Donnerstag, März 28, 2024

Die Rückkehr der Balkanroute – Kommentar

Kommentar

Integrationsministerin Susanne Raab appelliert jetzt an „Menschen mit Migrationshintergrund“, das Außenministerium verhängt eine Reisewarnung für den Westbalkan und der Kanzler will noch einmal klarstellen: “Das Virus kommt aus Wuhan”. Warum Kurz das Ausländerthema braucht.

Benjamin Weiser

Wien, 02. Juli 2020 | Der Ibiza-U-Ausschuss dominiert die Innenpolitik, die ÖVP steht massiv unter Druck. Den Ausschuss mit Dreck zu fluten, wie Thomas Walach kommentiert, ist ein Teil der türkisen Strategie, um etwaige Ergebnisse und das Gremium selbst zu diskreditieren. Doch das reicht offensichtlich nicht. Die Angst vor wirklich gefährlichen Enthüllungen ist größer als nach außen hin kommuniziert. Und: es steht eine Wahl an, bei der die Türkisen zur Abwechslung nicht um Platz 1, sondern um Platz 2 kämpfen müssen.

Ein Appell zur Spaltung

Da kann es nicht schaden, alte Gassenhauer wieder aufzuwärmen. So kommt, was kommen musste: die Kunstfigur der Balkanroute kehrt zurück aufs Tableau, Susanne Raab hat endlich ihr Thema gefunden! Man wundert sich eigentlich, dass es so lange gedauert hat. Die Verbindung zwischen Pandemie und Migranten ist zu attraktiv, als dass sie nicht von Populisten genutzt werden könnte.

Innenminister Nehammer hat es ja schon einmal im Zuge eines missglückten Wiener Vorwahlkampfes versucht. Problem: seine Aussagen über angeblich abgängige Asylwerber haben einfach nicht gestimmt, die Landespolizeidirektion hat dem obersten Dienstherr einen Strich durch die Fake News-Rechnung gemacht.

Jetzt also der neue Aufschlag, Raab warnt explizit „Menschen mit Migrationshintergrund“, die Reisewarnung für den Westbalkan ernst zu nehmen. Damit treibt sie zwar die „Balkan-Community“ weiter zur Wiener SPÖ, doch der Preis scheint im Vergleich zum Ertrag günstig zu sein: die enttäuschten Blauen sind die Hauptzielgruppe der ehemals konservativen ÖVP in Wien, da gibt es einiges zu holen.

Wuhan oder Ischgl? Westbalkan!

Auf welcher Faktenbasis Reisewarnungen verhängt und ausschließlich „Menschen mit Migrationshintergrund“ angesprochen werden, ist natürlich unklar. Ganz abgesehen davon steigen die Zahlen in vielen ÖVP-regierten Bundesländern, neuerdings in Oberösterreich, rapide an, Kroatien hingegen war über die letzten Wochen hinweg vergleichsweise stabil unterwegs. Gefährlich, denn das Adria-Land ist jetzt nicht dafür bekannt, wenig attraktiv für Touristen zu sein.

Was also tut man in türkisen Kreisen? Den Trump spielen und das Ausländervirus heraufbeschwören. Kurz weiß: geht es ums Ischgl-Versagen, hat sich beim Kollegen Platter bewährt, einfach ganz oft die scheinbare Belanglosigkeit „das Virus kommt aus Wuhan, nicht aus Ischgl“ zu wiederholen. Jetzt kommt der Westbalkan dran. Eh fein, dann bleiben die Österreicher gefälligst daheim, „Visit Austria“ heißt die Losung.

Ob China, Kroatien, oder Favoriten: das Virus ist kein Österreicher! Merken Sie sich das. Sie werden es noch öfter hören.

Titelbild: APA Picturedesk

Redaktion
Redaktion
Die ZackZack Redaktion
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!