Freitag, April 26, 2024

Pro & Contra: Sinnlose Interviews abbrechen?

Klaudia Tanner gab in der ZIB2 am Donnerstag ein bemerkenswertes Interview zu den Bundesheer-Reformplänen. Ihre Äußerungen hatten nicht einmal im Ansatz mit den gestellten Fragen zu tun – selbst im Vergleich zu üblichen Politikerinterviews. Sollen Journalisten solche Interviews lieber abbrechen? Ein Pro&Contra.

Pro:

Politiker missbrauchen Interviews gerne, um die eigene Botschaft unters Volk zu bringen. Dazu gibt es verschiedene Techniken, „Bridging“ genannt, um vom Kern der Frage hin zur eigenen Message abzubiegen. Die vielleicht bekannteste wird von manchen Beratern „ABC“ genannt, was sich wirklich jeder merken kann. ABC steht für „Acknowledging, Bridging und Controlling“. Zeigen, dass man die Frage wahrgenommen hat und wichtig findet, überleiten zur eigenen Botschaft, eigene Botschaft unterbringen.

Die eigentliche Frage ist dabei nur ein Punkt für den Absprung. Verteidigungsministerin Tanner hat die Technik im ZIB2-Interview am Donnerstag so penetrant und plump angewendet, dass sie für alle Welt sichtbar wurde.

Dennoch: Am Ende musste Tanner keine einzige unangenehme Frage beantworten. Stattdessen erhielt sie in einer der wichtigsten Nachrichtensendungen des Landes ausführlich Gelegenheit, ihre Botschaft anzubringen.

Dafür sind Interviews nicht da. Wenn Politiker nicht mit Journalisten reden wollen, müssen sie nicht zu Interviews gehen. Umgekehrt müssen Journalisten sich auch nicht gefallen lassen, dass sie zu Statisten gesprochener Presseaussendungen werden.

In dieser Situation gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: 1. Unterbrechen und erinnern: „Das war nicht meine Frage.“ 2. Das Interview abbrechen. Lou Lorenz-Dittelbacher hätte in der frei gewordenen Sendungszeit auch einen Schwank aus ihrem Leben erzählen können. Wäre sicher interessanter gewesen.

Thomas Walach

Contra:

Der Informationsgehalt des gestrigen ZIB 2-Interviews mit Verteidigungsministerin Tanner hielt sich in Grenzen. Sollte man bei völlig abschweifenden beziehungsweise Nicht-Antworten jedoch das Interview abbrechen? Nein! Kritische Nachfragen und Unterbrechungen sollten die Folge sein. Ein Abbrechen würde nur neue Probleme mit sich ziehen.

  • Dann gehen wir halt zur Krone, WoFe, Heute: Wenn die ZIB 2 ÖVP-Minister von Interviews ausschließen würde, würden diese halt nur mehr in den inseratengesponserten Medien auftreten und den Regierungsspin ohne kritische Gegenfrage in OTS-Form vortragen. So erhält zumindest ein breites Publikum (500.000 Zuseher) einen Einblick, welche Roboter an den Schalthebeln der Republik sitzen.
  • Die Opferrolle: Man kann sich noch gut an die Zeit nach dem Misstrauensantrag erinnern. Der Slogan “Das Parlament hat bestimmt, das Volk wird entscheiden” brannte sich in die Köpfe ein. Eine ähnlich weinerliche Opferrolle dürfte man bei Interviewabbrüchen von der ÖVP erwarten.
  • Interviewabbruch ein einmaliger Sensationswert: Ja, beim ersten abgebrochenen Interview wäre der Aufruhr sicher groß – Lob und Tadel würden sich wohl für den Interviewer überschlagen – aber bereits nach dem zweiten, dritten Mal wäre die Sensation dahin, Wolf und Lorenz-Dittlbacher würden schnell in der Kritik landen – Parteinähevorwurf inklusive.

Benedikt Faast

Titelbild: APA Picturedesk

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