Freitag, April 19, 2024

Casinos Austria: Glücksspiel nicht dem Zufall überlassen? Schwere Vorwürfe vom Verein Spielerhilfe

Verein Spielerhilfe erhebt schwere Vorwürfe

Werden Glücksspielautomaten manipuliert? „Es sieht so aus, als handle es sich nicht nur um ein bloßes Gerücht“. Der Verein Spielerhilfe äußert nach intensiver Recherche den Verdacht auf „listige Irreführung“ der Spieler durch die Casinos Austria. Diese dementieren die Vorwürfe.

Update 16:50 Uhr: Statement der Casinos Austria nachgereicht

Wien, 06. Juli 2020 | Sieben Monate lang recherchierte der Verein „Spielerhilfe“ rund um spezielle Glücksspielautomaten der Casinos Austria. Dabei wurden sowohl die Casinos Austria, als auch das Finanzministerium befragt. Insbesondere Infos von Mitarbeitern der Casinos Austria würden nun einen unter Spielern lange gehegten Verdacht bestärken: Dass das „Glücksspiel“ weniger mit Glück und Zufall zu tun hat, als der Glücksspiel-Betreiber seinen Kunden glauben macht. Der Verein Spielerhilfe äußert sogar den Verdacht auf „listige Irreführung“ der Spieler durch die Casinos Austria.

Server entscheidet über Gewinn oder Verlust

Denn der Zufall von Gewinn oder Verlust beim Glücksspiel ende in einem sogenannten serverbasierten System. Laut Spielerhilfe ist ein Großteil der Glücksspielgeräte bei den Casinos Austria mit einem Server verbunden. Dieser teile den Automaten im Hintergrund mit, ob er einen Gewinn ausschütten darf, oder nicht. Mittels eingestellter Parameter könne so der Spielverlauf der Spielgäste im Casino vom Betreiber im Voraus berechnet werden – Gewinne würden daher nur dann ausgespielt, wenn der Server das so möchte.

Auszahlungsquote legal variabel

Bei diesen serverbasierten Glücksspielautomaten würde „kräftig an den Auszahlungsquoten gedreht“, so der Verein Spielerhilfe. Die Auszahlungsquote eines Automaten errechnet sich aus den Quoten der einzelnen Spiele – je höher die Quote, desto größer sind die ausbezahlten Gewinne. Die Auszahlungsquote muss bei herkömmlichen Automaten in Automatensalons beziffert werden. Sichtbar auf dem Automaten ist ein Aufkleber mit der jeweiligen Auszahlungsquote zu finden. Im Unterschied zu den Automaten in Automatensalons gibt es für die sogenannten „Spielbanken“ der Casinos Austria keine gesetzlich geregelte Verpflichtung, die Auszahlungsquote zu beziffern.

Die Auszahlungsquote bei Glücksspielautomaten darf sogar legal verändert werden, dies bestätigte das Finanzministerium gegenüber dem Verein Spielerhilfe:

 “Eine gesetzeskonforme Änderung der Gewinnausschüttungsquote ist bei Landesglücksspielautomaten und Video Lotterie Terminals nach den Vorgaben des § 5 Abs. 4 lit b Z 4 GSpG allerdings zulässig.”

Auch hier gäbe es aber wieder eine Ausnahme für die Casinos Austria:

“Bei Spielbankautomaten hat der Gesetzgeber wegen des spezifischen Aufsichts- und Berichtsregimes keine gesetzliche Regelung bestimmt”,

 so die Auskunft des Finanzministeriums. Ein Gewinn an den jeweiligen Automaten sei also nur bedingt Zufall: denn je nach dem, wie der zuständige Mitarbeiter des Casinos zuvor entschieden hat, erfolgen Auszahlungen an dem jeweiligen Tag entweder höher oder niedriger.

Glück auf Seite des Glücksspielkonzerns?

Werden die Auszahlungen reduziert, bliebe selbstverständlich mehr in der Kassa des Betreibers, so die Recherche der Spielerhilfe. Und das insbesondere, wenn deutlich mehr Gäste im Casino anwesend sind. Gleichzeitig entstehe eine erhöhte Geldeinnahmemöglichkeit, außerdem könne durch Auszahlung der Gewinne im Wellen-Prinzip die Verweildauer der Gäste erhöht werden. Insgesamt springt am Ende mehr Umsatz und dadurch auch mehr Gewinn für den Betreiber heraus.

Im Zuge der neuen Konzessionsvergabe 2009 sei die Strategie der Casinos Austria ans Licht gelangt, mit der offenbar versucht werden sollte, sich gegen Mitbewerber deutlich durchzusetzen. Dazu solle anderen Mitbewerbern die Manipulation der Glücksspielautomaten vorgeworfen werden. In einer weiteren Strategie sollte die damals angespannte finanzielle Lage des teilstaatlichen Casino-Betriebes verbessert werden, indem „die Spielparameter abgeändert werden. Dies bedeutet: Die Spielparameter sollen angepasst werden, damit die Casinos Austria unter anderem bei gleichbleibender Anzahl von Gästen mehr Gewinn erwirtschaften“, so der Verein.

Die Spielerhilfe zitiert dazu einen „Insider“:

“Würden wir als Casinos Austria nur den vom Automatenhersteller eingebauten Zufall verwenden, wären wir wirtschaftlich nicht überlebensfähig. Daher steuern die Casinos Austria die Auszahlungsquoten.”

„Die merken das eh nicht“

Ein Mitarbeiter der Casinos Austria gab gegenüber der Spielerhilfe die Auskunft, dass er nach unternehmensinternen Vorgaben die Auszahlungsquoten so regeln würde, dass der Profit des Unternehmens dabei optimiert würde. Die Gäste würden das „eh nicht“ merken. Insbesondere an Wochenenden hätte der Mitarbeiter die Auszahlungsqoten deutlich gesenkt, die Laufkunden, die vorwiegend an Wochenenden kämen, würden dadurch für entsprechende Mehreinnahmen sorgen.

Spielerhilfe: Verdacht auf „listige Irreführung“

Das Finanzministerium sieht keine Manipulation im vorliegenden Fall. Denn solange die Casinos ihre notwendige Auszahlungsquote erfüllen würden, könne nicht von Manipulation gesprochen werden. Der Verein Spielerhilfe sieht das anders, denn die manuelle Steuerung der Auszahlungsquote habe gravierende finanzielle Nachteile für die Spieler. Christoph Holubar, Sprecher vom Verein Spielerhilfe, sagt im Gespräch mit ZackZack:

„Die Veränderung ist gesetzeskonform, die Frage ist nur, warum. Wir haben das Finanzministerium vier Mal dazu befragt und keine Antwort bekommen. Auch von Seiten der Casinos Austria werden unsere Anfragen totgeschwiegen. Es muss ja aus technischer Sicht diese Methode gar nicht geben.“

Der Verein Spielerhilfe hegt daher den Verdacht, dass es bei der Gesetzeslücke um die Erhöhung von Steuereinnahmen geht – denn durch Drehen an der Stellschraube „Auszahlungsquote“ kann die Verweildauer der Spieler stark erhöht werden. Dadurch würden auch die Einnahmen der Casinos und letztendlich die Steuereinnahmen steigen:

„Durch das künstliche Erhöhen der Verweildauern steigern sich die Umsätze des Casinos, die Ausgaben der Spieler und damit auch die Brutto-Spieleinnahmen, davon gehen 30 Prozent Steuereinnahmen ans Finanzministerium.“

Bis zum Jahresende, wenn die Casinos ihre Auszahlungsquote erreicht hätten, hätten die Spieler wesentlich mehr verloren, als dies mit „echtem Zufall“ der Fall gewesen wäre. Mitarbeiter der Casinos Austria würden laut Spielerhilfe betonen, dass die Glücksspielgeräte nicht zusammenhängen würden und selbstständig über Gewinn oder Verlust entscheiden würden. Durch diese Behauptung, die laut Spielerhilfe „mittlerweile belegt als falsch angesehen werden kann“, geht die Spielerhilfe von einer „Irreführung am Spieler“ aus. Denn nicht nur Glück und Zufall würden über Gewinn oder Verlust entscheiden.

Casinos Austria:bewusste Steuerung “ist auszuschließen”

Die Casinos Austria erwiderten auf ZackZack-Anfrage, der Verein Spielerhilfe sei ihrer Wahrnehmung nach „keine Spielerschutzeinrichtung, wie er durch seinen Namen versucht zu suggerieren, sondern der Versuch einer Gruppe von Personen eine juristische Position via öffentlichem Druck zu verbessern.“ Dabei schrecke die Initiative nicht davor zurück, „kampagnenhaft Halb- und Falschinformationen“ über die Unternehmensgruppe zu verbreiten, so Unternehmenssprecher Patrick Minar. Die Vorwürfe des Vereins werden von Casinos Austria gegenüber ZackZack dementiert: eine bewusste Steuerung der Geräte, sodass diese Gewinn nur dann ausschütten, wenn der Server dies auch will, „ist auszuschließen“. Weiters bestätigt Minar gegenüber ZackZack, dass sämtliche gesetzlichen Auflagen vom Unternehmen hinsichtlich der Glücksspielautomaten eingehalten würden.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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