Dienstag, April 23, 2024

Volkshilfe: Corona verstärkt Kinderarmut. Kindergrundsicherung jetzt!

Kindergrundsicherung jetzt!

Die Volkshilfe fordert die Umsetzung der Kindergrundsicherung. Direktor Fenninger sieht die Regierung in der Pflicht. Mehr als die Hälfte der befragten Familien gab die Schulnote 4 oder 5 für die Lebensqualität in der Coronakrise an.

Wien, 08. Juli 2020 | Eine aktuelle Umfrage der Volkshilfe zeigt: die Corona-Krise hat mit voller Wucht armutsgefährdete Familien getroffen. „Wie schlecht sie ihre eigene Lebenssituation seit Corona einstufen, hat uns selbst erschüttert.“, so Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich. Die Volkshilfe hat ein Modell zur Kindergrundsicherung erarbeitet und fordert eine Umsetzung durch die Regierung sowie weitere Maßnahmen gegen die fortschreitende Kinderarmut im Land – darunter die Anhebung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes und Maßnahmen im Bildungsbereich.

Lebensqualität in Schulnoten: zwischen 4 und 5

Im Rahmen der Studie wurden ausschließlich armutsbetroffene Familien mit Kindern befragt. Armutsbetroffenheit bedeutet, dass deren Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.636 Euro je Haushalt mit einem Erwachsenen und einem Kind liegt. Für jedes weitere Kind kommen 377 Euro, jeden weiteren Erwachsenen 629 Euro hinzu.

Die Ergebnisse der Studie haben selbst die Volkshilfe überrascht, so auch Erich Fenninger, den Geschäftsführer der Organisation: innerhalb der Corona-Krise haben 51 Prozent der befragten Familien ihre Lebensqualität mit Schulnoten zwischen 4 und 5 benotet.

Mehr als drei Viertel aller Befragten gaben an, sich jetzt noch mehr Sorgen um die Zukunft zu machen. Auf rund die Hälfte (51 Prozent) der Familien hat sich die Corona-Krise finanziell negativ ausgewirkt. Ein hoher Prozentsatz, wenn man bedenkt, dass ihr Einkommensniveau schon vor der Krise unter der Armutsgefährdungsschwelle lag.

Erleichterung durch Wegfall des Schulbesuchs

Im Rahmen der Studie kam auch zum Vorschein, dass Kinder aus armutsbetroffenen Familien trauriger, einsamer und aggressiver als vor der Krise sind. Gleichzeitig war rund ein Viertel der Kinder erleichtert, dass sie nicht in die Schule mussten. Pikant: Ein Fünftel war fröhlicher, weil für sie dadurch schwierige Situationen wie etwa Mobbing weggefallen sind.

Die Ergebnisse der Volkshilfe-Umfrage bestätigen auch, was aus der Forschung über Kinderarmut bekannt ist: nämlich, dass armutsgefährdete Kinder mehrfache Benachteiligungen erfahren. Sie haben weniger soziale Kontakte, sind häufiger psychisch belastet und erleben den Schulbetrieb als herausfordernd.

Finanzielle Probleme wegen Homeschooling

Homeschooling sorgte in armutsbetroffenen Familien für zusätzliche finanzielle Probleme. Abgesehen davon, dass vielen Laptop oder Internetzugang fehlte, gaben 58 Prozent an, dass ihnen das Wissen fehle, um ihren Kindern bei den Aufgaben zu helfen. In mehr als einem Drittel der Fälle war auch Zeitmangel ein Problem, um den Kindern zu helfen.

Kindergrundsicherung gefordert

Die Volkshilfe fordert daher Schritte von der Politik. Darunter insbesondere Maßnahmen in den Bildungseinrichtungen, den Ausbau von Schulsozialarbeit, eine armutssensible Pädagogik in Kindergärten und Schulen. Denn nur, wenn den Lehrern auch bewusst sei, wie sich Armut auf die Kinder auswirkt, könnten diese auch entsprechend mit ihrem Unterricht darauf eingehen – und so eine „Zementierung der Bildungsungleichheit“ verhindern.

Darüber hinaus fordert die Volkshilfe eine staatliche Kindergrundsicherung nach eigenem Modell. Jedes Kind, das in Österreich lebt, soll 200 Euro bekommen, plus zusätzlich maximal 425 Euro für Einkommenshaushalte unter 20.000.

Nicht zuletzt fordert die Volkshilfe – wie auch die Arbeiterkammer, die Gewerkschaften und andere soziale Träger – eine Anhebung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes auf mindestens 70 Prozent.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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