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Israel vor zweitem Lockdown – Schnelle Öffnung, Konsumaufruf, Proteste

Schnelle Öffnung, Konsumaufruf, Proteste

Israels Premierminister Netanjahu hatte seine Bürger zum Ausgehen und Konsumieren aufgerufen. Die Infektionszahlen stiegen danach wieder stark an, gleichzeitig warnte er selbst immer wieder vor einem zweiten Lockdown. Der kommt jetzt auch – als Fleckerlteppich.

Wien, 19. Juli 2020 | In der israelischen Bevölkerung herrscht Medienberichten zufolge große Verstimmung: der zweite Lockdown steht vor der Tür, wenn auch nur an Wochenenden. So kam es am Wochenende wieder vermehrt zu Protesten. Die Demonstranten werfen der Regierung von Kurz-Freund Netanjahu Unfähigkeit vor.

Widersprüchliche Aussagen

Erst vor wenigen Tagen hatte Netanjahu noch dazu aufgerufen, dass die Bevölkerung rausgehen und ihr Geld ausgeben solle.

„Wir müssen die Wirtschaft in Schwung bringen. Die Leute sitzen zu Hause, sie konsumieren nicht“,

so der rechtsnationale Ministerpräsident. Netanjahu hatte allerdings auch immer wieder vor einem weiteren Lockdown gewarnt. Ob der zunächst strikten Coronapolitik war es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Protesten gegen die Regierung gekommen. Danach wurde schnell und kräftig “hochgefahren”.

Seit Beginn im Juli ist die Zahl der Infizierten von 10.000 auf ungefähr 27.000 angestiegen. Davon sind ungefähr 210 Personen in einem kritischen Zustand, also ungefähr 1 Prozent. Die tägliche Zunahme lag im Schnitt bei etwa 1.000 Personen, in den letzten Tagen sogar bei fast 2.000 Infizierten pro Tag.

Dabei testet Israel rigoros: fast 150.000 Tests pro eine Millionen Einwohner Tests kann man verbuchen. Im Vergleich dazu: Österreich hat bei einer ähnlichen Einwohnerzahl nur 81.000 Tests pro eine Millionen Einwohner.

Proteste und wirtschaftliche Probleme

Beobachter schreiben die kritische Corona-Situation den zu schnellen Lockerungen der Regierung zu, die noch vor wenigen Monaten den Geheimdienst die Quarantäne überprüfen ließ. Auch die Wirtschaft leidet: mittlerweile ist jeder fünfte Israeli arbeitslos. Das angekündigte Hilfspaket wird zudem von der Opposition, den Demonstranten und einigen Experten als zu klein und unwirksam kritisiert.

“Sie sind nicht bodenständig, wir haben es satt”, stand auf dem Poster eines Demonstranten.

“Wenn es keine Demokratie gibt, bekommen die Menschen 750 Schekel (nicht ganz 200 Euro)”,

verspottete ein anderer das Hilfspaket des Premierministers. Die Massenproteste am Wochenende in Tel Aviv bezogen sich vor allem auch auf die Wirtschaftspolitik der Regierung. Viele Unternehmer beschweren sich über die nie ausgezahlten finanziellen Hilfen.

Auch in den Umfragen sieht es für Kurz-Freund Netanjahu nicht gut aus: Erhebungen von zwei verschiedenen TV-Sendern ergaben, dass zwischen 75% und 85% nicht zufrieden mit den wirtschaftspolitischen Entscheidungen in der Pandemie sind.

Aufruf zum Rücktritt

Der Ministerpräsident hat aber auch noch andere Baustellen. So gab es in den vergangenen Tagen auch Proteste vor dem Grundstück Netanjahus in Jerusalem. Die Demonstranten forderten seinen Rücktritt auf.

Hintergrund ist, dass Benjamin Netanjahu als erster israelischer Regierungschef im Amt vor Gericht wegen mehreren Korruptionsskandalen geladen ist, es gilt die Unschuldsvermutung. Am heutigen Sonntag findet die nächste Gerichtsverhandlung statt. Die drei Vorwürfe lauten: Betrug, Veruntreuung und Korruption.

Massive Korruptionsskandale

Vor ungefähr 4 Jahren begannen die Untersuchungen gegen Netanjahu. Der Corona-Ausbruch hat bis zuletzt aber den Gerichtstermin verschoben. Im Mai war Netanjahu kurz vor das Gericht getreten, um dort zum Rundumschlag gegen Polizei, Richter, Staatsanwälte und Medien auszuholen. Es würde sich bei den Vorwürfen um eine Verschwörungstheorie handeln.

Neben den Vorwürfen von Bestechung, Betrug und Vertrauensbruch steht ein weiterer Verdacht im Raum: Netanjahu soll Abkommen mit Medieninhabern getroffen haben, um in der Berichterstattung positiv erwähnt zu werden.

Connections mit Kurz

Sebastian Kurz hält enge Verbindungen mit dem Premierminister. Zuletzt war Bundeskanzler Sebastian Kurz im Parlament negativ aufgefallen, als er sich nicht mehr daran erinnern konnte, was genau er mit Netanjahu am Telefon besprochen hatte – Zackzack berichtete über das “Corona-Telefonat”.

(mp)

Titelbild: APA Picturedesk

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