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“Liebe ist kein Tourismus” – SPÖ und NEOS fordern die Regierung zum Handeln auf

SPÖ und NEOS fordern die Regierung zum Handeln auf

Tourismus und Liebe voneinander trennen – dafür kämpfen Paare, die sich seit Monaten durch die eingeschränkten Reisebestimmungen nicht mehr sehen dürfen. Auf Twitter haben sie sich zusammengeschlossen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. In Österreich fordern NEOS und SPÖ, dass gehandelt wird.

Wien, 13. Juli 2020 | Während Touristen wieder in vollgepackte Flieger steigen dürfen, um nach Mallorca zu All-Inclusive-Hotels zu reisen, sind tausende Paare aufgrund der geschlossenen Grenzen weiterhin voneinander getrennt. Jetzt fordern sie eine gleichberechtigte Reisebestimmung, denn Liebe ist nicht mit Tourismus gleichzustellen, sagen NEOS und SPÖ.

Breitere Definition von Partnerschaften gefordert

Das Aus- und Einreisen innerhalb Europas ist für Touristen in vielen Ländern wieder möglich. Auch in Wien füllen sich die Cafés, Restaurants und Sehenswürdigkeiten wieder mit Touristen. Währenddessen müssen binationale Paare immer noch darauf warten, sich wieder in die Arme schließen zu dürfen.

Die bisherigen Reisebeschränkungen setzen eine konservative Form der Paarbeziehung voraus. Nur verheiratete Paare gelten als einreiseberechtigt. Unverheirateten Paaren ist es nicht möglich, sich zu sehen. Die schwedische EU-Innenkommissarin Ylva Johansson fordert Reiseunternehmen und die EU-Staaten deshalb dazu auf, den Begriff „Partnerschaft“ so weit wie möglich auszulegen. „Partnern“ sollte eine Einreise ermöglicht werden, auch wenn sie nicht im selben Haushalt wohnen:

Die neue Empfehlung, die wir von der Kommission vorgelegt haben, besteht darin, die Definition eines Liebespaares zu erweitern. Jetzt liegt es an den Mitgliedstaaten, zu sehen, wie sie dies tatsächlich umsetzen.

NEOS und SPÖ: Liebe ohne Grenzen

Niki Scherak, Mandatar von den NEOS, hat diesbezüglich am vergangenen Donnerstag einen Antrag zur Klarstellung der Rechtslage in Österreich gestellt. Scherak will sich für eine Gleichberechtigung aller Paare einsetzen, die nicht verheiratet sind oder deren gleichgeschlechtliche Heiratsurkunde nicht anerkannt wird. Er fordert klare Kommunikation:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, klarzustellen, dass unter „besonders berücksichtigungswürdigen Gründen im familiären Kreis im Einzelfall” nach § 3 Z 3 der Verordnung über die Einreise nach Österreich in Zusammenhang mit der Eindämmung von SARS-CoV-2 auch Besuche durch nicht-verpartnerte und unverheiratete Partner bzw. Partnerinnen von in Österreich ansässigen Personen unabhängig vom Herkunftsland und unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt zu verstehen sind.

Auch die SPÖ-EU-Abgeordneten haben sich am vergangenen Donnerstag mit einem Brief, der auf Twitter veröffentlicht wurde, an Innenminister Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg gewandt:

SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder sieht die grundlegenden Eigenschaften Europas in Gefahr:

„Der Schengen-Raum – die Möglichkeit, gemeinsam zu reisen und zu leben ohne interne Grenzkontrollen – stellt eine der größten und wichtigsten Errungenschaften eines integrierten Europas dar. Diese Errungenschaft wurde durch COVID-19 auf die Probe gestellt und auch gefährdet.“

Perspektivlosigkeit und Angst

Die in Wien lebende Anna L.* wartet ebenfalls schon seit drei Monaten darauf, ihren Freund aus den USA endlich wieder sehen zu dürfen. Die beiden haben sich Anfang März das letzte Mal gesehen, mit dem festen Plan, sich eine gemeinsame Zukunft in Europa aufzubauen. Sie schildert gegenüber zackzack:

Der Abschied war damals sehr traurig, aber wir glaubten, dass wir uns in 2 Wochen wiedersehen. Daraus wurden jedoch fast fünf Monate: als mein Freund noch kurz seine Eltern in Kalifornien besuchte, kam der Schock – die Grenzen waren zu und jede Perspektive auf ein Wiedersehen ging verloren.

Als sie von den Neuigkeiten aus der Nationalratssitzung erfuhr, blieb Anna trotzdem skeptisch:

Die Angst, bei der Einreise könnte etwas schief gehen, ist aber leider nach wie vor vorhanden. Die Bedingungen sind teilweise schwammig ausgelegt, weshalb man Angst hat, dass die ganze Aktion an der Willkür eines Grenzpolizisten scheitern könnte. Zudem hört man immer wieder Horrorgeschichten von Menschen, die beim Transit, beispielsweise in Amsterdam gescheitert sind, da die Polizei dort nicht mit den Regeln anderen Ländern wie in Österreich oder Dänemark vertraut war.

Laut SPÖ fehlt es an Klarheit bezüglich der österreichischen und europäischen Rechtslage. In einer Stellungnahme an zackzack heißt es:

Binationale Paare geben an, in Österreich von verschiedenen Stellen, verschiedene Informationen erhalten zu haben. Diese Unklarheiten und die damit verbundene Rechtsunsicherheit sollten schnellstens behoben werden. Dazu müssen die Ministerien eine gemeinsame Linie festlegen, die nach den EU-Familiendefinitionsrichtlinien ausgerichtet ist und für binationale Paare die bestmögliche Rechtssicherheit und Bedürfnisbefriedigung darstellt.

SPÖ: Anschober und Nehammer spielen mit Rechtssicherheit

Andreas Schieder (SPÖ) kritisiert zackzack gegenüber besonders die Verordnung über die Einreise nach Österreich von Gesundheitsminister Anschober. Diese sei besonders für unverheiratete Liebespaare sehr unklar formuliert:

Die Umsetzung dieser Verordnung obliegt dem Innenministerium. Es lässt sich sagen, dass hier wieder eine typisch österreichische Lösung gefunden wurde, die weder besonders bevölkerungsfreundlich, noch besonders klar formuliert ist. Hier haben andere Länder wie Dänemark Kompetenz bewiesen und klare Verhältnisse geschaffen. Daran gilt es sich zu orientieren und nicht Verantwortungen für die Rechtsauslegung zwischen Ressorts hin und herzuschieben.

Dänemark als Vorreiter

Gemäß des Europäischen Rechts ist festgelegt, dass der Partner, mit dem „der Unionsbürger eine ordnungsgemäß nachgewiesene dauerhafte Beziehung führt“, ebenfalls als Familienangehöriger anzusehen ist.

Dänemark war bis jetzt der erste und einzige Mitgliedstaat der EU, der die Familiendefinition vollständig anwendet. In Dänemark dürfen aus Nicht-EU Staaten bereits alle Formen von Partnerschaften einreisen, sofern ein negativer Corona-Test und eine Beziehungsdauer von mindestens drei Monaten nachgewiesen werden. Hierbei wird noch ausgehandelt, ob und wie die Dauer der Beziehung überhaupt nachgewiesen werden kann. Fest steht aber, dass Liebe über Grenzen hinausgeht – was auch in Österreich bald rechtlich festgehalten werden dürfte.

*Der Name wurde geändert.

(jz/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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