Generalamnestie gefordert
In einer Meinungsumfrage sind fast 40 Prozent für eine Aufhebung der Coronastrafen. Die SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim fordert bereits seit Mai eine Generalamnestie für die unrechtmäßigen Strafen. Von Regierungsseite wird weiter gemauert.
Wien, 21. Juli 2020 | Während der Coronakrise wurden viele Strafen von der Polizei ausgeteilt. Laut den Entscheiden einiger Verwaltungsgerichte allerdings zu unrecht – einige Strafen wurden bereits durch Gerichte gekippt. Die Justizsprecherin der SPÖ, Selma Yildirim, fordert eine Generalamnestie: Die ohne gesetzliche Basis ausgestellten Strafen sollen erlassen werden, die Regierung soll handeln. Auch die Landesverwaltungsgerichte stimmen ihr zu.
Eine Sonntagsumfrage der Zeitschrift “Profil” ergab nun, dass 39 Prozent der Bevölkerung einen Corona-Strafenerlass fordern. Die Meinung scheint gespalten zu sein, denn 42 Prozent sind dagegen. Für Yildirim ist die Debatte populistisch geführt, denn viele Bürger vertrauen der Rechtsordnung.
Regierung unentschlossen
Unter den Ministern ist man sich uneinig und schiebt die Generalamnestie auf die lange Bank. Für Justizministerin Zadic ist es ein Punkt, den man koalitionsintern besprechen müsse. ÖVP-Innenminister Karl Nehammer hingegen spricht sich vehement gegen die Aufhebung der zu unrecht gestellten Coronastrafen aus. Er verweist auf die laufenden Verwaltungsstrafverfahren.
Der Einzige aus der Regierungsbank, der sich dem Thema angenommen hat, ist Vizekanzler Werner Kogler. In einem Interview überlegte er eine Teilamnestie. Nur der scheint ihren Antrag nicht durchgelesen zu haben, mutmaßt Selma Yildirim: Er fordere den gleichen Inhalt wie sie, nur mit anderem Begriff. Für Yildirim ist das Augenauswischerei. Es gehe ihr um den Inhalt und das Ergebnis.
Gerichte kippten Ausgehverordnung
Schon im Mai stimmten die Gerichte der roten Justizsprecherin zu und stellten sich gegen die Ausgehverordnung. Genau die wurden von den Landesverwaltungsgerichten gekippt. Zuerst in Niederösterreich, dann in Wien und mehr könnten folgen, so Yildirim. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich kippte die Verordnung der Regierung:
„Der öffentliche Raum durfte aus jedem Grund betreten werden.“,
wurde im Gerichtsbeschluss festgehalten.
Fast die Hälfte der Strafen betrifft 14 bis 21 Jährige
Diese niemals erlassene Ausgangsbeschränkung führte zu vielen Strafen. Am meisten waren Jugendliche betroffen. Alleine in Vorarlberg sind 48 Prozent der Corona-Strafen auf 14 bis 21 Jährige zurückzuführen. Brisant: Grüne als auch ÖVP stimmten einem Entschließungsantrag der SPÖ zu, in dem sie zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen in der Coronakrise aufrief. Trotzdem scheint die Regierung nicht davon abrücken zu wollen – das Warten auf eine Generalamnestie geht weiter. Das Gesundheitsministerium, von dem die Verordnung ursprünglich erlassen wurde, will keinen Erlass umsetzen, wie Bundesländer mit den Strafen umgehen sollen.
Offiziell ist für die Verwaltungsgerichte die Verfassungsministerin Edtstadler zuständig, denn die Corona-Anzeigen fallen unter Verwaltungsstrafen. Aber wo die Generalamnestie im Nationalrat eingebracht wird, spielt laut der Justizsprecherin keine Rolle. Es sei für Selma Yildirim rechtlich egal, ob man es im Justiz-, Verfassungs- oder Gesundheitsauschuss behandle, solange es zu einem Ergebnis führe.
Opposition gegen unrechtmäßige Strafen
Auch die FPÖ und NEOS sind für die Generalamnestie und haben Anträge eingereicht. Die überzogenen Strafen führen zu wirtschaftlichen Schäden bei Personen, die bereits an der Corona-Krise leiden, so die Justizsprecherin der SPÖ.
„Würde die Regierung Größe zeigen, würde sie die immer komplexer werdenden Verordnungen vereinfachen. Damit würde man die Bevölkerung und die Verwaltungsbediensteten entlasten.“
Anstatt dass sich jede Person selbst um die Aufhebung der unrechtmäßigen Strafen kümmern sollte, wäre es einfacher, wenn die Regierung sich entschuldigt und die überbordenden Maßnahmen zurückziehe, urteilt sie. Bis jetzt wurde von Seiten der Regierung noch nichts unternommen – diese lässt die Bestraften weiter zahlen.
(mp)
Titelbild: APA Picturedesk