Dienstag, April 23, 2024

Zwischen Message-Control und Realitätsverweigerung – Absurder Fake News-Vorwurf gegen zackzack

Absurder Fake News-Vorwurf gegen zackzack

Ein Sprecher des österreichischen Bundesheeres hob am Donnerstag die Message-Control der Regierung auf ein neues Level: Er wirft zackzack vor, absichtlich falsch berichtet zu haben. Ein Video bestätigt zweifelsfrei, dass unsere Berichterstattung korrekt war, doch Oberst Bauer bleibt bei seiner ganz eigenen Version der Wahrheit. Es wäre zum Lachen, ginge es nicht einen so schweren Vorwurf wie Fake News. Ein Kommentar von

Martin Pichler und Thomas Walach

Wien, 10. Juli 2020 | Es ist ein klassischer Füller-Artikel: bei einer Presskonferenz von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) kippt – wahrscheinlich wegen der Hitze – ein Soldat um. Eine Fernsehkamera dokumentiert, was dann passiert. Mehrere Personen laufen zum kollabierten Soldaten, ein Mitarbeiter nimmt ihm das schwere Scharfschützengewehr ab, er und ein Kollege helfen ihm auf die Beine.

Exakt das berichtet zackzack wenig später.

Trügerische Erinnerung

Das Problem: Der Sprecher des Bundesheeres, Michael Bauer, hat die Sache anders in Erinnerung. Er glaubt, die Ministerin, die ebenfalls zum kollabierten Soldaten läuft, habe das Gewehr genommen und dem Mann aufgeholfen. Stimmt zwar nicht – die Ministerin steht, woran absolut nichts Verwerfliches ist – bloß dabei. Ohne das Videomaterial im zackzack-Artikel anzuschauen, behauptet Bauer auf Twitter, seine eigene trügerische Erinnerung wäre Fakt und fragt: „Haben Sie absichtlich falsch berichtet, oder nur schlecht recherchiert?“ Bauer behauptet auch, seine Version der Geschichte wäre im Video erkennbar – einem Video, dass er sich offensichtlich gar nicht angesehen hatte.

Ein schwerer Vorwurf, leichtfertig erhoben. Wir weisen Bauer höflich auf seinen Fehler hin: Sie haben das falsch in Erinnerung, schauen Sie sich das Video an, da gibt es keine zwei Interpretationsmöglichkeiten. Man kann sich täuschen, kein Problem, nichts für ungut.

Die normale Reaktion eines Pressepsrechers wäre nun wohl, zu sagen: „Ich war so beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Ministerin, dass ich die Sache falsch in Erinnerung hatte. Den Vorwurf der (absichtlich) falschen Berichterstattung nehme ich zurück.“ Anständig wäre noch gewesen, sich zu entschuldigen, doch das verlangen wir gar nicht.

Das Pippi-Prinzip: Ich mach mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt

Nun passiert etwas Außergewöhnliches: Bauer nimmt die durch das Video erwiesene Tatsache, dass er sich täuscht, nicht zur Kenntnis. Er besteht darauf, es besser zu wissen – schließlich sei er ja dabei gewesen. Den Fake News-Vorwurf nimmt er nicht zurück.

Was tun? Den offensichtlich falschen, potentiell ehrenrührigen und kreditschädigenden Vorwurf einfach stehen lassen, weil er sich ohnehin diskreditiert? Oder dagegen halten? Wir beschließen, nicht aufzugeben und auf eine Richtigstellung zu pochen. Unnötig? Wir finden nein.

Wir sind den Fakten verpflichtet

Das Kapital eines Mediums ist seine Glaubwürdigkeit. Im Fall von zackzack stützt sie sich auf Faktentreue. Gerade, weil wir Boulevardjournalismus machen, ist uns unser Ruf als eines der besten Rechercheteams des Landes heilig. Es gibt in der zackzack-Redaktion drei Grundregeln:

1. Wir hetzen nicht gegen Schwache.
2. Wir machen keinen Voyeurismus
3. Der wichtigste Punkt: Es gibt bei zackzack keine Fake News, also absichtlich und in manipulativer Absicht gefälschte Fakten.

Wir spitzen zu, sind durchaus auch polemisch, wo es der Deutlichkeit dient, aber wir müssen immer, immer unsere Fakten in Ordnung haben.

Message Control in einer neuen Dimension

Auf der anderen Seite steht eine Armee an Pressemitarbeitern, die es teils als ihre Aufgabe sehen, Desinformation zu verbreiten. Die Behauptung, Ministerin Tanner hätte dem gestürzten Soldaten das Gewehr abgenommen ist nachweislich falsch. Wird sie trotzdem verbreitet, handelt es sich um Desinformation. Kombiniert mit dem ebenfalls falschen Vorwurf, zackzack hätte die Unwahrheit verbreitet, war diese vermeintliche Kleinigkeit der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Es ist eine Kleinigkeit, die für etwas Größeres steht: Politische PR-Apparate betreiben Message-Control. Die ÖVP und ihre Leute tun das besonders nachdrücklich, auch, indem sie den österreichischen Medienmarkt größtenteils unter ihre direkte oder indirekte Kontrolle gebracht haben. Zackzack ist der Gegenpol dazu.

Trumpismus wollen wir in Österreich nicht

Wenn Sprecher von Politikern oder Ministerien glauben, gegen unbestreitbare Beweise die Unwahrheit behaupten zu können und damit durchzukommen, sagen wir: Stopp, hier ist Schluss. Bei uns kommt ihr damit nicht durch. Korrekt berichtenden Medien Fake News vorzuwerfen ist Donald Trump-Stil. Den wollen wir hier bei uns nicht.

Typisch übrigens: Im Lauf des Abends erklären immer mehr Twitter-User – darunter prominente Journalisten – Michael Bauer, dass seine Behauptungen absurd sind. Also wechselt Bauer seine Strategie und moniert nun, wir hätte nicht ausführlich genug über die Ministerin und ihre Hilfe für den Soldaten berichtet. Das ist ein klassisches Ablenkungsmanöver. Abgesehen davon, dass zackzack sich ganz sicher nicht von einem Pressesprecher vorschreiben lässt, worüber und wie wir berichten, geht es darum gar nicht. Erst muss Bauer seinen falschen Vorwurf öffentlich zurücknehmen. Danach können wir uns gerne über Vorlieben beim Abfassen eines Artikels unterhalten – aber erst danach.

Der Gegenpol

Oberst Bauer hat seine nachweislich falsche Behauptung noch immer nicht zurückgenommen. Die Wahrheit ist dem Bundesheer offenabar egal. Auch wenn es Realitätsverweigerung ist – die eigene Botschaft muss unters Volk gebracht werden.

Uns zeigt das: Den Gegenpol braucht es nötiger denn je.

Titelbild: APA Picturedesk

Thomas Walach

und

Martin Pichler

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