt“ die letzte Partei-Tageszeitung, die es in Österreich noch gibt. ZackZack wurde von Geldern der ehemaligen Akademie des Parlamentsklubs JETZT start-finanziert, die nach dem Ausscheiden der Partei aus dem Nationalrat nun ein einfacher Verein ist.

(ot)

 

Titelbild: APA Picturedesk

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