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Was ist los, Herr Anschober? Einreise-Verordnung sorgt für Verwirrung

Einreise-Verordnung sorgt für Verwirrung

Seit Montag 0 Uhr gelten nun auch die vom Gesundheitsminister verordneten, neuen Einreise-Beschränkungen nach Österreich. Wer genau, von wo aus und wie einreisen kann, bleibt selbst für Verfassungsjuristen unklar.

Wien, 27. Juli 2020 | Fehler, Unklarheiten, Gegensätzlichkeiten: Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) tut es Kritikern zufolge seinem Kollegen, Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) gleich und erlässt eine neue Verordnung, die für massive Verwirrung sorgt.

Fehlerhafte Verordnung

Von Verfassungsjuristen erntet die neue Verordnung scharfe Kritik: Im Ö1-Mittagsjournal kritisiert Manfred Matzka, ehemaliger Spitzenbeamter im Bundeskanzleramt:

„Ich finde 27 Fehler drin – Beistrich- und Rechtschreibfehler inklusive. Das zeigt eine gewisse Schlampigkeit. Die Schlampigkeit der Rechtsvorschriften mindert das Vertrauen in das Recht und den Gehorsam gegenüber dem Recht.“

Ein Beispiel: Die Verordnung des Gesundheitsministers schafft es, in ein und demselben Satz Personen gleichzeitig ein- und auszuschließen:

Würde bedeuten: Gilt für alle Personen. Diese Formulierung führt sich ad absurdum. Screenshot aus der Verordnung des Gesundheitsministers.

Weiter unten passiert derselbe Fehler erneut:

“Sowas hab‘ ich noch nicht erlebt“

Auch der Verfassungsjurist Heinz Mayer kritisiert im Ö1-Mittagsjournal am Montag die Verordnung:

„Ich bin in wesentlichen Punkten gescheitert, weil schwere grammatikalische Schnitzer drinnen sind – das ist sicherlich ein Meisterstück, sowas hab‘ ich eigentlich noch nicht erlebt.“

Mayer weist außerdem auf die Unklarheit des Begriffs von Einreisenden im Rahmen des gewerblichen Verkehrs hin. Es sei unklar, wer zum gewerblichen Verkehr zähle, und wer nicht.

„Genau das führt zu den Problemen: Kommt spät, ist unklar, keiner kennt sich aus, unterschiedliche Leute interpretieren Unterschiedliches in den Text hinein, und der Kuddelmuddel ist beinand‘.“

Der Verfassungsjurist und Universitätsprofessor Peter Bußjäger twittert über die Verordnung:

Einreise aus 32 „Risikogebieten“

Wer aus einem der 32 definierten „Risikogebiete“ nach Österreich einreisen möchte, muss bei der Einreise einen negativen Test vorweisen. Wer dies nicht nachweisen kann, muss sich in Heimquarantäne begeben und innerhalb von 48 Stunden dafür sorgen, dass ein Test durchgeführt wird. Sobald ein negatives Ergebnis vorliegt, kann die Quarantäne beendet werden.

Wie zackzack berichtete, orientieren sich die ausgesprochenen Landeverbote nicht nach Covid-19-Zahlen, sondern am Verkehrsaufkommen: So sind Länder des Westbalkans betroffen, vom Virus schwerer betroffene Länder wie Frankreich, Spanien oder Israel hingegen nicht. Die definierten „Risikogebiete“ laut neuer Verordnung des Gesundheitsministers sind aber schwer einordenbar:

Ägypten Albanien Bangladesch Belarus
Bosnien und Herzegowina Brasilien Bulgarien Chile
Ecuador Indien Indonesien Iran
Kosovo Mexiko Moldau Montenegro
Nigeria Nordmazedonien Pakistan Peru
Philippinen Portugal Rumänien Russische Föderation
Schweden Senegal Serbien Südafrika
Türkei Ukraine USA Provinz Hubei (China)

Allerdings darf nicht jeder einreisen: für Drittstaatangehörige gelten eigene Regeln.

Negativer PCR-Test und Quarantäne

Als Drittstaatenangehöriger darf man nicht nach Österreich einreisen, außer die Einreise erfolgt aus dem Schengen-Gebiet. Zusätzlich zum negativen PCR-Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf, müssen Drittstaatenangehörige in einem solchen Fall aber auch noch für zehn Tage in Quarantäne. Verfassungsjurist Manfred Matzka kritisiert diese Regelung im Ö1-Mittagsjournal am Montag: Es sei nicht nachvollziehbar, warum Drittstaatenangehörige auch bei negativem PCR-Test noch in Quarantäne bleiben müssen, Österreicher und EU-Staatsbürger aber nicht:

„Dass in einem Fall beim negativen Test die Quarantäne-Pflicht zu Ende ist und im anderen Fall nicht, ist nicht logisch.“

Matzka und Mayer kritisieren die juristische Qualität der Covid-19-Gesetze, Verordnungen und Erlässe generell.

„Die Formulierung von Rechtsvorschriften liegt offenbar nicht in der Hand von ausreichend qualifizierten Juristen“, fasst Heinz Mayer seine Kritik zusammen. Bestimmungen würden mit Ausnahmen beginnen, die Regel käme erst hinterher:

„Wer soll das verstehen?“

Dabei gäbe es genau für die Verständlichkeit und Formulierung solcher Verordnungen Experten, kritisiert Matzka:

„Wir haben im Kanzleramt einen Verfassungsdienst, der genau dazu da ist, die Dinge gut und verständlich zu formulieren. Gibt’s den nicht mehr? Darf der nichts sagen, wird der nicht eingeschaltet? Ich versteh‘ das nicht, da sind ja Profis vorhanden, die werden offenbar nicht genutzt.“

Wir dürfen auf die Korrektur der Verordnung gespannt sein.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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