Jetzt spricht eine werdende Mutter
Unerwartet schwanger, und das mitten in der Corona-Krise. Werdende Mütter müssen jetzt gerade doppelt vorsichtig sein. Doch die Unsicherheit, was mit sich selbst und dem Kind passiert, stellt viele Frauen auf eine Belastungsprobe – so auch die 24-Jährige Victoria, die nun in der 15. Woche schwanger ist.
Wien, 15. Juli 2020 | Die in Spanien geborene Niederösterreicherin, Victoria, hat vor ein paar Monaten noch ihr Studium abgeschlossen, als Windsurflehrerin in einer Surf- und Segelschule am Neusiedler See gearbeitet, nebenbei in einem Heurigen gekellnert und Kindern Spanisch unterrichtet. Ihr Leben hat sich durch die Corona-Krise stark verändert. Doch dann kam obendrauf die Überraschung: Sie ist ungeplant schwanger.
Zackzack: Victoria, wie war deine Reaktion, als du auf einmal erfahren hast, dass du schwanger bist? Hat die aktuelle Situation deine Reaktion beeinflusst?
Victoria: Hätte man mir vor einem Jahr gesagt, wie mein Leben jetzt aussehen würde, hätte ich das nie geglaubt. Ich habe mich aber ab der ersten Minute sehr gefreut, als ich die Nachricht erfuhr. Ich wollte schon immer einmal Mama werden – der Zeitpunkt könnte jedoch besser sein. Ich bin aber auch sehr erleichtert, dass ich einen Freund habe, der mich da sehr unterstützt. Wir hatten generell schon vorgehabt, irgendwann mal Kinder zu kriegen. Trotzdem habe ich gerade erst mein Studium beendet und hatte noch so viel vor. Dann kam Corona und jetzt die Überraschung.
ZZ: Machst du dir große Sorgen um dich und das Kind?
V: Die Unsicherheit ist die größte Sorge. Aber da sind auch andere Sorgen der Planung: Wie schaffe ich es, mich finanziell über Wasser zu halten? Ich musste mich auf einmal um so vieles kümmern: Von Wohnungssuche, über Behördengänge, bis hin zu zahlreichen Arztterminen.
Auf einmal gehöre ich mit 24 Jahren zur Risikogruppe.
ZZ: Wie gehst du damit um, in so jungen Jahren plötzlich zur Risikogruppe zu gehören?
V: Nach bisherigem Wissensstand gibt es zwar keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko während der Schwangerschaft, jedoch sollte jede mögliche Krankheit vermieden werden. Somit gehöre ich auf einmal mit 24 Jahren zur Risikogruppe, das ist schon ein komisches Gefühl, da ich eigentlich topfit bin. Als Windsurf-Lehrerin musste ich ständig auf andere aufpassen. Jetzt muss ich auf mich aufpassen und vor allem auf mein Baby.
Als schwangere Frau in Corona-Zeiten ist man sehr auf sich allein gestellt.
ZZ: Bekommst du Unterstützung von deiner Familie aus Spanien?
V: Die größte Belastung für mich ist eigentlich, dass mich meine Familie bei der Schwangerschaft nicht begleiten kann. Sie alle leben in Barcelona und dürfen mich nicht besuchen.
Spanien ist sehr stark vom Virus betroffen. Meine Eltern gehören zur Risikogruppe und es würde auch ein großes Risiko für mich darstellen, wenn ich jetzt nach Spanien fliege. An sich wäre es nicht verboten, jedoch versuche ich, soweit es geht, die Chance eines Risikos in jeglicher Form zu vermeiden – was aber bedeutet, meine Familie nicht sehen zu können.
Langfristig gesehen kann man sich keine Gedanken machen: Man weiß nie, wann der nächste Lockdown kommt.
ZZ: Arbeitest du zurzeit noch?
V: Ich dürfte an sich weiterhin am See Windsurfen unterrichten, jedoch bin ich dort die ganze Zeit der Sonne ausgesetzt und irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo es zu gefährlich für mich und mein Baby wird, aufs Board zu steigen. Den Kellner-Job kann ich ebenfalls nicht mehr ausüben. Langfristig gesehen kann man sich keine Gedanken machen: Man weiß nie, wann der nächste Lockdown kommt. Ich betreue jetzt aber für die Surf- und Segelschule die Social Media-Accounts, so halte ich mich gerade etwas über Wasser.
ZZ: Gibt es Möglichkeiten, als werdende Mutter dementsprechend gefördert zu werden?
V: Ich warte schon sehr lange darauf, einen Termin beim AMS zu bekommen. Ich will mich erkundigen, welche Möglichkeiten ich habe. Jedoch brennen dort die Telefone heiß, man muss sehr lange warten, um Auskunft zu erhalten. Die wissen auch, dass ich schwanger bin, das wird ja direkt angemeldet. Ich habe dann einen Termin bekommen, aber erst für Ende August. Und generell ist es als schwangere Frau sowieso schon schwer genug, sich für Jobs zu bewerben. Da ist es gut, dass ich gerade auf die Social Media-Jobs zurückgreifen kann.
Ich muss mich mit dem Gedanken abfinden, mein Kind ohne meinen Freund auf die Welt zu bringen.
ZZ: Ist das Mitbringen einer Begleitperson bei gynäkologischen Kontrollterminen verboten?
V: Zu allen Untersuchungen muss ich alleine gehen. Mein Freund darf aus Sicherheitsgründen nicht mitkommen und das finde ich sehr unfair. Das Kind ist ja schließlich nicht nur meins. Ich würde ihn schon gerne dabeihaben und das macht auch etwas mit der Beziehung, da er sich dann natürlich sehr ausgeschlossen fühlt. Ich muss mich wohl langsam mit dem Gedanken abfinden, mein Kind ohne meinen Freund auf die Welt zu bringen.
ZZ: Habt ihr über Alternativen zum Krankenhaus nachgedacht?
V: Ja, wir denken schon darüber nach, in ein Geburtshaus zu gehen. Aber auch dort konnte man uns keine genauen Infos darüber geben, ob mein Partner bei der Geburt dabei sein darf. Ich verstehe einfach nicht, warum alle Restaurants und Bars wieder öffnen und überall etwas Normalität einkehrt, während mein Partner nicht mal beim Ultraschall dabei sein kann. Ich verlange da einfach mehr Klarheit vom Gesundheitssystem. Es ist irgendwo eine Zumutung, Frauen alleine durch die Schwangerschaft gehen zu lassen – ganz bis zur Geburt.
ZZ: Gibt es noch etwas, was du Frauen in deiner Situation mit auf dem Weg geben möchtest?
V: Veränderungen bieten neue Möglichkeiten. Änderungen können Angst machen, aber letztendlich ist es eine Chance, wenn man neue Türen öffnen kann. No risk no fun.
ZZ: Wir bedanken uns herzlich deine Offenheit und wünschen dir alles Gute!
Das Interview führte Julia Zander
Titelbild: APA Picturedesk