Netz jubelt über Bild gegen Nationalismus
Ein Comic-Bild sorgt für Aufsehen: In den Chaostagen von Belgrad stützen jugoslawische Maskottchen aus den 1980er Jahren die Belgrader „Sieger-Statue“, das Wahrzeichen der Stadt. Das Netz jubelt ob der Geste der Solidarität.
Belgrad/Wien, 11. Juli 2020 | Damit hat Pedja Bajovic wohl nicht gerechnet, als er seinen Tweet absetzte. „Liebes Belgrad, eure Nachbarn sind mit euch“, twitterte der kleine Account und postete ein Bild des Künstlers Midhat Kapetanovic. Über 1.000 Mal wurde das Bild geteilt, über 6.000 Mal geliked.
Der gefallene Sieger von Belgrad
Das Comic-Bild beinhaltet bemerkenswerte Symbolik: In der Mitte ist das Wahrzeichen Belgrads zu sehen. Die Sieger-Statue (Pobednik) steht bei der Belgrader Festung Kalemegdan. Doch der „Sieger“ steht nicht stolz und aufrecht, sondern ist gefallen – am Bild wirkt er verletzt und gebrochen. Das einst stolze Belgrad mit seiner vielfältigen Geschichte erlebt aktuell schwere Unruhen – Belgrad, von einer allem Anschein nach korrupten und nationalistischen Regierung in den letzten Jahren weiter geschädigt, liegt am Boden.
Seit fast 100 Jahren überblickt der Belgrader “Sieger” die Stadt.
Das Schwert, das der Pobednik eigentlich in der Hand hält, hat er schon verloren. Aber am Comic kommen ihm zwei jugoslawische Maskottchen zur Hilfe. Links stützt „Zagi“ den Belgrader Pobednik. „Zagi“ war das Maskottchen der Sommer-Universiade von 1987 im Zagreb des damaligen Jugoslawien, der heutigen Hauptstadt von Kroatien.
1987 war “Zagi” glücklich.
Bei der Olympiade lachte „Zagi“ fröhlich, am Comic-Bild von Kapetanovic stützt er jetzt seinen Belgrader Freund und schaut verbissen nach rechts – als stünden dort die Feinde, die den Pobednik auf den Boden gebracht haben.
Im Comic: Sarajevo, Zagreb und Belgrad Seite an Seite
Der Wolf „Vučko“, deckt die angegriffene Flanke vom Belgrader Sieger und hält dessen Schwert kampfbereit in die Höhe. Ganz anders als bei der Olympiade 1984 in Sarajevo, im damaligen Jugoslawien. Heute ist Sarajevo die Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina. Damals lachte „Vučko“, als sich in Jugoslawien hunderte Nationen zur Winter-Olympiade getroffen hatten.
Sarajevo 1984, die einzigen Olympischen Spiele, die in der Sozialistischen Republik Jugoslawien veranstaltet wurden.
Jetzt taucht er wieder auf, in Tagen, in denen sich die Serben gegen das korrupte Vucic-Regime wehren. Nationalistische Ideen prägen die Ländern Ex-Jugoslawiens seit dem Zusammenbruch des Landes. Krieg und Gewalt haben die Gesellschaften nachhaltig traumatisiert.
Sarajevo, Zagreb und Belgrad – die Hauptstädte der Staaten, deren herrschende Politiker teilweise fanatisch Nationalismus schüren, rücken zumindest am Comic zusammen und widersetzen sich der Gefahr von rechts, die Serbien zu Boden brachte.
(ot)
Titelbild: AFP/twitter screenshot