Donnerstag, März 28, 2024

Viertagewoche: Österreicher mehrheitlich dafür

Österreicher mehrheitlich dafür

Die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher wünscht sich eine Vier-Tage-Woche. Eine aktuelle Umfrage befeuert auch die Diskussion um das neue SPÖ-Corona-Modell zur Vier-Tage-Woche. Vorerst blockiert immer noch die ÖVP die bereits lange von Arbeiterkammer und SPÖ geforderte Arbeitszeitverkürzung.

Wien, 21. Juli 2020 | Es ist nicht die erste Umfrage zu dem Thema – und das Ergebnis fällt auch nicht das erste Mal eindeutig aus: Eine Umfrage von Unique Research für die Tageszeitung „Heute“ ergab, dass die meisten Befragten sich für eine vier-Tage-Woche aussprechen. Rund 800 Menschen wurden von Unique Research für „Heute“ befragt: Insgesamt sind 46 Prozent der Befragten dafür, 45 Prozent dagegen, neun Prozent sind unentschlossen.

Screenshot Twitter

Insbesondere die ÖVP senkt den Schnitt: Von allen Befragten waren zwei Drittel der ÖVP-Wähler gegen, ein Drittel für die vier-Tage-Woche. Bei Wählern aller anderen Parteien findet das Modell eindeutige Zustimmung, insbesondere im Schatten der derzeit hohen Arbeitslosen- und Kurzarbeits-Zahlen: 57 Prozent Zustimmung erntet das Modell von SPÖ-Wählern, 56 Prozent von Grün-Wählern. Wähler von NEOS sprachen sich sogar zu 59 Prozent dafür aus, FPÖ-Wähler nur zu 47 Prozent.

Gewerkschaften, Arbeiterkammer sowie die SPÖ fordern nicht erst jetzt – allerdings angesichts der derzeitigen Krisen-Situation jetzt erst recht – endlich eine ernsthafte Diskussion der Arbeitszeitverkürzung. Damit würden die Menschen zufriedener, und es könnten 100.000 Arbeitsplätze geschaffen werden, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck findet, dass Betriebe dadurch zusätzlich belastet werden würden.

SPÖ-Modell schafft 100.000 Arbeitsplätze und unterstützt Betriebe in Krise

Während Vollzeitbeschäftigte im Schnitt mehr als 41 Stunden arbeiten, finden Hunderttausende keinen Job. Das findet die SPÖ ungerecht: „Wenn wir zu wenig Arbeit haben, müssen wir sie eben neu und gerecht verteilen“. Angesichts des massiven Anstiegs von Arbeitslosen in Österreich griffen die Sozialdemokraten eine alte Forderung neu auf und präsentierten ein Modell der Vier-Tage-Woche, das insbesondere angesichts der Corona-Krise dringend nötig sei: Wer vier Tage die Woche arbeitet, soll 95 Prozent des Gehalts beziehen. Dadurch würden 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Finanziert soll das jeweils zu einem Drittel vom AMS, von den Unternehmen und von den Angestellten (5 Prozent weniger Gehalt) werden. Angesichts der Corona-Arbeitslosen soll das Modell, wie die SPÖ es fordert, vorerst für drei Jahre gelten:

„Damit werden Arbeitsplätze gesichert und geschaffen, von der Krise betroffene Betriebe unterstützt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert“,

so SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner über das Modell.

Kurzarbeit kostet Vielfaches von Arbeitszeitverkürzung: Arbeiterkammer und Gewerkschaft fordern Vier-Tage-Woche

Auch die Arbeiterkammer spricht sich abermals klar für eine Vier-Tage-Woche aus: „An der Arbeitszeitverkürzung führt kein Weg vorbei“, so die AK-Expertin Silvia Rosoli im zackzack-Interview. Der AK-Ökonom Simon Theurl argumentiert, dass die Vier-Tage-Woche zu weniger Ausgaben für Arbeitslosigkeit und gleichzeitig steigenden Einnahmen durch höhere Beschäftigung führe:

„Man muss die Kosten für eine Arbeitszeitverkürzung, die der Staat für einige Zeit fördert, mit den Kosten für die Arbeitslosigkeit gegenrechnen. In der aktuellen Situation wäre es sinnvoll, die Kosten für die Arbeitslosigkeit in eine Unterstützung der Arbeitszeitverkürzung umzuleiten“

Die Kosten für das Modell der Vier-Tage-Woche beliefen sich bei einer Million Menschen auf rund 1,14 Milliarden Euro, das derzeitige Kurzarbeit-Modell kostet ein Vielfaches: bei aktuell 832.455 Teilnehmenden rund sechs Milliarden Euro.

Insbesondere der Österreichische Gewerkschaftsbund befeuert die Diskussion um eine Viertagewoche in den Sozialen Medien regelmäßig.

Mahrer und Schramböck blockieren

Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer stellte im Zuge der Verhandlungen mit den Sozialpartnern zu einem neuen Kurzarbeitsmodell klar:

“Ich spreche mich dezidiert und klar gegen jegliche Form der Arbeitszeitverkürzung aus.”

Auch Wirtschaftsministerin Schramböck lässt kein gutes Haar an Rendi-Wagners neuem Modell der Viertagewoche: Der Vorschlag würde heimische Betriebe “schwächen und zusätzlich belasten”.

Christoph Badelt, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), hält die Rechnung der SPÖ außerdem für zu simpel – dass automatisch neue Arbeitsplätze durch die Vier-Tage-Woche geschaffen würden, sieht er anders und spricht von einem „Qualifizierungsproblem“. Kritiker der Vier-Tage-Woche bemängeln darüber hinaus, dass die Arbeitszeitverkürzung zu mehr Stress bei den Arbeitnehmern führen könne, wenn trotz kürzerer Arbeitszeit die Leistung gleich bleiben müsse.

Wiener Grüne wollen 35-Stunden-Woche für städtische Betriebe

Während SPÖ, Gewerkschaften und Arbeiterkammer auf die Vier-Tage-Woche pochen und die ÖVP sich klar dagegen ausspricht, erntet das Thema Schweigen vom grünen Koalitionspartner. Eine Stellungnahme der Grünen zu dem Thema ist bis Redaktionsschluss leider ausgeblieben. Zumindest der Vorarlberger Grünen-Klubobmann Daniel Zadra sprach sich für eine Arbeitszeitverkürzung aus. Die Wiener Grünen lassen nun mit der Forderung nach einer 35-Stunden-Woche für alle Beschäftigten in städtischen Betrieben aufhorchen.

https://twitter.com/ninowur/status/1285131867893751808

“Warum nicht gleich das Modell, das SPÖ, Arbeiterkammer und Gewerkschaften fordern?”,  fragt ein Twitter-User die Grünen.

Weniger Arbeit tut allen gut

Wissenschaft und Praxis sind sich einig: Weniger Arbeit tut allen gut – auch den Unternehmen. Zahlreiche Studien belegen dies, wie auch der ÖGB anführt:

Screenshot Twitter

Ein Experiment von Microsoft Japan zur Vier-Tage-Woche verlief sogar so sensationell gut, dass es wiederholt werden sollte. Das Experiment zeigte die zahlreichen positiven Effekte einer Vier-Tage-Woche: Die Umwelt wurde weniger ausgebeutet, das Unternehmen verringerte seinen CO2-Abdruck und steigerte seine Produktivität – und die Mitarbeiter waren wesentlich zufriedener und motivierter: win-win für alle.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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