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ÖVP wollte Staatsimmobilien privatisieren – Schon wieder türkiser Geheimplan aufgeflogen

Schon wieder türkiser Geheimplan aufgeflogen

Nach dem Bundesrechnungszentrum fliegt der nächste türkise Geheimplan auf. Dokumente, die zackzack vorliegen, zeigen, wie das Finanzministerium unter Hartwig Löger an der Privatisierung der Austrian Real Estate (ARE) arbeitete. Im Raum stand ein Börsengang. Erneut mittendrin: Kurz-Intimus Thomas Schmid.

Wien, 14. Juli 2020 | Zuerst der Geheimplan rund um das größte Datenzentrum der Republik: das Bundesrechenzentrum sollte privatisiert werden; dann der türkise Geheimplan rund um das Glücksspiel in Österreich; und jetzt taucht der nächste ÖVP-Plan auf! Laut Unterlagen, die zackzack vorliegen, plante die Kurz-ÖVP während Türkis-Blau, Luxusimmobilien, die im Besitz der Republik sind, zu privatisieren.

Türkise Geheimpläne mit österreichischen Luxusimmobilien

Die Austrian Real Estate (ARE) vermietet nach eigenen Angaben 1,7 Millionen Quadratmeter Gebäudeflächen im Wert von 2,8 Milliarden. Insgesamt besitzt man 550 Bestandsliegenschaften. Man kümmert sich um Büroräume und um gehobenen Wohnraum – die ARE ist nicht dafür da, leistbaren Wohnraum zu schaffen, sagt die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Sie ist der Eigentümer der ARE.

Die BIG ist wiederum im Besitz der ÖBAG. Die steht seit Wochen im Kreuzfeuer, denn gegen ihren Chef, den türkisen Kanzler-Intimus Thomas Schmid, wird aufgrund von Suchtgiftdelikten und Korruptionsverdacht ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Schmid war zuvor Generalsekretär im türkisen Finanzministerium und ist nun der Herr über die Staatsbeteiligungen der Republik.

Während der ehemalige UNIQA-Chef Hartwig Löger unter Türkis-Blau als Finanzminister diente, plante sein Ministerium offenbar die Privatisierung der AGE. Im November 2018 lagen bereits konkrete Planspiele über den Verkauf der ARE im Finanzministerium am Tisch: ein Börsengang oder eine Teilprivatisierung.

Schon im Mai 2018 hatte die ARE ein umfassendes Strategiepapier entwickelt, das vom Löger-Finanzministerium “goutiert” wurde.

Investoren mit “öffentlichen” Aufgaben

Wie weit die Pläne schon waren, zeigt ein Blick in ein Strategiepapier: Der Verkauf an Anteilen sei „im Gegensatz zum Börsengang schneller umsetzbar“, allerdings könne sich dabei „eine Abhängigkeit von wenigen privaten Investoren“ entwickeln. Doch der Börsengang sei offenbar attraktiver gewesen. Denn dabei habe es „attraktive Veranlagungspläne für Investoren mit „öffentlichen“ Aufgaben: Sozialversicherungen, Pensionskassen, private Pensionsvorsorgekassen“ gegeben.

Zur Erinnerung: Der damalige Finanzminister Löger war Chef der UNIQA – die Versicherung, die die größten sogenannten Betriebskassen verwaltet. Diese „zweite Säule“ des Pensionssystem wurde von Wolfgang Schüssel eingeführt. Die UNIQA hätte ein neuer, privater Investor mit “öffentlicher Aufgabe” werden können, wenn die Pläne umgesetzt worden wären.

Beteiligte dementieren

Geplant soll weiters gewesen sein, dass nach der ÖBAG-Umstrukturierung im Frühjahr 2019 die ARE ausgelagert werde. Das wurde aber schon 2018 mitgedacht. In einem internen Entwurf der ARE nahm man sich damals zum Ziel, „börsenfit“ zu werden. Damit wird es für Thomas Schmid noch enger: Er behauptete im U-Ausschuss, dass die ÖBAG ja erst im Frühjahr 2019 umgegründet worden (zuvor ÖBIB, Anm.) und er deshalb nicht in vorige Pläne involviert gewesen sei. Das ist wohl kaum mehr haltbar, denn die Dokumente zeigen, dass Thomas Schmid im September 2018 bei einem „Workshop“ zur „Eigentümerstrategie der BIG“ teilgenommen hat, sogar Vorträge soll er gehalten haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Sowohl BIG, als auch ÖVP sehen sich völlig schuldlos. “Es war zu keiner Zeit ein Börsengang der ARE geplant.” Ebenso wenig seien Anteilsverkäufe geplant gewesen. Im Finanzministerium wurden die Überlegungen „goutiert“, wie es in Protokollen heißt.

Die ARE erhielt 2015 zwei Milliarden Steuergeld, man sollte damit 10.000 Wohnungen bis 2020 bauen. Gebaut wurden Luxusimmobilien. 2017 bot die AGE im vierten Wiener Gemeindebezirk 200 Quadratmeter für zwei Millionen Euro zum Verkauf an. Im 3. Bezirk wird gerade an den “Triiiple”-Türmen gebaut – in Zusammenarbeit mit der privaten Investmentgruppe „Soravia“.

Unter einer halbe Million Euro ist es schwer, eine Eigentumswohnung im “Triiiple-Tower” zu finden. Screenshot: Website triiiple.at

Falschaussage von Schmid im U-Ausschuss?

Dort kostet eine aktuell noch verfügbare Wohnung mit 69 Quadratmetern 602.180 Euro, direkt neben dem Donaukanal und knapp an der Autobahn, mit Blick auf Prater und Schneeberg.

  “Die ARE baut mit Steuergeldern Luxusimmobilien, sogar in Deutschland. Das ist skandalös, denn das hat nichts mit dem politischen Ziel des leistbaren Wohnens zu tun“,

sagt die Grüne Nina Tomasseli. Ihr Koalitionspartner plante aber genau das: So lautete die Ausrichtung der Wachstumsstrategie BIG im Juli 2018: „Keine gemeinnützigen/geförderten Wohnungen“, stattdessen setzt man auf „Stadtteilentwicklung“, wie eben bei den Triiple-Türmen.

Jan Krainer (SPÖ) sagt zu zackzack:

„Die ÖVP versucht alles zu verhökern was nicht niet- und nagelfest ist. Das ist bekannt, aber dennoch unfassbar. Gerade bei der Privatisierung von Immobilien überraschen mich die ÖVP-Pläne aber nicht, so funktioniert diese Partei. Die Pläne rund um das Bundesrechenzentrum, bei denen es um hochsensible Daten der Bevölkerung geht, schockieren aber sogar mich.“

Stephanie Krisper (NEOS) kündigte gegenüber zackzack an, die „Sachverhaltsdarstellung gegen ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid wegen falscher Beweisaussage erweitern.“ Erst letzte Woche hatte sie angeündigt, Schmid aufgrund einer möglichen Falschaussage in der Causa Casinos anzuzeigen. Außerdem wollen die NEOS eine „parlamentarische Anfrage einbringen, um auch auf politischer Ebene aufzuklären.“

Der damalige Koalitionspartner FPÖ hat nach eigenen Angaben nichts von den Privatisierungsplänen gewusst.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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